Cosmetic Dentistry 27.10.2011
Aquaporation – der Nobelpreis für Chemie verändert die Kosmetik
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Als Aquaporine (AQP) werden Proteine bezeichnet, die Kanäle in Zellmembranen und dem Statum corneum der Haut bilden, um den Durchtritt von Wasser und einigen weiteren Molekülen durch hydrophobe Membranen zu erleichtern. Bei der Aquaporation gelingt der Transport von dermato-kosmetischen Substanzen durch die Barriere der Haut mithilfe von radiofrequenten Strömen, wodurch die Elastizität und Feuchtigkeit der Haut erhöht wird. Durch Radiowellen wird die Transportkapazität der Aquaporine durch Konformationsänderungen der Proteine im Aquaporin-Kanal und durch Lockerung der Wasserstoffbrückenbindungen vergrößert.
Aquaporine
Aquaporine (AQP) sind Wasserkanäle, die den Wasserfluss in und aus lebenden Zellen regulieren. Die Tatsache, dass Wasser über Zellmembranen ausgetauscht werden kann, ist lange bekannt. Nach der Entdeckung der Lipiddoppelschicht in Plasmamembranen in den späten 1920er-Jahren ging man von der einfachen Diffusion von Wasser durch die Zellmembran aus. In den 1970er-Jahren wurde u.a. von Arthur Solomon, Robert Macey und Alan Finkelstein aufgrund biophysikalischer Modelle die Existenz von spezifischen Wasserkanälen postuliert.
Erst Anfang der 1990er-Jahre gelang es der Arbeitsgruppe um Peter Agre, den gesuchten Wasserkanal zu identifizieren. Sie nannten dieses Protein dann Aquaporin-1 (AQP1). 2003 erhielt er für seine Forschungen auf dem Gebiet der Aquaporine den Nobelpreis für Chemie. Bis heute sind eine ganze Reihe von Aquaporinen beim Menschen, bei Tieren, Pflanzen und Bakterien identifiziert worden.1, 2, 3
In der Lipidmembran der Haut wurden ebenfalls Aquaporine nachgewiesen. Die Lipidschicht des St. corneums ist in ihrem Inneren wasserabweisend (hydrophob). Daher ist der Transport von Wasser durch die Barriereschicht sehr erschwert. Damit Wasser über die Lipidschicht in tiefe Hautschichten gelangen kann, muss freies Wasser entweder über spezifische Kanäle geleitet oder an hydrophile Substanzen gebunden entlang der Corneodesmosomenbrücken in die Epidermis transportiert werden. Der Wassergehalt der Epidermis wird durch die Substanzen des natürlichen Feuchtigkeitsfaktors (NMF) geregelt. Bei Barriereschäden kommt es zu einem vermehrten Wasserverlust (TEWL), der zu einer trockenen und empfindlichen Haut führt. Geeignete dermatokosmetische Produkte können den Feuchtigkeitsgehalt der Epidermis entscheidend verbessern, wenn sie die Transportmöglichkeiten von Wasser über die Aquaporine nutzen. Die Proteinfamilie der Aquaporine wird in sogenannte einfache Aquaporine und Aquaglyceroporine unterteilt. Einfache AQP sind reine Wasserkanäle, während Aquaglyceroporine zusätzlich kleine organische Moleküle wie Glycerin und Harnstoff leiten. In der Haut scheint Aquaglyceroporin-3 eine besondere Rolle zu spielen. Hara et al. konnten zeigen, dass bei defektem Aquaporin-3 der Wasser- und Glycerintransport in die Epidermis gestört ist. Dadurch ist die Feuchtigkeit und Elastizität der Haut vermindert und Barrierestörungen werden nur verzögert repariert.4
Die Aquaglyceroporine sind sehr wichtige Transportkanäle für Feuchthaltesubstanzen der Haut und sollten daher „Korneoporine“ genannt werden. Aquaporin-3 der Haut transportiert nicht nur Wasser, sondern auch Glycerin und Harnstoff in tiefere Hautschichten. Dadurch kommt es zu einer besseren Durchfeuchtung der Haut mit einer gesteigerten Aufnahmefähigkeit von Glycerin und Wasser aus kosmetischen und dermatologischen Präparaten.
Radiofrequenztherapie und Aquaporation
Die Radiofrequenztherapie nutzt die Diathermie, bei der Wärme im Körper mithilfe von hochfrequentem elektrischen Strom erzeugt wird. Die Radiowellen induzieren im Gewebe Wirbelströme, die zur Wärmeentwicklung führen. Der physikalische Vorgang der Erwärmung beruht auf der Erhöhung der inneren Energie des Gewebes. Die Ursache sind Bewegungsanregungen der im Gewebe vorhandenen Wasserdipole. Durch die Erwärmung der Lipiddoppelschicht des St. corneums wird die Permeation auch von lipophilen Molekülen durch die Hautbarriere verbessert, die zähflüssige Lipidmembran der Haut fluidisiert und Kollagen- und Elastinfasern „geschrumpft“, sodass eine Faltenglättung zu beobachten ist. Durch die milde Wärmeentwicklung und die Stimulation der Fibroblasten in der Dermis werden Kollagen- und Elastinfasern neu gebildet.
Für dermatokosmetische Behandlungen werden mono-, bi- und tripolare Radiofrequenzgeräte verwendet. Laut Hersteller sollen bi- und tripolare Geräte bessere Behandlungsergebnisse ergeben, da die Hitzeentwicklung für den Patienten nicht so belastend sei. Aus physikalischer Sicht muss dieser Darstellung widersprochen werden. Bei bipolaren Ge-räten befinden sich die aktive Elektrode und die Antennenelektrode nebeneinander im Handstück. Zwischen beiden Elektroden breitet sich das Hochfrequenzfeld zwischen der aktiven und der Neutralelektrode in einer horizontalen Ebene aus, das heißt parallel zum St. corneum und verursacht dort Scherkräfte und destabilisierende Wirbelströme. Im Gegensatz dazu befinden sich bei monopolaren Geräten die aktive Elektrode im Handstück und die Neutralelektrode am Körper des Patienten. Die Hochfrequenzfeldlinien breiten sich senkrecht zur Hautoberfläche aus und transportieren elektromagnetische Energie durch die Barriere. Das physikalische Phänomen der Gewebserwärmung durch Radiowellen wird bei etablierten, kosmetischen Verfahren wie Thermage und Radiage angewandt. Dabei müssen Temperaturen oberhalb von 48°C in der tiefen Epidermis und Dermis erreicht werden. Diese Temperaturen werden im Gesicht ohne Anästhesie und Kühlgele nur selten erreicht und die Behandlung wird von den Patienten als unangenehm empfunden.
Aquaporation verbessert die Elastizität und Feuchtigkeit der Haut
Bei der Aquaporation werden geeignete dermatokosmetische Präparate über die Barriere in die Epidermis eingeschleust. Der Transport der Wirkstoffe über die Membran wird mithilfe von hochfrequenten Strömen beschleunigt, Barriereschäden werden behoben und der Feuchtigkeitsgehalt wird verbessert. Zusätzlich werden Falten geglättet. Für die Aquaporation wurden spezielle Präparate entwickelt, die Substanzen des natürlichen Feuchtigkeitsfaktors NMF in einer liposomalen Formulierung und Hyaluronsäure enthalten (KOKO GmbH & Co.KG, Leichlingen). Mit Liposomen werden hydrophile Substanzen durch Lipidmembranen der Epidermis transportiert. Die Liposomenhülle besteht aus einer Phospholipiddoppelschicht, die sich bei Hautkontakt mit der identisch aufgebauten Lipidschicht des St. corneums vereint und den Liposomeninhalt in tiefe Hautschichten transportiert. Bei der Aquaporation werden Wasser, Glycerin, Harnstoff und andere hydrophile Substanzen auf zwei Wegen über die Lipidmembran transportiert:
1. über den liposomalen Weg
2. über Aquaporine.
Durch Erwärmung der Lipiddoppelschicht mit einem speziellen monopolaren Radiofrequenzgerät (radioSURG® 2200, Fa. Meyer-Haake GmbH, Wehrheim) wird die Barriere fluidisiert und damit durchlässiger für lipophile Substanzen. Durch den Radiofrequenz-Wärmereiz wird die Neubildung von Aquaporinen in der Haut angeregt. Mit Radiowellen werden Wirbelströme der Wasserdipole in der Haut induziert, die vorhandenen Wasserstoffbrücken gelockert und so ein Wasserfluss über die Aquaporinkanäle in tiefe Hautschichten aufgebaut. Durch Wärmeentwicklung wird die Anordnung der Proteinstrukturen in den Aquaporinkanälen verändert und so der Kanal erheblich erweitert. Große Mengen an Feuchtigkeit gelangen auf diese Weise in tiefe Hautschichten. Aquaporation steigert so nachhaltig den Feuchtigkeitsgehalt und die Elastizität der Haut.
Im Gegensatz zu bi- und tripolaren Radiofrequenzverfahren werden bei der Aquaporation deutlich niedrigere Temperaturen eingesetzt. Für die Konformationsänderung der Proteinstrukturen und die Erhöhung der inneren Energie des Gewebes werden nur 18–20 Watt eines Radiofrequenzstromes von 2,2MHz benötigt. Mit der Aquaporation und geeigneten dermatokosmetischen Wirkstoffen sind eine Verbesserung der Feuchtigkeit und Elastizität der Haut, eine Reparatur von Barriereschäden und ein Aufhalten der vorzeitigen Hautalterung zu erreichen, die mit herkömmlichen kosmetischen Präparaten und Moiturizern alleine bisher nicht erreicht wurden.
Literatur
[1] Agre P. et al.: Aquaporin water channels – from atomic structure to clinical medicine. J. Physiol. (2002) 542, 3–16.
[2] Agre P. et al.: Aquaporin water channels: molecular mechanisms for human diseases. FEBS Lett (2003) 555, 72–78.
[3] Burghardt, B: Distribution of aquaporin water channels AQP1 und AQP5 in the ductal system of the human pankreas. GUT (2003) 52, 1008–1016.
[4] Hara M. et al.: Glyerol replacement corrects defective skin hydration, elasticity and barrier function in aquaporin-3 deficient mice. Prog Natl Acad Sci USA (2003) 100, 7360–7365.
[5] de Groot, B. et al.: Water Permeation Across Biological Membranes: Mechanism and Dynamics of Aquaporin-1 and GlpF. Science (2001) 294, 2353–2357.