Cosmetic Dentistry 01.08.2012
Funktion und Ästhetik im Einklang
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Bei einer Dysgnathie sind sowohl das skelettale als auch das dentoalveoläre System betroffen. Eine Therapie sollte daher weder ausschließlich kieferchirurgisch noch ausschließlich kieferorthopädisch durchgeführt werden. In aller Regel sind interdisziplinäre Therapiekonzepte notwendig, die beide Fachbereiche miteinander kombinieren. Eckpfeiler des Therapieerfolges sind dabei neben einer guten Diagnose, einem effektiven Behandlungsplan und einem gemeinsam erarbeiteten Behandlungskonzeptes vor allem hohe Erfahrung und Kompetenz beider Fachdisziplinen sowie eine gute und partnerschaftliche Zusammenarbeit. Anhand eines dokumentierten Patientenbeispiels soll in diesem Beitrag gezeigt werden, dass sich im Rahmen eines abgestimmten Behandlungskonzeptes durch die Optimierung der Funktion selbst ein schönes Gesicht noch deutlich positiv verändern lässt.
Das Gesicht – Spiegelbild der Seele
Ein Gesicht ist mehr als nur die Harmonie von Augen, Nase, Mund und Lippen. Als Sammelpunkt fast aller Sinnesorgane ist es „Kommunikationsmittel“ und Projektionsfläche der innersten Gefühle. Ob Freude, Trauer, Wut, Überraschung oder Furcht: Das Gesicht übermittelt Botschaften sogar dann, wenn man sich dessen völlig unbewusst ist – übrigens international verständlich. So stellt es quasi ein Abbild der Seele und der Persönlichkeit dar. Bei der Entstehung von Sympathie und Antipathie hat das Gesicht eine erhebliche Bedeutung, denn wie das Gegenüber eingeschätzt wird, entscheidet sich innerhalb von wenigen Sekunden. Regelmäßige Gesichtszüge entsprechen dabei dem natürlichen Sinn des Menschen für Harmonie und führen daher in der Regel zu einer positiven Einschätzung. Bei allen Versuchen, das Schönheitsempfinden zu erklären, hat Symmetrie von jeher eine große Rolle gespielt und wird häufig mit Harmonie gleichgesetzt.
Harmonie: Der Einfluss der Kieferstellung
Ein herausragender Faktor im Hinblick auf ein „harmonisches“ Erscheinungsbild ist die Kieferstellung, denn sie prägt entscheidend das Gesichtsprofil. Ein unterschiedlich ausgeprägtes Wachstum von Ober- und Unterkiefer und die daraus resultierende Fehlstellung der Kiefer zueinander bewirken eine Störung des Gesichtsprofils, die häufig als sehr schwerwiegend empfunden wird. Vor allem Mittel- und Untergesicht werden im Wesentlichen durch Form und Lage der Kiefer bestimmt. Lippenprofil, Nasenform, Gesichtsform und die Ausprägung des Kinns sind ebenso durch die Kieferstellung beeinflusst wie das Breiten- und Längenverhältnis des Gesichts. Aus medizinischer Sicht sind es aber vor allem funktionelle Probleme, die die Behandlung einer Dysgnathie erforderlich macht. Zu nennen sind hier u.a. erhebliche Schwierigkeiten beim Abbeißen und Kauen, Fehlbelastungen von Zähnen und Kiefergelenken mit muskulären Dysbalancen und Schmerzgeschehen im Bereich von Kopf, Nacken oder Rücken sowie eine falsche Atmung mit erhöhtem Infektionsrisiko der oberen Luftwege. Die Gründe, die Patienten dazu bewegen, eine kieferorthopädisch-kieferchirurgische Kombinationstherapie durchführen zu lassen, liegen allerdings vielfach eher in einer Störung des Gesichtsprofils, die individuell als besonders schwerwiegend, belastend und nicht attraktiv empfunden wird. Den Ausschlag gibt hier also der Wunsch, Aussehen und Gesichtsästhetik zu verbessern. Nicht immer jedoch geht eine Dysgnathie mit deutlichen ästhetischen Einschränkungen einher, wie das Beispiel der Patientin Ina S. zeigt. Die maxilläre Retrognathie (Angle-Klasse III) führte bei der durchaus attraktiven 22-jährigen Patientin zu funktionellen Problemen, vor allem beim Kauen. Infolge der Überbelastung des Kiefergelenks litt Ina S. an häufigen Kopfschmerzen. Die Sorge um das Risiko einer CMD war für die Patientin letztendlich der persön-liche Auslöser für die Therapieentscheidung. Im Rahmen der kieferorthopädischen Vorbehandlung (Dauer 12 Monate) wurde zunächst die Zahnstellung reguliert. Im Anschluss daran erfolgte die chi-rurgische Intervention, bei der eine Oberkiefervorverlagerung vorgenommen wurde (Abb. 1–4).
Aussehen wie man selbst – nur besser
Das Beispiel zeigt in beeindruckender Weise die Möglichkeit der Wandlung von einem schönen zu einem perfekten Gesicht. Hauptziel der kieferorthopädisch-kieferchirurgischen Kombinationstherapie ist dabei die Anlehnung an das natürliche Vorbild, bei dem die Individualität des Patienten optimal gewahrt bleibt. Anspruch ist hier, das Erscheinungsbild nach Möglichkeit so unauffällig zu perfektionieren, dass niemand erkennt, dass überhaupt eine Korrektur stattgefunden hat. Voraussetzung ist in diesem Zusmmenhang die Schaffung einer optimalen Funktion, die oftmals mit einer ästhetischen Verbesserung einhergeht – auch dann, wenn die Ausgangssituation auf den ersten Blick kaum ästhetische Einschränkungen erkennen lässt. Die Falldarstellung Ina S. ist dafür ein beeindruckendes Beispiel (Abb. 5–8).