Endodontologie 03.03.2016

Biologische Amalgamalternative - eine neue Behandlungsstrategie



Biologische Amalgamalternative - eine neue Behandlungsstrategie

Foto: © Kzenon

Patienten, die Wert auf ihre Zähne und ihre Allgemeingesundheit legen, lehnen Amalgamfüllungen heutzutage ab. Immer mehr Patienten wünschen auch, dass ihre alten Amalgamfüllungen entfernt werden, sei es aus ästhetischen oder medizinischen Gründen. Oftmals ist ein abgebrochenes Stück Zahn der akute Anlass, jetzt etwas zu unternehmen. Entfernt ist das Amalgam auch unter Kofferdam schnell. Doch was jetzt?

Bevor man sich diese Frage stellt, müssen sich Zahnarzt und Patient mit den Materialalternativen auseinandersetzen. Zumindest in Deutschland wird es da komplex, da die Amalgamfüllung immer noch die Regelversorgung darstellt, die von der GKV übernommen wird. Für alle möglichen Alternativen wie Komposit mit SÄT, Inlays und Teilkronen, besonders aus Keramik, muss der Patient zuzahlen. In Fällen, wo ein Stück Amalgamfüllung und/oder Zahn abgebrochen ist und sich der Defekt mehrflächig mit Höckerbeteiligung darstellt, gibt es Situationen, in denen der Patient finanziell nicht auf höhere Zuzahlungsbeträge vorbereitet ist. Jetzt wäre aus zahnärztlicher Sicht ein einfach zu verarbeitendes Material hilfreich, das eine Alternative zumindest zur Überbrückung, wenn nicht sogar als Dauerlösung bietet.

Ein anderer Aspekt, der viele Kollegen und zunehmend auch Patienten beschäftigt, sind die diskutierten Nebenwirkungen von Kompositen, die Bisphenol enthalten, bzw. nicht vollständig polymerisierten Monomeren. Ich verweise hierzu exemplarisch für viele auf einen Artikel in der DZW 3/08 von Dr. Willem van den Bosch „Wie toxisch sind Komposit, Glasionomer und Amalgam?“, in dem die Problematik der Materialien sowohl für Patienten als auch Behandler übersichtlich mit Literaturangaben dargestellt wurde. Er kommt in seinem Fazit zu dem Schluss: „Komposite und anverwandte Produkte enthalten Stoffe (Monomere), die potenziell gesundheitsschädigend sein können für Patienten und Behandler. Insbesondere für den Zahnmediziner und seine Praxismitarbeiter ist aufgrund der langanhaltenden und häufigen Exposition gegenüber diesen Stoffen der sichere und sorgfältige Umgang mit ihnen zu beachten. Der unbesehene Austausch von Amalgam durch Komposit einzig aus Gründen der möglich giftigen Wirkung von Amalgam erscheint deshalb nicht mehr vernünftig. Falls das Arbeiten mit komposithaltigen Produkten dennoch unumgänglich ist, ist ein äußerst sicherer und sorgfältiger Umgang mit ihnen angezeigt. Es wäre vielleicht vernünftiger, alternative Produkte zu verwenden, die biokompatibler sind, insbesondere glasartige Materialien wie Glasionomere und Glascarbomere oder Keramik und Gold“ (sic).

Seither bin ich auf der Suche nach einem Material, das biologisch sicher ist. Als weitestgehend sicher gelten seit Jahren Keramik, die aber nicht plastisch zu verarbeiten ist, und Glasionomere, die jedoch nur für sehr kleine Defekte als Langzeitfüllung infrage kommen. Daher sind die seitens Dr. van den Bosch erwähnten Carbomere interessant. Inzwischen sind diese im Internet unter www.gcp-dental.com erhältlich.

 

 

Materialeigenschaften und Anwendung

Hintergrund dieses Materials ist die Weiterentwicklung von Glasionomer um bioaktiven Fluorhydroxyapatit. Dieser Fluorhydroxyalpatit ist bekanntlich in der Lage, durch Ionenaustausch mit der Zahnsubstanz und dem Speichel zu interagieren, es kommt zu Mineraleinlagerung und einem Austausch von Kalzium und Phosphat. So entsteht in der Aushärtungsphase an der Grenzschicht zwischen Carbomer und Dentin und später durch Speicheleinwirkung eine mineralische Füllung hoher Härte und eine Remineralisation des kariös veränderten Dentins. Dieser Prozess verlangt eine gewisse Feuchtigkeit in der Kavität beim Legen der Füllung. Das ist ganz im Gegensatz zu Kompositen ein wesentlicher klinischer Vorteil des Glascarbomers GCP Glass Fill, das zudem extrem gut an natürlichem Zahnmaterial haftet ohne dass dieses irgendwie konditioniert werden müsste. Genauso von Vorteil ist, dass das Material in Bulk in die Kavität eingebracht und ausgehärtet werden kann.

Das Material wird in verschiedenen Farben in Mischkapseln geliefert, für die es auch vom Hersteller einen Mixer und Applikator gibt. Der Mixer entspricht handelsüblichen Geräten, die in den meisten Praxen vorhanden sind. Der Applikator ist kapselspezifisch. Das gleiche gilt für die Polymersiationslampe, da diese in erster Linie nicht die Wellenlänge des emittierten Lichts zur Polymerisation wie für Komposite nutzt, sondern die abgegebene Wärme hierfür notwendig ist. Die GCP-Lampe ist also nicht gekühlt und ermöglicht so schnellere Aushärtungsergebnisse als andere. Dabei muss der Lichtleiter für 30 Sek. in direkten Kontakt mit dem Füllungsmaterial gebracht werden und der Vorgang solange, in der Regel zwei- bis dreimal, wiederholt werden, bis sich die Füllungsoberfläche mit einer spitzen Sonde hart anfühlt und poliert werden kann.

Klinisch ergeben sich mit diesem Füllungsmaterial eine Reihe von Vorteilen, besonders in einem entsprechenden Behandlungskonzept einer „sanften Zahnheilkunde“. So eröffnen wir nicht direkt zugängliche kariöse Prozesse schmerzarm mit dem Pulverstrahlgerät (z. B. Sandman www.sandman-dental.dk ) und Schallinstrumenten (z. B. Sonicflex). Exkaviert wird ebenfalls schmerzarm mit dem selbstdegradierenden PolyBur von Komet. So entsteht eine für Glascarbomer ideale Oberfläche aus feuchtem, remineralisierbarem Dentin. Bei kleinen Defekten ohne Höckerbeteiligung ist dies dann die endgültige Füllung. Bei größeren Defekten ist dies die Aufbaufüllung für eine spätere Versorgung mit Keramikteilkrone, bei uns mit CEREC. Dabei kann die feuchtigkeitstolerante Aufbaufüllung aus Glascarbomer auch subgingivale Randbereiche umfassen, die mittels Matrizenband und Keil sicher adaptiert wurden. Die spätere Teilkronenpräparation lassen wir dann supragingival enden.

Diese Füllungstechnik mit Glascarbomer erlaubt eine schnelle, schmerzarme Versorgung auch bei multiplen kariösen Schäden, wie diese besonders bei Angstpatienten zu finden sind. Anschließend kann eine Phase der Mundhygiene und PZR erfolgen, die der generellen Gesunderhaltung dient und ein auch durch das Material unterstütztes weniger kariogenes Mundmilieu aufzubauen hilft. Das kann auch mehr als 1 Jahr und länger so bleiben, was im Rahmen einer notwendigen Parodontalbehandlung oftmals notwendig ist. In dieser Phase lassen wir den Patienten 3 Monate Xylismile Kaugummi kauen (www.xylismile.de). Nach den ersten 3–6 Monaten haben die meisten Patienten ein viel positiveres Verhältnis zu ihren Zähnen und den zahnärztlichen Behandlern aufgebaut, sodass dann die Restaurationen mit Keramikteilkronen erfolgen kann.

Fazit: Mit GCP Glass Fill sind Seitenzähne in der Kombination von Glascarbomer und Keramik, bevorzugt IPS e.max CAD, heute biologisch sicher zu versorgen. Eine gute Botschaft für immer gesundheitsbewusstere Patienten.

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