Endodontologie 07.09.2017
Experimentieren für die Zukunft der Endodontie
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Hypoxie-basierende Strategien für die Regeneration der Pulpa.
Die Vitalität des Zahnes wird durch die Pulpa über die Blutversorgung und Innervation gewährleistet. Zahntraumata, die gehäuft bei Kindern und Jugendlichen auftreten, können zu einem Sauerstoffmangel in der Pulpa führen. Hypoxie im oralen Gewebe spielt auch bei autologer Zahntransplantation oder bei experimentellen Ansätzen, wie bei Zelltransplantation oder dem Tissue Engineering, eine wichtige Rolle, da auch hier die Zellen transienter Hypoxie ausgesetzt werden. Um diese Ansätze zu optimieren und weiter zu entwickeln, ist deshalb ein klares Verständnis der zellulären Antwort auf die niedrigen Sauerstoffspiegel notwendig.
Auswirkungen des Sauerstoffmangels
Das multidisziplinäre Team unseres Competence Center for Tissue Engineering and Cell-Based Therapies erforscht deshalb die Wirkung von Sauerstoffmangel und Hypoxiemimetika auf die Pulpa. In aktuellen Arbeiten konnten wir zeigen, dass Pulpazellen unter dem Einfluss von Hypoxie die Produktion von proangiogenen Molekülen steigern, welche die Blutgefäßbildung fördern und so möglicherweise die Revaskularisation unterstützen. Hierzu zählen Vascular Endothelial Growth Factor und Angiogenin. Interessanterweise steigern die Zellen auch die Produktion von Angiopoietin-like 4, einem Faktor, welchem eine antiangiogene Wirkung sowie die Förderung der Hartgewebsresorption nachgesagt wird. Weiters zeigen unsere Studien, dass Hypoxie und Hypoxiemimetika auch einen Einfluss auf die peripheren circadianen Uhren haben können, die auch in Zellen von oralem Gewebe wie der Gingiva, dem parodontalen Ligament und der Pulpa exprimiert werden.
Regenerationsförderung
Hypoxiemimetika sind also ein mögliches Werkzeug, um die proangiogene Kapazität der Zellen zu steigern und dadurch die Regeneration zu fördern. Eine weitere Schlüsselrolle in der Regeneration kommt dem Wnt-Signalweg zu, welcher einer feinregulierten Kontrolle durch die Inhibitoren SOST und DKK-1 unterliegt. Aktuell erforscht unser Competence Center in einer Studie die Wirkung von Hypoxie auf SOST und DKK-1. Die European Society of Endodontology unterstützt dieses Projekt mit dem Research Award. Die Klärung der Rolle von SOST und DKK-1 ist von klinischer Relevanz, da Medikamente in der Entwicklung sind, welche die Wirkung von SOST und DKK-1 modulieren. Derzeit ist der Einfluss dieser Ansätze auf die Pulpa unklar.
Mikrogewebe
Tissue Engineering zeigte sich in experimentellen präklinischen Studien als ein mögliches „Tool“ zur Regeneration der Pulpa. Zumeist werden in diesen Studien Zellen auf einer Matrix aus Trägermaterial verwendet. Der Erfolg dieser Strategien verlangt die Umwandlung und den Abbau des Trägermaterials im Zuge der Heilung. Neu sind trägermaterialfreie Strategien, die auf der Transplantation von kugelförmigen Mikrogeweben aus Pulpazellen, sogenannte Sphäroide, basieren. Wir konnten in einer aktuellen Studie, welche im renommierten International Endodontic Journal publiziert wurde, zeigen, dass die Konditionierung von Pulpazellen mit Hypoxie bzw. Hypoxiemimetika die Produktion von proangiogenen Faktoren steigern kann, ohne dabei die Bildung der Mikrogewebe zu verhindern. Zukünftige Untersuchungen werden zeigen, ob dieser Ansatz von „Zelltraining“ die Effizienz der Zelltransplantation für die Pulparegeneration steigern kann. Ein weiteres Zukunftswerkzeug für die regenerative Endodontie ist der 3-D-Druck. Die Partnerschaft in einem nationalen Forschungsnetzwerk zu den Themen Additive Manufacturing und 3-D-Druck (M3dRES), welches durch die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) unterstützt wird, eröffnet unserem Competence Center ein innovatives Methodenspektrum, um neue Ansätze für die regenerative Endodontie zu entwickeln. Ziel wird sein, Patienten und Zahnärzte mit Innovationen die Zukunft der regenerativen Endodontie zu ermöglichen.
Weiterführende Literatur
Müller AS, Janjić K, Lilaj B, Edelmayer M, Agis H. Hypoxia-based strategies for regenerative dentistry – Views from the different dental fields. Archives of Oral Biology. 2017 DOI: 10.1016/j.archoralbio.2017.04.029.
Janjić K, Lilaj B, Moritz A, Agis H. Formation of spheroids by dental pulp cells in the presence of hypoxia and hypoxia mimetic agents. Int Endod J. 2017 DOI: 10.1111/iej.12806.
Janjić K, Edelmayer M, Moritz A, Agis H. L-mimosine and hypoxia can increase angiogenin production in dental pulp-derived cells. BMC Oral Health. 2017 DOI: 10.1186/s12903-017-0373-6.
Janjić K, Kurzmann C, Moritz A, Agis H. Expression of circadian core clock genes in fibroblasts of human gingiva and periodontal ligament is modulated by L-Mimosine and hypoxia in monolayer and spheroid cultures. Arch Oral Biol. 2017 DOI: 10.1016/j.archoralbio.2017.03.007.
Janjić K, Cvikl B, Moritz A, Agis H. Dental pulp regeneration. International Journal of Stomatology & Occlusion Medicine. 2016 DOI: 10.1007/s12548-015-0139-1.
Müller HD, Cvikl B, Janjić K, Nürnberger S, Moritz A, Gruber R, Agis H. Effects of Prolyl Hydroxylase Inhibitor L-mimosine on Dental Pulp in the Presence of Advanced Glycation End Products. J Endod. 2015 DOI: 10.1016/j.joen.2015.08.002.
Der Artikel ist in der Dental Tribune German Edition Nr. 6/2017 erschienen.