Endodontologie 09.09.2016
Hygienemanagement – Aufbereitung von Endodontie-Instrumenten
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Die korrekte Aufbereitung von Medizinprodukten stellt die gesamte zahnärztliche Praxis vor große Herausforderungen. Um diese regelkonform durchzuführen, müssen alle Mitarbeiter einer Praxis über ausreichende Sachkenntnis verfügen. Denn die Aufbereitung fängt nicht erst im Aufbereitungsraum an.
Die endodontische Behandlung stellt einen invasiven Eingriff dar und soll verhindern, dass sich diese Infektion auf den gesamten Organismus ausbreiten kann. Somit ist hier bei der Vorbereitung, Behandlung und schlussendlich bei der Aufbereitung der verwendeten Instrumente dafür Sorge zu tragen, dass von den verwendeten Instrumenten kein Infektionsrisiko ausgehen kann. Im Infektionsschutzgesetz (IfSG) heißt es im §1: „(1) Zweck des Gesetzes ist es, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern.“Bei endodontischen Behandlungen muss nun sichergestellt werden, dass alle dafür verwendeten Instrumente, sprich Medizinprodukte, regelkonform und ohne Gefahr einer Infektion sowohl für den Patienten als auch für die Praxismitarbeiter ihre Anwendung finden.
Welche Medizinprodukte kommen nun in der endodontischen Behandlung beispielhaft zur Anwendung und wie müssen diese aufbereitet werden? In der Regel werden folgende Medizinprodukte verwendet:
- zahnärztliches Grundbesteck (Spiegel, Sonde, Pinzette)
- Wurzelkanalinstrumente für manuelle Anwendung
- Lentulos
- Handstücke für Schall-/ Ultraschallgeräte
- Aufsätze für Schall-/ Ultraschallgeräte
- Messinstrumente zur Wurzelkanalvermessung
- Hand-/Winkelstücke
- Handstücke für maschinelle Aufbereitung
- Spülsysteme
- Einmalartikel (maschinelle Aufbereitungsinstrumente, Watterollen etc.)
Risikobewertung
Nun ist es erforderlich, für alle verwendeten Medizinprodukte die entsprechende Risikobewertung und Einteilung durchzuführen. Dazu heißt es in der KRINKO/BfArM 2016 unter Artikel 1.1: „Für die sachgerechte und angemessene Durchführung der Aufbereitung ist eine entsprechende Risikobewertung und Einstufung der aufzubereitenden Medizinprodukte durchzuführen und zu dokumentieren (QM; s. 1.2.1) [26].“ Weiter heißt es in der KRINKO/BfArM 2016 unter Artikel 1.2.1: „Für die korrekte Einstufung der Medizinprodukte, die Festlegung der Art und die Durchführung der Aufbereitung ist der Betreiber verantwortlich. Die Angaben des Herstellers sind zu berücksichtigen (MPG, MPBetreibV; s. auch DIN EN ISO 17664). Es ist zweckmäßig, bei der Einstufung und Festlegung der Art der Aufbereitung im Hinblick auf die erforderliche Sachkenntnis den für die Hygiene sowie den für die Aufbereitung unmittelbar Zuständigen einzubeziehen (QM).“ Es ist also nicht nur erforderlich, für die verwendeten Medizinprodukte eine Einstufung durchzuführen. Für alle verwendeten Medizinprodukte müssen auch die Herstellerangaben berücksichtigt werden.
Definition der Risikogruppen
Grundsätzlich lassen sich drei Risikogruppen für Medizinprodukte unterscheiden. Zu den unkritischen Medizinprodukten zählen alle Produkte, welche lediglich mit intakter Haut in Berührung kommen. Als semikritisch werden Medizinprodukte bezeichnet, welche mit der Schleimhaut oder krankhaft veränderter Haut in Berührung kommen. Kritisch eingestuft werden Medizinprodukte zur Anwendung von Blut, Blutprodukten oder anderen sterilen Arzneimitteln bzw. Medizinprodukten sowie Medizinprodukte, die bestimmungsgemäß die Haut oder Schleimhaut durchdringen und dabei in Kontakt mit Blut bzw. an inneren Geweben oder Organen zur Anwendung kommen, einschließlich Wunden.
Unterschieden wird in der Einteilung bei semikritisch und kritisch noch in Gruppe A (ohne besondere Anforderung an die Aufbereitung) und Gruppe B (mit erhöhter Anforderung an die Aufbereitung). Dies kann begründet sein durch technische und konstruktive Eigenschaften des Medizinproduktes wie Hohlräume, Gelenke, Riffen etc.Ist man sich bei der Bewertung und Einteilung des Medizinproduktes in die entsprechende Gruppe unsicher, empfiehlt die KRINKO/BfArM 2016 die nächsthöhere Gruppe zu wählen (Artikel 1.2.1). Ist nun die Einteilung erfolgt, ergibt sich daraus die Art der Aufbereitung der Medizinprodukte. Diese muss immer unter Berücksichtigung der Herstellerangaben erfolgen.
Bei der Einteilung in semikritisch und kritisch muss genau überprüft werden, wie dieses Medizinprodukt angewandt wird. In der Definition für semikritisch einzustufende Medizinprodukte heißt es: Medizinprodukte, die mit Schleimhaut oder krankhaft veränderter Haut in Berührung kommen. In der Regel werden Instrumente für die endodontische Behandlung kritisch eingestuft, da diese bestimmungsgemäß Gewebe durchdringen (Tab. 1).
Aufbereitung der
Medizinprodukte
Die Herstellerangaben gerade im Hinblick auf die Häufigkeit der Wiederaufbereitung und die entsprechenden Kennzeichnungssysteme sind zu beachten. In der Regel werden Wurzelkanalinstrumente bis einschließlich Größe 15 als Einmalprodukte betrachtet.
- Transport in den Aufbereitungsraum:
· kontaminationssicherer Transport in geschlossenen Behältern - Vorreinigung:
· manuell (Achtung Verletzungsrisiko)
· im Ultraschallbad
· alle verwendeten Wurzelkanalinstrumente, Stopper entfernen
· keine proteinfixierenden Reiniger verwenden
· Nachspülen mit klarem Wasser - maschinelle Reinigung und Desinfektion im RDG/
ggf. Kombinationsgerät:
· Wurzelkanalinstrumente in entsprechende Washtrays einbringen
· Hand- und Winkelstücke auf entsprechende Adapter aufsetzen
· ggf. Spezialadapter für Endohandstücke/Spülansätze verwenden - Funktionskontrolle:
· unter Zuhilfenahme von Vergrößerungshilfen die optische Kontrolle auf Sauberkeit und Unversehrtheit durchführen
· beschädigte/verbogene Wurzelkanalinstrumente entsorgen - Wartung:
· neue Stopper aufbringen
· Zykluskennzeichnung durchführen je Herstellersystem - Verpackung:
· ggf. die Wurzelkanalinstrumente in entsprechende Endoboxen einbringen (einige Hersteller halten auch Kombinationen Washtray/ Endobox) vor
· Verpackung in Klarsichtfolien ggf. Sterilgutcontainer - Sterilisation:
· Verwendung des entsprechenden validierten Programms für verpackte Medizinprodukte der Gruppe B
· Helix-Test-System einbringen - Freigabe, Kennzeichnung und Dokumentation:
· Kontrolle des Aufbereitungsprozesses und des Sterilgutes
· dokumentierte Freigabe papiergeführt oder im EDV-System
· Kennzeichnung des Sterilgutes (Aufbereitungsdatum, Haltbarkeitsdatum, Namenskürzel des Mitarbeiters, Chargennummer, Anzahl der Aufbereitungen) - Lagerung des Sterilgutes:
· in geschützten, kontaminationssicheren Schränken, Schubladen
Für alle Aufbereitungsprozesse (Tab. 2) sind immer die Herstellerangaben zu beachten. Alle Prozesse müssen in praxisindividuellen Standardarbeitsanweisungen festgehalten werden. Werden manuelle Verfahren angewandt, kann es erforderlich sein, zusätzlich in regelmäßigen Intervallen Restproteinbestimmungen durchführen zu lassen. Daher ist maschinellen validierten Verfahren der Vorzug zu geben. Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine Praxismitarbeiterin über umfassende Hygienesachkenntnisse verfügen sollte, um einen optimalen Beitrag zur Gesundheit des Patienten und für sich leisten zu können.