Implantologie 23.09.2011
Minimalinvasives Vorgehen unter Einsatz eines zweiteiligen Implantatsystems
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Exponentiell steigend verliefen die Verkaufszahlen der letzten Jahre zugunsten der einteiligen Champions-Implantate mit den dazugehörigen, zementierbaren Prep Caps. Mit über 50.000 inserierten Implantaten alleine in einem Jahr sicherte sich die deutsche Implantatfirma einen der vorderen Top-Ten-Plätze. Die Einführung der zweiteiligen Champions im März 2011 verläuft im Hinblick auf den nationalen und internationalen Markt ebenso gut an: Keine Investititionskosten für Systemumsteiger, Kommissionslieferung und die Qualität der Produkte sprechen u.a. für ein schlüssiges, praktisches Konzept.
Die Champions-Familie ist durch die Erweiterung der zweiteiligen (R)Evolutions nun für alle nur denkbaren Indikationen einsetzbar, ob ohne oder mit Augmentationen. Der 9,5° Innenkonus mit seinem patentiert-integriertem „Hexadapter“ führt zu einer bakteriendichten, sicheren und dauerhaften Verbindung inklusive einem Rotationsschutz (Abb. 1 bis 3). Es war sowohl für Mitbewerber als auch für die bisherigen ca. 2.000 in Deutschland mit Champions® arbeitenden Praxen und Kliniken ein wenig überraschend, als ich Anfang dieses Jahres bekannt gab, ein zweiteiliges Implantatsystem auf der IDS zu präsentieren, schließlich galt ich bisher in Fachkreisen als „Gegner“ der Implantat-Zweiteiligkeit! Doch als ich mit den Führungsköpfen und Ingenieuren meiner Produktionsfirma in der Nähe von Mannheim in langwieriger Entwicklungszeit an dem Thema arbeitete, so erkannte ich schnell, warum die nun durch uns eingeführten Innovationen bisher nicht von anderen Firmen umgesetzt wurden: Es sind keine praktizierenden Zahnärzte, die die Entwicklungsarbeit generell leisten können, da diese so sehr in ihrer alltäglichen Arbeit eingebunden sind. Meine Argumente gegen die allgemeine Zweiteiligkeit eines Implantats (zu hohe Preise, große Probleme im „Handling“ mit oft mangelhafter Präzision allgemein, viele unnötige Sitzungen in Lokalanästhesie auch für die Patienten) konnten nun allesamt optimiert gelöst werden.
Der Werkstoff der Schraube wurde bei kaltverformtem Titan Grad 4 belassen. Die Durchmesser 3.5, 4.5 und 5.5 in den Längen 6.5, 8, 10, 12, 14 und 16mm sind nahezu Standard eines modernen Systems. Unsere seit Jahren bestehende Erkenntnis der MIMI-Philosophie: „Immer mit 3,5mm Durchmesser Implantaten implantieren, wenn damit die 40Ncm Primärstabilität erreicht wird, auch wenn horizontal Platz für ein 4,5 oder 5,5mm Durchmesser wäre!“ wird von vielen Meinungsbildnern inzwischen übernommen, denn dadurch ist die periimplantäre Ernährung verbessert. Daher wird im D3-/D4-Knochen nur ein einziger Dreikantbohrer (gelb) benötigt. Einzig in D1-Knochen werden einzelne konische (Dreikant)-Bohrer zusätzlich verwendet: gelb, schwarz, weiß, blau (ganz selten: braun).
Die minimalinvasive Methodik der Implantation (MIMI®) ist auch auf das hier verwendete (R)Evolution-System anwendbar. Eine standardmäßige, iatrogene Periostlösung/Verletzung gilt als ein Hauptgrund für eine spätere Periimplantitis, kann es doch postoperativ zu „Mangelernährungen“ rund um das Implantat kommen. Die gefürchteten röntgenologisch-diagnostizierbaren „Krater“ sind oft die Folge derartiger Knochen-Mangelernährungen. Für die Patienten bedeutet MIMI® sehr oft „Unglaubliches“: Keine Schwellung, keine Schmerzen, oftmals keine Antibiose, Arbeitsfähigkeit bereits einen Tag post OP!
Die Implantation (Abb. 4 bis 6)
Am Patienten fanden wir eine Einzelzahnlücke 14 nach Wurzelfraktur eines Endo-Zahnes vor. Die Osteotomie konnte beim Hauszahnarzt vier Monate vor der Implantation nicht minimalinvasiv erfolgen, sodass es leider mesial der Krone zu einer Gingivaretraktion gekommen ist, die den Patienten jedoch nicht störte. Das Champion 15 ist bereits, zusammen mit Zahn 16 und 17, seit 2001 erfolgreich inseriert worden, damals wurde das einteilige Implantat in Sofortbelastung innerhalb von nur 14 Tagen post OP versorgt. Der Patient kam wieder zurück in unsere Praxis, da ihm das konventionelle Verfahren als „übertherapiert“ erschien. Nach örtlicher Betäubung mit UDS forte bereiteten wir in einem D3- Knochen mit gelben Bohrer (250 Umdrehungen pro Minute) und dem Condenser 2,4mm Durchmesser langsam auf. Zwischen den Bohrer- und Condenser-Arbeitsschritten kommt jeweils obligatorisch die „KKK“ (Knochen-Kavitäten-Kontrolle) mit einer metallischen PA-Sonde zum Einsatz. Anschließend die primärstabile Insertion des (R)Evolutions von mindestens 40Ncm. Interessant ist, dass wir durch den „Shuttle“ bis zu 70Ncm das Implantat einbringen könnten, ohne dass es zu einer Verformung oder Verletzung des Implantatkörpers kommt. Die weitere Vorgehensweise wird durch den Zahnarzt und den individuellen Fällen entschieden:
– Den Shuttle abnehmen und die chirurgische Verschlussschraube aufschrauben, und zwar dann, wenn man nur eine Schleimhautdicke von 1mm vorfindet oder lieber generell „gedeckt“ das Implantat aus der POS (Primären Osseointegrations-Stabilitätsphase) in die SOS (Sekundäre Osseointegrations-Stabilitätsphase) „einheilen“ lassen wollte, z.B. bei horizontalen wie vertikalen Augmentationen (klassische Methodik der Implantation). Völlig „lastfreie Einheilung“ ist also bei diesen Implantaten ebenfalls möglich.
oder
– Den Shuttle mit einem der sechs Gingiva-Clix „bestücken“. Dabei wird der Clix einfach auf den Shuttle aufgeklickt. Hierbei muss darauf geachtet werden, dass beide Rillen umfasst werden, was durch ein hörbares „Klicken“ kontrolliert werden kann. Der Vorteil: Ein echtes „Gingiva-Forming“. Die Abformung muss i.d.R. nicht mit örtlicher Betäubung erfolgen, auf ein Freilegen des Implantat-Shuttles kann im Normalfall verzichtet werden. Bedingt durch die hervorragende Biokompatibilität des WIN! Materials (ähnlich wie Zirkon) empfinden es die Patienten als sehr angenehm, nichts „Graues“ oder „Metallisches“ zu sehen.
Man inseriert das Implantat mit dem ab Werk mit nur 10Ncm befestigten Shuttle, der bis zum Einsetzen der Suprakonstruktion bakteriendicht im Implantat verbleibt und auf diese Weise das Implantat-Innengewinde maximal schont. Durch die konischen Dreikantbohrer und das Champions-Design kann in vielen Fällen auf das Periost-schonende MIMI®-Verfahren zurückgegriffen werden. Auf dem Röntgenkontrollbild ist das (R)Evolution-Implantat 14 im D3-Knochen zu sehen, es konnte jedoch mit einer Primärstabilität von weit über 40Ncm inseriert werden. Der Shuttle weist eine Höhe von 3mm auf, ist supragingival idealerweise ca. 0,5 bis maximal 1mm aus der Schleimhaut heraus zu sehen (Abb. 7 bis 9). Wichtig: Da laterale Scherkräfte und Mikrobewegungen auf das Implantat in den ersten acht Wochen post OP vermieden werden müssen, darf der Shuttle (auch inklusive dem Gingiva-Clix) nicht allzu hoch aus der Schleimhaut herausragen. Daher ist die chirurgische Verschlussschraube und mit sechs unterschiedlichen Gingiva-Clix auch in verschiedenen Höhen verfügbar.
Entsprechend der Höhe und Dicke der Gingiva oder dem Durchmesser, welches die spätere Krone optimalerweise benötigt, wird nun der Gingiva-Clix ausgewählt. Nach dessen Auswahl fixiert man ihn fest und dicht mit einem einfachen „Klick“ auf den Titan-Gingiva-Shuttle. In diesem Patientenbeispiel kam der „1-1“ sogenannte „Standard-Gingiva-Clix“ zum Einsatz. „1-1“ heißt 0,5mm hoch und den Shuttle um zirkulär 1mm verbreiternd. Anschließend konnten wir den Patienten ohne Antibiose aus der Praxis entlassen. Er hatte prophylaktisch nur eine Ibuprofen 600mg direkt vor dem MIMI®-Eingriff eingenommen. Da der Patient bereits vier Monate nach der Osteotomie in dieser Region zahnlos war, verzichtete ich in Absprache mit ihm auf die Anfertigung eines Provisoriums.
2. Sitzung
Nach acht Wochen erschien der Patient, der in der Zwischenzeit völlig beschwerdefrei war, zur zweiten Sitzung in der Praxis: Die gingivalen Verhältnisse und das Gingiva-„Forming“ mithilfe des Gingiva-Clix waren hervorragend. Bekanntermaßen sollte man den Gingiva-Clix oder den Implantat-Shuttle zur supragingivalen Abformung nicht abnehmen bzw. abschrauben. Eine Bakterien-Kontamination des Implantat-Innengewindes mit dem Außenmilieu ist somit in den ersten Wochen in diesen Fällen ausgeschlossen. Der Patient muss auch nicht zuvor für eine „Implantatfreilegung“ in einer separaten Sitzung einbestellt und ein weiteres Mal unter örtlicher Betäubung behandelt werden. Man nimmt jetzt z.B. einen Condenser 2,4mm, dreht ca. 0,5 bis 1mm (etwa drei Viertelumdrehungen) in das sogenannte Perforations-Fenster des Gingiva-Clix ein und hebt durch eine kleine Verkantung des Condensers das Fenster des Clix ab. Dieser Vorgang dauert nur wenige Sekunden. Nun kann man durch den Gingiva-Clix den Shuttle sehen (Abb. 10 bis 12). Mit einer kleinen drehenden Bewegung wird der WIN!-Abformpfosten in den Shuttle geführt, bis dieser gesichert einrastet. Man formt geschlossen ab, was einen organisatorischen und zeitlichen Vorteil im Praxisalltag bedeutet. Der Abdruckpfosten verbleibt in der Abformung. Es ist unbedingt darauf zu achten, dass immer ein neuer Abformpfosten benutzt wird, da gerade dieser Arbeitsvorgang mit absoluter Präzision durchgeführt werden muss. Nach der Abformung wird die Perforation des Fensters mit einem lichthärtenden, jedoch weichbleibenden Kunststoff verschlossen (Abb. 13 und 14).
3. Sitzung
Zum letzten Patiententermin, wenige Tage nach der Abformung, wurde der „Fermit Deckel“ mit einer Sonde angepiekst und abgehebelt. Wiederum liegt der Shuttle nun „unter Sicht“. Nun löst man zunächst einmal den Gingiva-Clix vom Shuttle, dann schraubt man erstmals die Halteschraube des Shuttles vom Implantatkörper ab. Bis dahin ist der Implantatkörper quasi bakterienfrei (kein Geruch!) und die Innengewinde des Implantats maximal geschont, sodass eine Abutmentlockerung später durch ein „Ausleiern“ der Halteschraube durch verschiedene Arbeitsvorgänge bei vielen anderen Systemen weitaus unwahrscheinlicher sein wird (Abb. 15 bis 17). Vor dem Einsetzen der Krone wurde der Zugang wieder mit Fermit oder Cavit verschlossen. Danach erfolgte die Zementierung der Krone mit Harvard Zement. Es herrschten sehr schöne gingivale Verhältnisse vor. Die Okklusalverhältnisse der Krone wurden mit Shim-Stock überprüft. Der Shuttle wurde erstmalig vom eigentlichen Implantat gelöst, das vom Labor gelieferte Abutment mit der Halteschraube mit 30/40 Ncm fixiert (Abb. 18 bis 20). Die Abbildungen 21 und 22 zeigen die mit Harvard Zement oder Implant Link forte befestigte Krone.
Zusammenfassung
Das MIMI-Konzept, welches moderne Erkenntnisse der Knochenphysiologie aufnimmt, die Innenverbindung
in Form eines 9,5 Grad Konus mit rotationssicherndem „Hexadapter“, auch für den Patienten bezahlbare Materialpreise, die Bedürfnisse unseres Praxisalltags und unserer Patienten wurden allesamt in das Champions (R)Evolution System verwirklicht. Das vereinfachte und zugleich sichere chirurgische und prothetische „Handling“ sowie ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis macht einem Anwender einfach nur Freude und Spaß bei der Arbeit und Ihre begeisterten Patienten zu wahren „Fans“ Ihrer Praxis.