Implantologie 10.04.2014
Implantologie und Kieferorthopädie
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Implantologisch tätige Zahnärztinnen und Zahnärzte müssen eng mit allen Fachgruppen der Zahnmedizin zusammenarbeiten, an erster Stelle stehen dabei die Prothetik inklusive der Zahntechnik und die Parodontologie sowie die computergestützte Zahnheilkunde. Aber auch die konservierende Zahnheilkunde mit der Endodontie und die Kieferorthopädie dürfen nicht vernachlässigt werden. Dieser Anwenderbericht beschreibt anhand mehrerer Fallbeispiele die Zusammenarbeit zwischen einer chirurgisch/implantologisch/prothetisch arbeitenden Praxis mit einer Fachpraxis für Kieferorthopädie.
Die zahnärztliche Chirurgie und die Kieferorthopädie haben seit langer Zeit einige Berührungspunkte. Dazu gehören das chirurgische Freilegen von Zähnen, die Extraktion von Milch- und früher auch bleibenden Zähnen, die operative Entfernung von überzähligen Zähnen und Weisheitszähnen sowie das Setzen von Miniimplantaten zur Verankerung. In diesen Fällen hilft die Chirurgie der Kieferorthopädie; die Zusammenarbeit ist notwendig, um das kieferorthopädische Ziel zu erreichen. In einigen Fällen ist es hingegen unerlässlich, dass kieferorthopädische Maßnahmen vorgenommen werden, um das Setzen von Implantaten zu ermöglichen. Die Fallbeispiele zeigen dies.
Fallbeispiel 1
Bei einer 40-jährigen Patientin sollte auf ihren Wunsch hin die Marylandbrücke im Frontzahnbereich links durch ein Implantat ersetzt werden. Die alio loco vor vielen Jahren gefertigte Brücke löste sich immer wieder und durch die zusätzlichen Klebeschichten, die aufgebracht wurden, ohne die alten Kunststoffreste zu entfernen, war es zu einer Verlagerung der Zähne nach labial gekommen (Abb. 1 und 2). Das angefertigte OPG zeigte dann die Problematik der konvergierenden Wurzeln der Zähne 21 und 23 (Abb. 3). Selbst mit einem schmalen Implantat war hier keine enossale Implantation möglich. Daher wurde die Patientin zur Beratung an den Kieferorthopäden überwiesen. Nach Entfernung der Adhäsivbrücke wurden hier die Zähne entsprechend bewegt, um eine korrekte Stellung in labial-palatinaler Richtung zu erreichen und die Wurzeln gerade zu stellen (Abb. 4). Nach relativ kurzer Behandlungszeit zeigte das neue OPG dann die korrekte Wurzelstellung (Abb. 5), sodass die Implantation erfolgen konnte (Abb. 6–8). Es wurde ein durchmesserreduziertes zweiteiliges Implantat eingesetzt (BioHorizons Laser-Lok 3.0, Länge 12 mm). Das Implantat verfügt über eine Lasertexturierung am Implantathals, um ein direktes Anwachsen des periimplantären Weichgewebes zu ermöglichen. Bei komplikationslosem Heilungsverlauf wurde nach der Einheilphase eine VMK-Krone auf einem individualisierten Titan-Abutment eingegliedert (Abb. 9). Der zunächst nicht befriedigende Verlauf der Gingiva sowie die fehlende Papille wurden nicht chirurgisch korrigiert, da sich bei korrekter Gestaltung des Kontaktpunktes zum Nachbarzahn und anatomisch sauber gearbeiteter Krone die Papille vorhersagbar neu bildet. Nach vier Wochen war das Gewebe weiter ausgereift (Abb. 10) und nach drei Monaten ohne weitere Maßnahmen perfekt geheilt (Abb. 11). Die Abschlusskontrolle in der kieferorthopädischen Praxis zeigte ein schönes Ergebnis. Zusätzlich sorgt die Laser-Lok-Texturierung am Implantathals dafür, dass sich das Hart- und Weichgewebe mit dem Implantat verbinden kann und verbessert so die Langzeitstabilität der periimplantären Gewebe. Die veröffentlichten Studien von Nevins (Nevins, Nevins et al. 2008) und Pecora (Pecora, Ceccarelli et al. 2009) zeigen die Vorteile dieser Oberflächengestaltung am Implantathals. Es findet eine definierte, vorhersagbare Anlagerung von Weich- und Hartgewebe statt.
Fallbeispiel 2
Die 28-jährige Patientin kam mit dem Wunsch nach festsitzendem Zahnersatz im Unterkiefer sowie zur Korrektur der Fehlstellungen (Abb. 14). Die Analyse zeigte stark gekippte Unterkiefer-Prämolaren und -Molaren sowie Engstände in der Front OK und UK (Abb. 15). Die kieferorthopädische Therapie erfolgte mit Keramikbrackets im Unterkiefer sowie mit Lingualtechnik im Oberkiefer (Abb. 16 und 17). Die Zwischenkontrolle (Abb. 18) zeigte ein gutes Ansprechen auf die Therapie, sodass die Implantatinsertion geplant wurde (Abb. 19). Nach Implantation (Abb. 20), Einheilphase und Freilegung (Abb. 21) wurde die prothetische Versorgung (Abb. 22–25) eingegliedert. Es wurden drei BioHorizons Tapered Internal-Implantate mit Durchmesser 4,6 mm eingesetzt. Die gute Weichgewebsanlagerung ist deutlich zu erkennen. Da der Zahn 11 nach Wurzelbehandlung alio loco sehr dunkel wirkte, entschied sich die Patientin zur Versorgung mit einer Vollkeramikkrone (Abb. 26–28). Die Abschlusskontrolle beim Kieferorthopäden (Abb. 29) verlief zur Zufriedenheit aller Beteiligten.
Schlussfolgerung
Sollte der Wunsch nach einer Implantatversorgung an die Behandlerin oder den Behandler herangetragen werden, ist es die Pflicht, die umgebenden Strukturen sorgfältig zu diagnostizieren (Zähne, Weichgewebe, Knochen) und bei Unklarheiten und Problemen die anderen Fachgebiete der Zahnmedizin zu beteiligen. So kann die Planung des Falles im Spezialistennetzwerk erfolgen und die Patientin bzw. der Patient optimal versorgt werden. Dabei kann die Kieferorthopädie eine wichtige Rolle spielen.