Implantologie 06.12.2022

Implantatprothetik: Sofortimplantation digital umgesetzt



Implantatprothetik: Sofortimplantation digital umgesetzt

Foto: © Dr. Inga Boehncke M.Sc.

Originaltitel: „Sofortimplantation digital umgesetzt“

Die zunehmende Verbreitung von IOS und eine vielversprechende Entwicklung eines digitalen Workflows, von der digitalen Abformung bis hin zur Abutment-, und Gerüstherstellung, eröffnet neue komfortable Möglichkeiten für Patienten und Behandler besonders in der Implantatprothetik.1, 2

Ein 46-jähriger Patient stellte sich mit dem Wunsch nach implantologischer Versorgung des frakturierten Zahns 15 vor (Abb. 1 und 2). Dem Patienten wurde ein Sofortimplantat nach Zahnextraktion empfohlen. Die Verdickung der bukkalen Lamelle sollte hier mit Eigenknochenspänen sowie einem xenogenen Knochenersatzmaterial (Mineross XP, BioHorizons® Camlog) erfolgen. Die intraorale digitale Übertragung der Implantatposition mit einem Scanbody (3Shape) ermöglichte die direkte Herstellung von Abutment und Kronenversorgung laborseitig im CAD/CAM-Verfahren.

Klinisches Vorgehen

Es erfolgte ein diagnostisches Röntgenbild sowie ein digitaler Scan von Oberkiefer und Unterkiefer und der Bisssituation (Primescan, Dentsply Sirona; Abb. 3 und 4). Es wurde ein Implantat 3,8 x 13 mm (Camlog SCREW-LINE, BioHorizons® Camlog) Regio 15 nach schonender Zahnextraktion inseriert (Abb. 5–7). Nach Zahnextraktion erfolgte ein erneuter Scan der vorhandenen Extraktionsalveole im Sinne einer „Biokopie“. Die Implantatposition wurde mithilfe eines Scanbodys (3Shape) übertragen (Primescan, Dentsply Sirona; Abb. 8 und 9).

Die Scans prä und post extractionem wurden mit dem Scanbodyscan digital gematcht (Abb. 10). Die Schulter des Implantats wurde ca. 3 mm unter der bukkalen Knochenlamelle platziert (Abb. 7). Der Verschluss erfolgte mit einem Gingivaformer PS, wide body (BioHorizons® Camlog) in 4 mm Höhe, der mit einer Verschlussnaht und Membran überdeckt wurde (Abb. 11). Dieses Verfahren hat sich bewährt, um nach der Einheilzeit lediglich den konfektionierten Gingivaformer gegen das individuelle Abutment auszutauschen. Da sich in der Zeit ein stabiles und dickes Weichgewebe gebildet hat, ist oft lediglich eine minimale Aufweitung für das individuelle Abutment nötig. In vielen Fällen kann hierauf verzichtet werden und der Gingivaformer wird ohne Aufweitung gegen das Abutment ausgetauscht. Der Kieferknochen wurde mit Eigenknochenspänen, die mittels Safescraper3 gewonnen wurden, und einem Knochenersatzmaterial (MinerOss XP, BioHorizons® Camlog) aufgebaut sowie mit einer Membran (Memlock RCM®, BioHorizons® Camlog) zum Schutz vor einwachsendem Weichgewebe bedeckt (Abb. 12–15).4, 5

Es erfolgte eine One-shot-Antibiose 2 g präoperativ mit Amoxicillin. Zusätzlich fand präoperativ eine Keimreduktion der Mundhöhle mit einer 0,2-prozentigen Chlorhexidinspülung, alkoholfrei, für 3 x 30 Sekunden statt. Der Wundverschluss erfolgte mit Nahtmaterial der Stärke 5/0 (ETHICON, Johnson & Johnson Medical) für eine geschlossene Einheilung. Abschließend wurde eine postoperative Röntgenkontrollaufnahme angefertigt. Die Nahtentfernung erfolgte 14 Tage postoperativ.

Freilegung

Die Freilegung erfolgte zwölf Wochen nach Implantatinsertion. Hier wurde nun dank des inserierten wide body-Gingivaformers, der zu einer guten Gewebeheilung sowie -stützung führte, und der intraoperativ direkten digitalen Übertragung der Implantatposition das individuelle Abutment samt Kronenversorgung inseriert. Für den Patienten fielen daher lediglich zwei Termine an. Die Kronenversorgung wurde semipermanent zementiert (Harvard Implant Cem; Abb. 16 und 17).

Fazit

Die Bedeutung der digitalen Implantatprothetik und somit der Komfort für den Patienten im Hinblick auf Abdruckfreiheit und einer minimalinvasiven Vorgehensweise sowie einer deutlichen Einsparung von Behandlungsterminen nimmt stetig zu.6 Die Digitalisierung führt zu einer Vereinfachung und Zeitersparnis in der gesamten Prozesskette und somit zu einer erhöhten Effizienz sowohl auf Behandler- als auch auf Patientenseite.

Die zunehmende Verbreitung der IOS in den Praxen führt zu einer steigenden Anzahl an digitalen Abformungen mit allen Möglichkeiten von Sofortversorgungskonzepten und maximaler Zeitersparnis, sowohl klinisch als auch laborseitig. Bei der Präzision steht die digitale Abformung der konventionellen Abformtechnik in nichts nach, wenn es um kleine Spannen oder Einzelzahnrestaurationen geht. Bei größeren Scan-Spannen bis hin zu ganzen Kiefern stellen besonders die interimplantären Abstände, das Design der verwendeten Scanbodys, die Scanpfade, der Anteil an beweglicher Schleimhaut und die Erfahrung des Anwenders entscheidende Parameter dar, um die gewünschte Präzision zu erhalten.7 Besonders bei implantatgestützten Suprakonstruktionen sollte hier mit Kompensationsmöglichkeiten wie beispielsweise direkter intraoraler Verklebung gearbeitet werden, um eine Passive-fitPassung zu erzielen.

Das Literaturverzeichnis zum Beitrag steht hier zur Verfügung.

Dieser Beitrag ist in dem Implantologie Journal erschienen.

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