Kieferorthopädie 31.01.2023
Aligner Attachments: Effizient hergestellt
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Seit nunmehr bereits über 20 Jahren besteht die Möglichkeit, Zähne mithilfe industriell hergestellter serieller Aligner zu bewegen. Mittlerweile ist eine Vielzahl von Produkten verfügbar, die sich dieser Technik bedienen. Die Alignertherapie ist in den meisten Praxen angekommen und hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten große Fortschritte gemacht. Anstelle von Abdrücken werden Scans als Grundlage für die Planung und Herstellung verwendet und die klinische Prognostizierbarkeit der virtuell geplanten Zahnbewegungen ist hervorragend.
Einleitung
Trotz aller Digitaltechnik erfordert das Erreichen einer exakten Simulation eine präzise fachärztliche Planung der Einzelbewegungen und eine realistische Vorstellung über deren zeitlichen und metrischen Ablauf. Nicht zuletzt werden die durch die Aligner induzierten Zahnbewegungen von Buttons und Attachments unterstützt, durch deren Planung und klinische Umsetzung sich auch komplexe Bewegungen realisieren lassen.
Zahnbewegung mit Alignern und Attachments
Die Kraftübertragung erfolgt bei Alignern – im Gegensatz zu Bracketapparaturen, bei denen die Kraft über das Bracket-Bogen-System appliziert wird – über das Alignermaterial und die Anlagefläche am Zahn. Der Indikationsbereich von Alignern umfasst nahezu alle Bewegungen, die auch mit Bracketsystemen durchgeführt werden können, wie beispielsweise Intrusion, Extrusion, Derotation oder Translation. Grenzen bei der Zahnbewegung liegen in der Regel in der Zahnmorphologie an sich oder in der Einbeziehbarkeit der klinisch vorhandenen Krone in den Aligner bedingt. Bei zu kurzen klinischen Zahnkronen, Mikrodontie, teilretinierten oder verlagerten Zähnen oder bei hypoplastischen Zähnen ist die Kraftübertragung eingeschränkt. Besonders in diesen Fällen, aber auch zur Steuerung der Kräftemomente allgemein, werden selektiv zusätzliche Attachments (z. B. linguale/bukkale bzw. labiale Kompositaufbauten oder Knöpfchen) platziert. Fallbedingt kann auch der Einsatz einer partiellen Bracketapparatur oder TAD-Verankerung in Kombination mit den Alignern indiziert sein. Attachments können die Alignerretention erhöhen sowie Kraftrichtung oder Drehmoment beeinflussen, sodass Bewegungen zielgerichteter, schneller und prognostizierbarer ablaufen. Sie sind sowohl an den Bukkalflächen als auch lingual/palatinal platzierbar. Bei Invisalign beispielsweise stehen je nach Bewegung und Umfang verschiedene standardisierte oder optimierte Attachments zur Verfügung. Optimierte Attachments sind in der Regel kleiner und werden im Gegensatz zu den standardisierten Attachments von der Software entsprechend der geplanten Bewegung errechnet.
Der folgende Artikel soll die praktische Handhabung und Vorteile von GC Aligner Connect als Material zur Herstellung von Attachments aufzeigen.
Das Attachment-Komposit
GC Aligner Connect wurde von der Firma GC entwickelt und 2021 neu eingeführt. Bereits der Name beschreibt die Hauptindikation des Produktes. Es wurde speziell für den Einsatz in der Kombination mit Alignern konzipiert, ist fließfähig, lichthärtend und fluoreszierend. Fokus und Stärke des Produkts sind die deutliche Vereinfachung klinischer Abläufe bei der Aligner-Attachmentherstellung sowie die hohe Abrasionsstabilität. Es ist farblich neutral bis transparent gehalten, sodass es über einen farbadaptiven Effekt in einem weiten Spektrum mit der Zahnfarbe harmoniert. Die vorhandene Universalfarbe erfordert somit keine Farbauswahl. Bei der Verwendung gewöhnlicher Flow-Komposite zur Attachmentherstellung entstehen Schwachstellen durch überdurchschnittlich hohe Schrumpfung während der Polymerisation. Die Folge können Diskrepanzen in der Form oder im Randschluss sein, was klinisch zu Verfärbungen oder Defekten über die Nutzungszeit führen kann. Um die Form und folglich auch die Funktion kleiner Attachments präzise umzusetzen und einen sicheren Verbund zur Schmelzoberfläche zu haben, ist der Polymerisationsschrumpf und die Schrumpfspannung auf den geringstmöglichen Betrag eingestellt. GC Aligner Connect verfügt über eine niedrige Viskosität und ein hervorragendes Anfließverhalten an geätztem Schmelz. In Konsistenz und Handhabung erinnert Aligner Connect dennoch eher an ein Flow-Komposit als an ein Universal-Komposit. Es fließt präzise in die Attachmentformen des Templates und benetzt die Oberflächen. Trotz seiner niedrigen Viskosität bleibt es an der Applikationsstelle und beginnt erst unter Manipulation, z. B. mit der Sonde, zu fließen. Unmittelbar nach Beendigung der Manipulation kehrt GC Aligner Connect in seine Ausgangsviskosität zurück, ohne Fäden an der Applikationskanüle zu ziehen oder beim Übertragen des Templates aus der Form zu fließen. Durch die dünn auslaufende Applikationskanülen-Spitze lässt sich Aligner Connect punktgenau applizieren, sodass auch kleinste, optimierte Attachments blasenfrei gefüllt werden können. In der Regel überschreiten Attachments nicht die Dicke von 2 mm. Bei GC Aligner Connect wird hingegen eine vollständige Durchhärtung des Materials durch das Template hindurch von bis zu 4 mm innerhalb eines Polymerisationszyklus erreicht.
GC Aligner Connect ist mit einer Mischung aus feingemahlenem Ba-Al-F-Glas sowie SiO2 gefüllt. Trotz der niedrigen Viskosität ist der Füllstoffanteil mit über 60 Gewichtsprozent vergleichsweise hoch, sodass eine optimale Abrasionsstabilität resultiert.
GC Aligner Connect basiert zudem auf aromatischen Methacrylatmonomeren mit TEGDMA als Matrix. Es ist somit mit anderen Methacrylat-basierten Adhäsiv-Kompositsystemen kombinierbar, sodass alle in der Praxis gängigen Primer-/ Bondingsysteme weiterverwendet werden können. Das Adhäsiv wird nach dem Konditionieren – bzw. in Kombination bei Self-Etch-Produkten – als Basisschicht auf die Schmelzoberfläche appliziert, um einen sicheren mikroretentiven Verbund zu erzeugen.
Der Untergrund
Durch die Kompatibilität des GC Aligner Connect mit allen in der Praxis gängigen Methacrylat-basierten Primer-/Bondingsystemen bieten sich hierbei speziell die Produkte G-Premio Bond und G2 Bond Universal aus dem GC Portfolio an.
G-Premio Bond ist ein Universaladhäsiv, welches seinen Schwerpunkt in der Adhäsiv- und Füllungstechnik hat und wahlweise in selektiver Schmelz-Ätz-, Etch & Rinse- oder Self-Etch-Technik angewendet werden kann. Über die Zahnhartsubstanz hinaus haftet es auf unterschiedlichen Dentalwerkstoffen wie Kompositen, Zirkonoxid, Aluminiumoxid und Metallen. In Kombination mit einem Keramikprimer (z.B. G-Multi Primer) entsteht eine stabile Adhäsion an allen Arten von Keramiken. G-Premio Bond ist sowohl hinsichtlich seines Indikationsspektrums als auch seiner Handhabung optimal auf ein breites Anwendungsspektrum abgestimmt.
G2 Bond Universal ist ein selbstkonditionierendes 2-Schritt-Adhäsiv, welches seinen Schwerpunkt ebenfalls in der allgemeinen Zahnheilkunde findet. Es besteht aus einem hydrophilen Primer (1-Primer), der Schmelz und Dentin konditioniert, und einem hydrophoben Bonding (2-Bond), welches die Verbindung zum Komposit herstellt. Ein Mischen der Komponenten vor der Anwendung ist nicht notwendig. Die konditionierende Wirkung des Primers wird – wie bei G-Premio Bond – durch die funktionellen Monomere 4-MET, MDP und MDTP erzeugt. Sowohl G-Premio Bond als auch G2 Bond Universal sind HEMA-frei. 2-Bond verfügt über Mikro-Füllkörper, die der Adhäsivschicht Stabilität verleihen. Der Vorteil von G2 Bond Universal für die Kieferorthopädie liegt im 2-Flaschen-System. Da die unbeschliffene Schmelzoberfläche in der Regel mit Phosphorsäuregel konditioniert wird, kann auf den lösungsmittelhaltigen, konditionierenden 1-Primer verzichtet und nach dem Ätzen direkt das lösungsmittelfreie, hydrophobe 2-Bond appliziert werden. Hierbei kann die Bondingschicht – identisch zu anderen bekannten kieferorthopädischen Adhäsiven – zwar durch Verblasen ausgedünnt werden, eine Lösungsmittelevaporisation ist aber nicht erforderlich. Die Polymerisation kann separat oder gemeinsam mit dem Komposit erfolgen.
Patientenfall
Im vorliegenden Fall stellte sich ein 12-jähriger Patient mit leichter Klasse II-Okklusion beidseits bei Tiefbisskonfiguration vor (Abb. 1). Eine zu Beginn vorhandene transversale Enge im Oberkiefer mit lateralem Zwangsbiss, Kreuzbiss und mandibulärer Mittellinienverschiebung wurde bereits durch Gaumennahterweiterung behoben. Vor dem Scan für die Aligner-Planung wurde die Oberkieferbreite nach dem Entfernen der Gaumennahterweiterungsapparatur für einige Monate mit einer Platte zwischenstabilisiert. Die klinische und röntgenologische Untersuchung zum Zeitpunkt des Scans zeigten gesunde Verhältnisse der Zahnhartsubstanz sowie des Zahnhalteapparats. Die Mundhygiene war sehr gut, sodass sich keine Kontraindikationen für eine kieferorthopädische Behandlung ergaben. Für den Patienten kam eine festsitzende kieferorthopädische Behandlung mit Multibracketapparatur nicht infrage, zumal andere Familienmitglieder bereits mit Alignern behandelt wurden. Die allgemeine Behandlungsplanung sowie die ClinCheck-Planung zeigten, dass, ausgehend von der jetzigen Situation, hauptsächlich rotierende und translatorische Zahnbewegungen umzusetzen sind, die sich mit 32 Invisalign Alignern realisieren lassen.
Für die Aligner-Behandlung wurde ein Scan von Oberkiefer, Unterkiefer und Okklusion erstellt (iTero Elements Scanner) und in eine computergestützte Behandlungssimulation (ClinCheck Pro, Align Technology) umgesetzt. Die ClinCheck Pro-Behandlungssimulation wurde anschließend vom Behandler online entsprechend den erforderlichen Zahnbewegungen kontrolliert, adaptiert und freigegeben. Geplant wurden vor allem seitliche Attachments in Ober- und Unterkiefer mit diversen Funktionen zur Verankerung, Extrusion, Aufrichtung und Rotation (Abb. 2a und b). Zum Eingliedern von Attachments und Alignern wurde mit dem Patienten ein 60-minütiger Termin vereinbart. Am Einsetztermin werden zunächst alle Zähne gereinigt und poliert, bevor die Attachments gemäß ClinCheck-Protokoll (Abb. 2a und b) gesetzt werden. Der Patient erhält zudem eine ausführliche Aufklärung über Tragezeit und Handhabung der Aligner. Sind Schmelzreduktion oder zusätzliche Elemente wie Gummizüge vorgesehen, werden diese ebenfalls an diesem Tag durchgeführt bzw. erklärt. In der Regel werden beim ersten Termin Aligner für maximal acht Wochen mitgegeben. Meistens wird mit einem Wechselrhythmus zwischen zehn und 14 Tagen begonnen.
Vor der Schmelzkonditionierung und dem Kleben der Attachments werden das erste Alignerpaar und die Templates einprobiert und auf Passung kontrolliert. Anschließend werden die gereinigten Zahnoberflächen (Abb. 3) lokal im Bereich der zu befestigenden Attachments unter relativer Trockenlegung und Kontaminationskontrolle mit 37%-igem Phosphorsäuregel für 30 Sekunden konditioniert (Abb. 4). Nach der Einwirkzeit wird das Phosphorsäuregel für ca. 30 Sekunden gründlich abgespült und die Schmelzoberfläche getrocknet; das Ätzrelief erscheint jetzt kreidig-weiß (Abb. 5a und b). Je nach Anzahl, Lage und Größe der zu klebenden Attachments ist ein quadrantenweises Vorgehen sinnvoll. Aligner Connect wird – wie die meisten Bracket- und Attachmentkomposite – in Kombination mit einem Bonding verarbeitet, das in dünner Schicht auf die konditionierte, getrocknete Schmelzoberfläche appliziert wird (Abb. 6). Im beschriebenen Fall wurde G2 Bond Universal von GC verwendet. Vor dem Einbringen der Templateschiene kann die G2 Bond Universal Adhäsivschicht optional polymerisiert werden (Abb. 7). Dies wird hier bevorzugt, da so ein Verdünnungseffekt für das Komposit sicher vermieden wird.
Alternativ kann auch das Universaladhäsiv G-Premio Bond im selbstkonditionierenden Modus ohne vorherige Schmelzätzung oder mit vorheriger Schmelzkonditionierung durch Phosphorsäuregel verwendet werden. Hierbei ist das jeweilige Handlingprotokoll zu beachten. Während das Bonding polymerisiert wurde, applizierte eine Mitarbeiterin GC Aligner Connect aus der Spritze in die entsprechenden Attachment-Vertiefungen des Templates. Die dünne Applikationsspitze lässt dabei punkt- und mengengenaues Einbringen zu, ohne Fäden zu ziehen. Aligner Connect erreicht durch seine niedrige Viskosität auch feinste Strukturen der Optimized Attachments (Abb. 8a und b). Nach Applikation bleibt das unpolymerisierte Aligner Connect ohne Verfließen in den Vertiefungen, sodass alle Attachments eines Kiefers oder Quadranten zunächst befüllt werden können, bevor das Template auf den Zahnbogen aufgesetzt wird (Abb. 9a und b). Das mit GC Aligner Connect gefüllte Attachmenttemplate kann bei Bedarf während der Polymerisation mit Instrumenten fixiert werden. Beim Aufbringen des Templates auf den Zahnbogen ist auf einen spaltfreien, korrekten Sitz zu achten. Die Polymerisation erfolgt mit einem leistungsfähigen LED-Polymerisationsgerät für 20 Sekunden je Attachment durch die Templatefolie hindurch (Abb. 10a und b). Aufgrund der günstigen Polymerisationskinetik von GC Aligner Connect kann die Templatefolie nach einem Polymerisationszyklus bereits abgenommen werden (Abb. 11a und b). Um eine größtmögliche Umsatzrate zu gewährleisten, werden alle bereits polymerisierten Attachments ohne Template nochmals für je 20 Sekunden nachpolymerisiert. Durch die exakte Dosierung von Aligner Connect sind kaum Überschüsse vorhanden. Feine GC Aligner Connect Fahnen an den Attachmenträndern können leicht mit einem Finierer entfernt werden. GC Aligner Connect gibt die vorgegebenen Formen der Attachments detailgetreu wieder, die Farbe passt sich durch den Mimikry-Effekt der umgebenden Zahnfarbe an (Abb. 12).
Abbildung 13a und b zeigen das erste Alignerpaar direkt nach dem Einsetzen.
Kommt es während der Behandlung zur akzidentiellen Beschädigung eines Attachments, müssen Attachments aufgrund zusätzlicher Aligner (Refinement) ausgetauscht werden oder soll eine Entfernung aller Attachments nach Abschluss der aktiven Behandlung erfolgen, hat sich bei GC Aligner Connect folgendes Vorgehen bewährt: Zunächst wird das Attachment mit einem Hartmetallfinierer (hier Hartmetallfinierer, Fa. Komet) unter Luftkühlung und Absaugung schonend bis zum Erreichen der Schmelzoberfläche entfernt. Hilfreich hierbei ist die floureszierende Eigenschaft des GC Aligner Connect. Mit dem Detection-Mode der GC D-Light Pro oder einer handelsüblichen UV-Lampe schimmern Materialrückstände lila und sind somit leicht von der Schmelzoberfläche zu unterscheiden. Das ist ein großer Vorteil des Produktes zur rückstandslosen Entfernung. Feine verbliebene Kompositreste werden anschließend mit einem Gummipolierer (hier Kompositpolierer, Fa. Komet) niedertourig entfernt. Im selben Arbeitsschritt wird die Schmelzoberfläche auf Hochglanz poliert. Optional kann die gesamte Schmelzoberfläche in einem weiteren Schritt mit Gummikelch und Polierpaste poliert werden.
Fazit
In unserer Praxis wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Komposite mit unterschiedlicher Handhabung und in unterschiedlichen Viskositätsstufen zur Herstellung von Aligner-Attachments verwendet. Die meisten Produkte zeigen sowohl Vor- als auch Nachteile. Seit mehreren Monaten verwenden wir das neue GC Aligner Connect, vor allem, da es eine hohe Abrasionsfestigkeit bei relativ niedriger Viskosität bietet und sich somit langzeitstabil während der Behandlungsphasen zeigt. Zudem ist für uns entscheidend, dass das Material mit allen üblichen Haftvermittlern/Primern kompatibel ist. Während der Behandlung sorgt die Mimikry-Eigenschaft für eine hervorragende ästhetische Adaptation an den Zahn. Die Entfernung der Attachments kann ebenfalls mit dem gewohnten Instrumentarium erfolgen und wird durch den Fluoreszenzeffekt erleichtert. Alles in allem ist GC Aligner Connect für uns das optimale Produkt zur Aligner-Attachmentherstellung in unserer Praxis.
Dieser Beitrag ist in der KN Kieferorthopädie Nachrichten erschienen.