Laserzahnmedizin 18.07.2011

Diodenlaserunterstützte ­Kombinationstherapie eines Hämangioms



Diodenlaserunterstützte ­Kombinationstherapie eines Hämangioms

Minimalinvasive Alternative zur chirurgischen Therapie einer Lippenmalformation

Im allgemeinen Sprachgebrauch werden Hämangiome auch als „Blutschwämmchen“ bezeichnet, als Oberbegriff für viele verschiedene Gefäßanomalien gebraucht. Für die Behandlung der Hämangiome ist – gerade im zahnärztlichen Bereich – eine klare Differenzierung zwischen kongenitalen vaskulären Tumoren und vaskulären Malformationen geboten.

Kongenitale vaskuläre Hämangiome sind im zahnärztlichen Fachbereich eher selten angesiedelt. Sie treten im Säuglings- und Kleinkindalter auf und weisen einen typischen dreiphasigen Verlauf auf. In der Anfangsphase imponiert oftmals ein massives Wachstum („Proliferationsphase“). Nach einer Phase des Stillstandes kommt es dann zur obligaten Rückbildung (Regressionsphase). Der typische dreiphasige klinische Verlauf ermöglicht in der Regel eine eindeutige Abgrenzung zur Malformation, welche im Gegensatz zu den kongenitalen Hämangiomen im zahnärztlichen Bereich oft anzutreffen sind. Hier ist vor allem das Gebiet der Lippe betroffen.


Therapiewege

Für die Therapie der vaskulären Malformation der Lippen werden verschiedene Therapieverfahren angegeben:

1. Die operative Therapie
Aufgrund intraoperativer Komplikationsraten (Blutung)
– heute die Ausnahme – wird die operative Therapie nur in Spezialzentren durchgeführt, vor allem dann, wenn ein schnell wachsendes Hämatom zu funktionellen Störungen zu führen droht und nichtoperative Therapien nicht Erfolg versprechend zu sein scheinen.

 

2. Ein modifiziertes chirurgisches Verfahren nach Prof. Deppe
Punktieren des Hämangioms – Absaugen des Blutes – Einpressen von Polyäther-Abformmaterial – Aushärten des Materials – chirurgische Entfernung des mit Abformmaterial gefüllten Hämangioms bei deutlich verringerter intraoperativer Blutung.

3. Kryotherapie
Allgemein bei Hämangiomen bis 5 Millimeter Dicke erfolgreich, bei geringen Nebenwirkungen; Anwendung an der Lippe jedoch aufgrund der Gefahr von Narbenbildung sehr kontrovers diskutiert.

4. Laserunterstützte Verfahren
Hier kommen vor allem Nd:YAG- und Diodenlaser zur Anwendung, vereinzelt werden auch die Einsätze von Gelblicht- und Argon-Laser in der Literatur beschrieben.

Die bei anderen Hämangiomen oftmals angewandte medikamentöse Therapie (Kortikosteroide, vereinzelt auch Zytostatika) ist hingegen bei Hämangiomen der Lippe nicht relevant. Der vorliegende Beitrag möchte über ein Kombinationsverfahren bestehend aus präoperativer Kühlung und intraoperativer Diodenlaseranwendung bei gleichzeitiger Kühlung mittels eines Eisblockes, in der die Faser geführt wird, berichten.

Zielsetzung – Idee

Diodenlaser stellen die stärkste Fraktion von Dentallasern in deutschen Zahnarztpraxen und weltweit dar. Diese werden vor allem zur Bekämpfung des Biofilmes sehr erfolgreich in der Periimplantitistherapie, der marginalen Parodontitis und der Endodontologie eingesetzt. Diodenlaserlicht der Wellenlänge von 810nm absorbiert hervorragend auf dunkle Oberflächen, somit auch auf Blut. Eine Anwendung bei Hämangiomen im Sinne einer – im Idealfalle – kontrollierten thermischen Koagulation ist somit denkbar. Bei anderen Laserwellenlängen, die seit Jahren zur Therapie von Hämangiomen eingesetzt werden (Nd:YAG-/CO2-/Argon-/Gelblichtlaser), wird oftmals über Gewebenekrotisierungen und postoperative Beschwerden nach Laseranwendung berichtet. Diese Folgen sind bei Gewebe im ästhetisch relevanten Bereich, zu denen die Lippe zweifellos gehört, unerwünscht und werden von Patienten kritisch hinterfragt.

Zentrale Idee der vorliegenden diodenlaserunterstützten Therapie von Hämangiomen der Lippe ist es, die gute Absorption von Diodenlaserlicht der Wellenlänge von 810nm mit einer gleichzeitigen Kühlung mittels eines Eisblockes zu kombinieren, um die beschriebenen Nebenwirkungen möglichst gering zu halten bzw. im Idealfalle zu verhindern.

Anfertigung des Eis-Faserhalter-Kombiblockes

Die Anfertigung des Eisblockes sollte in einer idealen Größe und Form erfolgen. Unseren Erfahrungen zufolge lässt sich dies recht einfach mit dem unteren (abgeschnittenen) Teil eines  Behältnisses eines probiotischen Joghurtgetränkes erzielen. Um die Faser durch diesen Eisblock führen zu können, muss ein Einwegfaserhalter (Durchmesser der einzusetzenden Faser muss passen!) mittels eines Zahnstochers und Gummiringen so platziert werden, dass dieser mittig mit Kontakt des Faserhalters am Boden des Behältnisses zu liegen kommt. Dann erfolgen das Auffüllen mit Wasser und das Gefrieren des Kombiblockes im Eisschrank. Für die präoperative „Ankühlungsphase“, welche ca. zehn Minuten vor der Laseranwendung er­folgen sollte, empfiehlt sich die Anfertigung eines zweiten (ggf. dritten) Eisblockes ohne Faserhalter. Die bauchige Form des Blockes schmiegt sich in idealer Weise der Lippenkonfiguration an.

Klinische Anwendung

Vorgängig der laserunterstützten chirurgischen Anwendung werden rund um das Hämangiom kleine Lokalanästhesie-Depots (ca. 8x0,1ml) gesetzt. Bei kleineren Hämangiomen kann diese Zahl geringfügig nach unten korrigiert werden, bei sehr großen Hämangiomen der Lippe sollte dieses Verfahren nicht zur Anwendung kommen. Direkt nach der Lokalanästhesie erfolgt eine zehnminütige Kühlung des Gebietes (möglichst hämangiomflächendeckend) mit dem faserlosen Eisblock.

Dieser wird gewechselt, der Eisblock mit dem integrierten Faserhalter möglichst bündig auf das Hämangiom aufgesetzt und die Laserfaser durchgeschoben. Es folgt die Laserlichtapplikation. Die Faser durchdringt die Lippenoberfläche und wird bis maximal 5mm in das Hämangiom unter Laserlichtapplikation eingeführt. Im Idealfall ist die Endposition der Faser die „Mitte“ der Ausdehung des Hämangioms. Nach zehnsekündiger Laserlichtapplikation wird die Faser herausgezogen und der Eisblock etwas verrutscht. Es erfolgt das gleiche Prozedere an einer noch nicht bearbeiteten Stelle des Hämangioms.

Als für diese Anwendung geeignet herausgestellt haben sich Fasern mit 400µm Durchmesser, diese stellen einen guten Kompromiss zwischen zu erzielender Flächenwirkung und möglichst geringem Gewebetrauma dar. Die Behandlung ist dann beendet, wenn das Hä­mangiom möglichst in seiner gesamten Maximalausdehnung berücksichtigt wurde. Während der Behandlung ist der Patient mit saugfähigen Tüchern dicht abgedeckt, da das schmelzende Eisblockwasser seinen Weg von der Lippe nach ventral sucht. Um eine ständige optimale Abdeckung des Hä­mangioms zu gewährleisten, ist die Verfügbarkeit eines zweiten Eisblockes mit Faserhalter als Reserve empfehlenswert.

Lasereinstelldaten

Zur Anwendung bei der laserunterstützten Kombinationstherapie eines Lippenhämangioms kommt ein Diodenlaser mit Hochpuls bzw. Digitalpulstechnik (Fa. elexxion, Radolfzell) zum Einsatz, der Laserlicht der Wellenlänge 810nm emittiert. Die Pulsleistung beträgt 30 Watt, bei einer Frequenz von 20.000Hz und einer Pulsdauer von 16µs.

Fazit

Die vorgestellte Kombinationstherapie, bestehend aus simultaner Kühlung bei Laserlichtapplikation im Rahmen der Therapie eines Hämangioms der Lippe, stellt eine hochwertige Alternative zu den bereits etablierten Verfahren dar. Es ist in der Anwendung recht einfach und zeichnet sich durch geringe postoperative Beschwerden (geringe Schmerzen/Schwellung, sehr geringe Narbenbildung) aus. Fällt die Wahl des Therapieverfahrens für ein Hämangiom der Lippe auf eine  laserunterstützte Therapie, so zeigt diese diodenlaserunterstützte Anwendung gegenüber anderen Wellenlängen Vorteile bei mittleren und kleinen Hämangiomen. Die weite Verbreitung von Diodenlasern in zahnärztlichen, oral- und kieferchirurgischen Praxen unterstützt die Verfügbarkeit dieser therapeutischen Anwendung. Deren Limitation ist bei  ausgedehnten, großen Hämangiomen zu finden.

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