Parodontologie 10.09.2025
Gamechanger bei der Behandlung vulnerabler Patientengruppen
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Bei vulnerablen Patienten steigt das Risiko für Karies, Parodontitis und Mundschleimhauterkrankungen erheblich (Abb. 1).1 Die gesetzlichen Rahmenbedingungen wie die BEMA bieten seit Jahren spezielle budgetierungsfreie Präventionsleistungen2 an, die bei Pflegegradzugehörigkeit oder Eingliederungshilfe in Anspruch genommen werden können. Dazu zählen die Erhebung eines Mundgesundheitsstatus und Mundgesundheitsplans (Abb. 2) und die im Anschluss erfolgende Mundgesundheitsaufklärung. Die Richtlinien der PAR ermöglichen zudem ein vereinfachtes parodontaltherapeutisches, budgetierungsfreies Vorgehen,3 um die Versorgung vulnerabler Gruppen bedarfsgerecht zu gestalten.
Gezielte Vorbereitung und Kommunikation
Eine ausführliche und gezielte Anamnese bildet die Grundlage für die Einschätzung der individuellen Situation. Die Erhebung eines Assessments (Abb. 3) kann helfen, den Zustand objektiv zu erfassen und die Behandlung entsprechend anzupassen.4
Eine sorgfältige, empathische und stressfreie Herangehensweise erleichtert den Umgang. Bereits bei der Terminplanung sollte ausreichend Zeit eingeplant werden, um eine ruhige Untersuchung zu gewährleisten. Der Weg ins Behandlungszimmer, die Lagerung sowie die Verständigung mit den Patienten und Pflegenden (Abb. 4) benötigen oft mehr Zeit und Geduld. Besonders bei geistigen Einschränkungen ist es wichtig, die Behandlung ruhig und stressfrei5 durchzuführen, um abwehrendes Verhalten zu vermeiden. Wartezeiten sollten vermieden werden, um Frustration zu minimieren.
Ein häufig unterschätzter Aspekt ist die Kommunikation. Scham, Berührungsängste oder mangelnde Unterstützung durch Angehörige können die Mitarbeit erschweren. Fachpersonal sollte daher behutsam den Ist-Zustand erläutern und die Bedeutung der Prävention sowie die Durchführbarkeit der Maßnahmen betonen. Dabei ist eine sehr einfache, aber klare Sprache zu wählen, um Missverständnisse auszuschließen.
Individuelle Maßnahmen und Unterstützung
Nur individuell angepasste Empfehlungen wie die Verwendung einer ergonomischen Griffvergrößerung6 bis hin zu elektrischen Zahnbürsten7 oder einer Mehrkopfbürste (Abb. 5) führen zu einer Verbesserung. Ziel ist es, die Selbstständigkeit8 der Patienten zu fördern und die Mundhygiene so einfach wie möglich zu gestalten.
Die Durchführung von Leistungen der verkürzten PA-Therapie müssen stets, wie der Gemeinsame Bundesausschuss9 formuliert: „Das Abstimmen aller Maßnahmen nach den Richtlinien auf die Lebensumstände und die kognitiven und motorischen Fähigkeiten des oder der Versicherten sowie deren Fähigkeit zur Mitwirkung“, abgestimmt sein. Um eine gute Behandlungssituation und ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen, ist es notwendig umzudenken; beispielsweise kann die Behandlung ausschließlich ohne Sauger oder maschinelle Hilfsmittel durchgeführt werden, um den Patienten bestmöglich zu schützen (Abb. 6). Unter Umständen ist vor der eigentlichen Behandlung eine Botulinumtoxintherapie durchzuführen, um die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Behandlung zu schaffen. Auch die Durchführung dieser Leistungen im häuslichen Umfeld oder in einer Pflegeeinrichtung ist hierbei ausdrücklich vorgesehen.