Zahntechnik 12.09.2021

Abnehmbare Prothetik: Neue ästhetische Konzepte für Kunden von morgen

Abnehmbare Prothetik: Neue ästhetische Konzepte für Kunden von morgen

Foto: Damiano Frigerio

Mit steigender Lebenserwartung sind Menschen zwischen 50 und 70 die neuen jungen Älteren, also Menschen mit einem aktiven Leben, die in der Zukunft Chancen sehen. Darüber hinaus wissen wir, dass soziale Kontakte und Zusammenleben die Qualität der eigenen Zahnpflege verbessert. Unter diesen Bedingungen ändert sich auch die Einstellung zum eigenen Körper und dem Erscheinungsbild. Dabei sieht man, wie sich die Menschen allmählich verändern und ihr Aussehen immer mehr verjüngen (Abb. 1a). Zahnrekonstruktionen müssen diese neuen Gegebenheiten berücksichtigen, ohne in einen stereotypen Hollywood-Stil zu verfallen, bei dem das natürliche durch ein falsches, künstliches Aussehen ersetzt wird.

Die Suche nach einem Gleichgewicht zwischen Ästhetik für junge Ältere und natürlichem Aussehen beginnt bereits bei der Verwendung der dafür geeigneten Materialien und Produkte. Einen Prothesenzahn mit diesem Konzept und Stil zu entwerfen war der Ausgangspunkt für die Entwicklung des PhysioSelect® TCR. Wenn die gute Funktionsfähigkeit einer Prothese sich in der Lebensqualität niederschlägt, trägt die Kaustabilität von Vollprothesen ganz offensichtlich zur Lebensqualität der Patienten bei.

Bio-Emulations-Konzept

Bei der kontinuierlichen Suche nach Produkten zur Rekonstruktion von ganz oder teilweise verlorenen Zähnen oder bei festsitzenden oder abnehmbaren Implantatrekonstruktionen stellt die Entwicklung vorgefertigter Zähne den Industrial Dental Designer vor spannende Herausforderungen. Zunächst ist die Form des natürlichen Zahns zu berücksichtigen (Abb. 1b). Bei natürlichen Zähnen lassen sich die Frontflächen entlang von drei Linien unterteilen: a) zervikal, b) mesial, c) inzisal.

Die korrekte Beachtung dieser Linien geben dem Zahn die natürlich aussehenden Lichtreflexe und die richtige Positionierung zur Stützung der Lippen und des Lächelns. Aus diesem Grund wurde jede vorgefertigte Zahnform speziell erarbeitet und eine Korrekturstrategie geplant.

Die folgende Wachsmodellierung und Digitalisierung der Wachsabdrücke war der nächste Schritt, ebenso wie die Erstellung von Prototypen aus Lithiumdisilikat (Abb. 2 bis 4). Der vorgestellte und erörterte Entwurf der Schichtstruktur (Abb. 5a bis 6b) wurde dann dankenswerterweise höchst professionell von Candulor angefertigt.

Natürlich erfordert ein Bio-Emulations-Konzept die korrekte Nachahmung aller Merkmale eines natürlichen Zahns: Form, Farbe, Schichtungsverlauf und Oberflächenrelief. In Bezug auf den Schichtungsverlauf lässt sich beim natürlichen Zahn feststellen, dass der Schmelz unterschiedlich dick ist und das Dentin bis zum inzisalen Rand heranreicht (Abb. 7). Abbildung 8 zeigt die anschließende Realisierung der Schichtstruktur nach dem Konzept der Bio-Emulation. Durch Erhöhung des Kontrasts in den Querschnittfotos der PhysioSelect® TCR Zähne ist erkennbar, dass der Entwurf der Schichtstruktur dem Endprodukt entspricht (Abb. 9 bis 13).

Bei der Oberfläche haben wir versucht, durch Mikrostruktur (Abb. 14) und Makrostruktur (Abb. 15) ein natürliches Aussehen zu erreichen, ohne eine zu starke Rauigkeit entstehen zu lassen, welche Plaqueablagerungen begünstigt hätte.

Rekonstruktionen nach der Philosophie der jungen Älteren

Rekonstruktionen nach der Philosophie der jungen Älteren müssen neue ästhetische Konzepte berücksichtigen. Die modernen Analysemöglichkeiten durch Software sind noch zu unreif, um zufriedenstellende Ergebnisse zu erreichen. Eine fotografische Unterstützung kann uns Hinweise und Informationen für die Totalrekonstruktion geben (Abb. 16). Ziel ist dabei die Harmonie zwischen Alter und Gesichtszügen, aber auch Lächeln und Lebensstil und vor allem zwischen Lächeln und Lebenserwartung. Die Konfektionszähne müssen diese Aspekte berücksichtigen und unseren Totalrekonstruktionen Frische verleihen. Beim Lächeln des Patienten sind die Position der Zähne und Schichtstruktur, die Beschaffenheit und natürlich Form und Farbe unerlässlich, damit es unmittelbar natürlich aussieht. Wir dürfen nicht vergessen, dass der inzisale Rand mit seiner Schichtstruktur sichtbar sein muss, und zwar auch noch, nachdem die Abriebflächen angepasst wurden. In Abbildung 17 sieht man Details der Schichtstruktur im Inzisalbereich und den Ausschnitt, der beim Lächeln sichtbar wird (ausgenommen die Fälle von Zahnfleischlächeln).

Fallbericht

Hier stellen wir einen Fall vor, der an der Universität Zürich in der Klinik für Rekonstruktive Zahnmedizin (RZM, UZH) unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. h.c. C. Hämmerle von der Oberärztin Frau Dr. med. dent. Bruna Ernst realisiert wurde: 59-jährige Patientin mit totaler Zahnlosigkeit, prothetische Versorgung nach der Methode von Prof. Dr. A. Gerber mit den Zähnen PhysioSelect® TCR, Form 786 und 64, Farbe A2 und Condyloform II NFC+, Farbe M2. Kunststoffprothese AESTHETIC BLUE 34 mit Farben AESTHETIC Intensive Colors von Candulor.

Zahnformen

Die Auswahl der Zähne sollte nicht von festen Vorstellungen wie Geschlecht oder Alter abhängen. Im vorliegenden Fall wurde eine Form aus der maskulinen Gruppe (Gruppe 7) gewählt, die jedoch gut zu dem femininen Gesicht passt (Abb. 18). Die Aufstellmethode von Prof. Dr. A. Gerber (Mikro-Kondylus in der Mikro-Fossa) ist die aktuelle Methode, nach der wir arbeiten (Abb. 19). Die Aufstellung erfolgte in diesem Fall mit einer normalen Okklusion, da durch die Knochenresorption keine gekreuzte Aufstellung gegeben war (Abb. 20a bis c).

Natürlich gehört auch die Individualisierung des Schilds zum Stand der Technik bei der Versorgung mit einer Vollprothese. Insbesondere in den heutigen Gesellschaften von Menschen unterschiedlicher Herkunft können wir uns bei pigmentierter Mukosa nicht mit Standardfarben zufriedengegeben. Unsere Aufgabe ist es, dem Lächeln unserer Patienten Natürlichkeit und Selbstvertrauen zu verleihen. Zu diesem Zweck verfügen wir heute über intensive Farben, die zur Grundfarbe des Kunststoffs hinzugefügt werden, um eine individualisierte Färbung zu erreichen (Abb. 21).

Mit den individuellen Farbmustern (Abb. 22) nach Dr. med. dent. B. Mandolesi und der Reproduktion der Komposite entsprechend den ausgewählten Farben erhält man echt aussehende Farbgebungen (Abb. 23 und 24).

Danksagung

Frau Dr. med. dent. B. Ernst für die langjährige, meisterhafte Ästhetik realisierter Vollprothesen. Prof. Dr. Dr. h.c. C. Hämmerle, Klinikdirektor RZM der Universität Zürich, wo ich seit inzwischen 20 Jahren Schulungen abhalte und woher der Fallbericht stammt. Prof. Dr. Sandro Palla für alles, was ich von ihm gelernt habe. Dr. med. dent. Fidel Ruggia, mit dem ich zusammenarbeite, seit er Oberarzt an der Universität Zürich mit dem Fall 1a war. Dr. med. dent. Massimo Ciocco aus Lugano für die angenehme tägliche Zusammenarbeit seit nunmehr 20 Jahren und für den Fall in Abbildung 16. Dr. med. dent. Alessandro Pedrali Noy für Abbildung 1b. Nicht zuletzt möchte ich ZT Marisa Fieni für die aktive und wichtige Kooperation bei der Entwicklung des PhysioSelect® TCR Zahns danken sowie meinem Team vom Labor Estetiker in Lugano für ihre kontinuierliche Unterstützung.

Kontakt

ZTM Damiano Frigerio
Klinik für Rekonstruktive Zahnmedizin, Universität Zürich

Dieser Beitrag ist in ZT Zahntechnik Zeitung aktuell erschienen.

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