Zahntechnik 05.07.2021

Vollkeramische Frontzahnversorgung am bruxierenden Patienten



Vollkeramische Frontzahnversorgung am bruxierenden Patienten

Foto: ZTM Thomas Walsdorff, ZT Silvana Vignjevic

Stress, Ängste, psychische Erkrankungen und Nervosität sind häufig die Ursache für Zähnepressen und Zähneknirschen. Stressbedingter Bruxismus betrifft mittlerweile jede zweite Person, Tendenz steigend. Dies führt oft zu übermäßiger Zahnabrasion an den Frontzähnen, gefolgt von Empfindlichkeiten sowie ästhetischen, funktionellen und phonetischen Defiziten bis hin zur CMD. Die Frontzahnversorgung bruxierender Patientinnen und Patienten bedarf daher einer sorgfältigen Analyse, Planung und Ausführung hinsichtlich des gewünschten Ergebnisses, der Materialauswahl, des Fertigungsverfahrens und der Kontrolle von Ästhetik und Funktion des Zahnersatzes.

Der vorgestellte Patient ist männlich und 50 Jahre alt. Er kam mit dem Wunsch in die Praxis, wieder schöne, möglichst natürliche Frontzähne ohne „Gebrauchsspuren“ zu bekommen.

Analyse

Im Vorfeld einer Frontzahnversorgung wird unser Dentallabor häufig zum Vorgespräch mit dem Patienten in der Praxis hinzugezogen. Dies gibt uns die Möglichkeit, den Patienten nach seinen ästhetischen Wünschen zu fragen. Was stört ihn an seinem jetzigen Zustand? Hat er eine konkrete Vorstellung, wie seine neuen Zähne aussehen sollen, zum Beispiel hinsichtlich Zahnlänge, Zahnstellung, Schließen von Diastema oder Farbe? Welche Referenzlinien sind relevant – Lippenverlauf, Bipupillarlinie, antagonistische Situation? Dabei muss die Form natürlich der Funktion folgen. Gibt es ältere Fotos oder Modelle, die zur Analyse verwendet werden können? Bei diesem Termin erstellen wir einen Fotostatus und versehen ihn mit Notizen des gewünschten Ergebnisses.

Unser Patient möchte sich zunächst die oberen Frontzähne von 13 bis 23 versorgen lassen. Die Versorgung der unteren Front soll circa drei Monate später erfolgen. Dadurch lässt sich die bestehende schiefe Ebene durch stärkere Attrition von 21 und 22 (Abb. 1) ausgleichen.

Materialauswahl und Farbnahme

Bei der Frontzahnversorgung bruxierender Patienten ist die Materialauswahl von entscheidender Bedeutung. Folgende Aspekte sind dabei zu berücksichtigen: Werden nur Einzelkronen oder auch Brücken hergestellt? Sind Verfärbungen an den Zähnen sichtbar? Wie hoch ist die funktionelle Belastung des Zahnersatzes?

Bei unserem Patienten sollen Einzelkronen hergestellt werden. In solchen Situationen empfehlen wir eine monolithische Versorgung mit IPS e.max von Ivoclar, in der Vorgehensweise nach Dr. Reusch (Westerburger Kontakte), wenn keine intensiven Verfärbungen der Zähne oder Zahnstümpfe vorliegen (Abb. 2). Diese Lithiumdisilikatkeramik zeichnet sich durch ihren hervorragenden Chamäleon-Effekt, Opaleszenz und Fluoreszenz aus.

Wir sehen bei dieser Versorgung folgende Vorteile im Vergleich zu Zirkonoxidkronen: Durch die adhäsive Zementierung entsteht ein deutlich erhöhter Haftverbund aufgrund der Anätzung der Keramikinnenflächen. Außerdem erhält man ein (subjektiv) ästhetischeres Ergebnis gegenüber monolithischen Zirkonoxidkronen.

Das Chippingrisiko, das bei voll- oder teilverblendeten Vollkeramikversorgungen vor allem bei Bruxismus entsteht, können wir dadurch weitestgehend ausschließen. Der reduzierte Platzbedarf monolithischer Restaurationen lässt vor allem eine grazilere Ausführung zu, die im Frontzahnbereich von großer Bedeutung ist. Für sehr grazile Frontzahnkronen wird auch gerne der Begriff 360°-Veneer verwendet.

Die erste Farbnahme erfolgt im Vorgespräch unter Einbeziehung der Wünsche des Patienten. Für monolithische e.max-Versorgungen empfiehlt sich die Auswahl der Presspellet-Farbe nach der Schneidefarbe des Patienten. Häufig kommen hier Bleachfarben zum Einsatz. Die Bleachfarben 1 bis 4 sind als HT- Rohlinge in hoher Transluzenz und als MT-Rohlinge Bleach 2 bis 4 in mittlerer Transluzenz erhältlich (Abb. 3).

Die Farbnahme der präparierten Stümpfe wird in der Regel von der Praxis mit dem entsprechenden Farbring für Stumpffarben (Natural Die Material) genommen (Abb. 4).

Fertigungsverfahren

Monolithische Frontzahnkronen benötigen eine Sicherstellung der Form und Funktion vor der Umsetzung in Keramik. Zunächst designen wir die Front nach den gewünschten Kriterien und fräsen sie in Wachs.

Es erfolgt eine Anprobe am Patienten mit Überprüfung von Passung, Approximalkontakten, Biss, Funktion, Phonetik und Ästhetik. Der Patient ist hierbei stets im Bilde und gleicht mit uns seine ästhetischen Vorstellungen ab (Abb. 5). Bei diesem Termin kann es auch hilfreich sein, bei unentschlossenen oder unsicher wirkenden Patienten eine ihnen vertraute Person hinzuzuziehen. Bei unserem Mock-up haben wir noch eine kleine Korrektur der Schneidekanten vorgenommen (Abb. 6).

Die Ränder der Wachskronen werden nochmals mit heißem Wachs sauber adaptiert, dann werden die Kronen angestiftet, eingebettet und gepresst (Abb. 7 und 8). Selbstverständlich kann hier auch eine Umsetzung im CAM-Verfahren erfolgen. Nach dem Ausarbeiten der Kronen wird die Oberflächenstruktur mittels Goldpuder kontrolliert (Abb. 9).

Nun werden die Kronen individuell charakterisiert und glasiert (Abb. 10 und 11). Die Glasur wird auf die zuvor bearbeitete Oberfläche unverdünnt aufgetragen. Durch die eher dickflüssige Konsistenz kann die aufwendig ausgearbeitete Oberfläche unterstützt werden. So lassen sich zum Beispiel Perikymatien mit einem Fächerpinsel hervorragend einarbeiten.

Aus diversen Studien ist belegt, dass Glasuren durch Kaubelastung schneller abradieren und dadurch ein schädlicher Abrieb für den Antagonisten entstehen kann, der sogenannte Schmirgelpapiereffekt. Aus diesem Grund werden diese Kontaktbereiche nicht glasiert und stattdessen hochglanzpoliert.

Einprobe

Bei der Ästhetikanprobe sind die Kronen nahezu fertig. Durch die kontrollierte, planerische Vorgehensweise gibt es hier meistens keine Überraschungen mehr. Es erfolgt eine abschließende Prüfung der approximalen, okklusalen und dynamischen Kontakte. Kleinere Farbkorrekturen werden direkt im Mund simuliert und anschließend umgesetzt (Abb. 12).

Für die Zementierung fertigen wir einen Positionierungsschlüssel mit Fassung der Schneidekanten an (Abb. 13). Dieser unterstützt den Zahnarzt, um bei der Zementierung der Kronen deren korrekte Positionierung sicherzustellen.

Der Patient ist mit seinem perfekten Lächeln sehr zufrieden und freut sich schon auf die folgende Versorgung der UK-Front (Abb. 14).

Fazit

Vollkeramische Frontzahnversorgungen bei Bruxismuspatienten ohne ein erhöhtes Risiko von Keramikfrakturen lassen sich mit monolithischen IPS e.max-Versorgungen sehr gut lösen. Entscheidend für ein langlebiges, funktionelles und ästhetisches Ergebnis ist eine gute Vorplanung und konsequente Umsetzung im Teamwork zwischen Dentallabor, Zahnarzt und Patienten.

weitere Autorin: ZT Silvana Vignjevic

Walsdorff Zahntechnik GmbH
Vaihinger Straße 24
71063 Sindelfingen
Tel.: +49 7031 875018
info@walsdorff-zahntechnik.de 
www.walsdorff-zahntechnik.de 

Dieser Beitrag ist in ZWL Zahntechnik Wirtschaft Labor erschienen.

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