Branchenmeldungen 28.02.2011
5. Stuttgarter Zahnärztetag zum Thema Implantate
Die diesjährige Fortbildungstagung der Bezirkszahnärztekammer Stuttgart am 19. und 20. Juni im Kultur- und Kongresszentrum Liederhalle wartete wieder mit hochkarätigen Referenten aus Hochschule und Praxis auf. Experten aus dem In- und Ausland widmeten sich dem Thema "Implantate" und zeigten Möglichkeiten und Grenzen der modernen Implantologie auf.
Unter dem etwas provokanten Tagungsthema "Implantate von allen Zahnärzten für alle Patienten?" wurde vor allem Orientierungshilfe geboten, damit sich die über 400 anwesenden Zahnärztinnen und Zahnärzte im großen Angebot von derzeit rund 220 Implantat-Systemen zurechtfinden können. Kontrovers diskutiert wurde die Frage, ob den kurzen Implantaten die Zukunft gehört und somit vorbereitende Operationen, die das Knochenangebot verbessern, immer seltener durchgeführt werden.
Eine Million Implantate im Jahr 2009. Die Implantologie hat die Zahnmedizin revolutioniert und ist aus dem Spektrum des zahnärztlichen Leistungsangebotes nicht mehr wegzudenken. Wie Dr. Konrad Bühler, Vorsitzender der Bezirkszahnärztekammer Stuttgart in seiner Begrüßung feststellte, rechnet die Deutsche Gesellschaft für Implantologie (basierend auf den Zahlen von 2008) damit, dass in diesem Jahr rund 1 Million Implantate eingesetzt werden.
Ein guter Grund, sich auf der inzwischen fest etablierten Fortbildungsveranstaltung, die unter der Leitung von Prof. Dr. Johannes Einwag steht, mit dem für immer mehr Patienten relevanten Thema gründlich auseinanderzusetzen. Professor Einwag betonte in der Einladung zum wissenschaftlichen Kongress, dass er großen Wert darauf legt, die vollmundigen Versprechen der Implantat-Hersteller genau zu durchleuchten und deutlich zu machen, dass "problemloses Einheilen" und "perfekte Ästhetik" keine Selbstverständlichkeit sind. Wie die Tagung zeigte, müssen zum guten Gelingen einer implantatgetragenen prothetischen Versorgung viele Faktoren beitragen; die zahnärztliche Kunst ist dabei einer der wichtigsten.
Kurzimplantate auf dem Prüfstand. Der Referent des sog. "Stuttgarter Morgens", der einem Spezialthema gewidmet war, kam aus Paris: Dr. Franck Renouard, ein Praktiker und eine Kapazität auf dem Gebiet der Kurzimplantate. Lange Zeit war bei vielen Patienten eine Implantation erst möglich, nachdem der geschrumpfte Kieferknochen aufgebaut worden ist. Eine neue Dimension bekam die Implantologie durch Kurzimplantate, die sich durch eine reduzierte Implantatlänge und einen größeren Durchmesser auszeichnen. Sie haben Langzeitstudien zufolge selbst bei einem verminderten Knochenangebot gute Prognosen. Vor allem aber ermöglichen sie Patienten, die bisher wegen eines ungenügenden Knochenangebotes von einer Implantatversorgung ausgeschlossen waren, eine relativ einfache Versorgung ohne vorbereitende Operation.
Das von Dr. Renouard zur Diskussion gestellte Verfahren, mit dem er sieben Millimeter kurze Implantate innerhalb von einer Viertelstunde einsetzt, fand keinen ungeteilten Beifall, regte aber zu Diskussionen und zum Überdenken bisheriger Positionen an.
Implantate für Risiko-Patienten? Da dank guter Mundhygiene und intensiver zahnärztlicher Betreuung Zähne heute meist erst im fortgeschrittenen Lebensalter verloren gehen, entsteht der Wunsch nach einer festsitzenden Prothese häufig erst bei betagten Patienten. Doch auch sie können dank neuer Verfahren, die Hart- und Weichgewebsverluste so weit wie möglich vermeiden, mit von Implantaten getragenem Zahnersatz versorgt werden. Wie chronisch Kranke, aber auch Tumorpatienten nach Bestrahlungen im Kieferbereich adäquat behandelt werden können, zeigte Dr, Stefan Hümmeke, Osnabrück, in einem eindrucksvollen Vortrag.
Fortschritte in der Diagnostik machen diese Eingriffe zunehmend schonender. In seinem Vortrag zur Diagnostik und Planung von Implantat-Versorgungen wies Prof. Dr. Dr. Christian Foitzik, Darmstadt, darauf hin, dass der Erfolg einer Implantat-Therapie von der richtigen Planung abhängt. Neue diagnostische Verfahren und digital unterstützte Operationstechniken wurden anhand von Fallbeispielen diskutiert.
Wichtig für die Praktiker waren auch die Hinweise auf die richtige Aufklärung des Patienten und die Dokumentation von Befunden im Hinblick auf eventuelle rechtliche Auseinandersetzungen. Wichtig für den Erfolg von Implantatversorgungen ist auch die Nachsorge, wie PD Dr. Frank Schwarz, Düsseldorf, dargestellt hat. Biologische Faktoren wie eine bakterielle Besiedlung des Implantats sind ebenso wie die Beschaffenheit des im Knochen verankerten Pfeilers ausschlaggebend für die Langlebigkeit der Versorgung. So kann beispielsweise durch ein spezielles Makro- und Mikrodesign des Implantats die Knochenresorption auf ein Minimum reduziert werden.
Die Diskussion um die Länge der Implantate, durch den ersten Referenten angestoßen, zog sich wie ein roter Faden durch alle Beiträge der gut besuchten Tagung, die mit einer Vorstellung verschiedener Implantat-Systeme ausklang. Unter dem Vorsitz von Dr. Hans-Jürgen Hartmann, Tutzing, stellten erfahrene Implantologen, unter ihnen der Filderstädter Dr. Axel Kirsch, der ein eigenes Implantat-System entwickelt hat, drei der in Deutschland gebräuchlichsten Systeme vor. Hier zeigte sich, dass aufgrund neuer fachlicher Erkenntnisse in Verbindung mit der Verwendung moderner Werkstoffe die Wartezeit bis zur endgültigen Versorgung auf zwei bis drei Monate verkürzt werden kann. In Einzelfällen ist es sogar möglich, die künstliche Wurzel unmittelbar nach der Extraktion in das vorhandene Zahnfach einzusetzen.
Abgerundet wurde der Kongress durch ein parallel laufendes Programm für Zahnmedizinische Mitarbeiterinnen, das sich ebenfalls mit Implantaten beschäftigte. Grundlagenwissen und Fallbeispiele, ergänzt durch Life-Demonstrationen, sollen die zahnmedizinischen Assistentinnen in die Lage versetzen, Patientengespräche im Vorfeld einer Implantat-Behandlung adäquat zu führen und das Management der Nachsorge planmäßig durchzuführen.
Quelle Text und Foto: Informationszentrum Zahngesundheit, 24.06.2009