Branchenmeldungen 22.03.2017
BDZM: Stellungnahme zum Referentenentwurf AOZ
Der Bundesverband der Zahnmedizinstudenten in Deutschland e.V. (BdZM) nimmt hiermit Stellung zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zur Verordnung zur Neuregelung der zahnmedizinischen Ausbildung. Inhaltliche Grundlage dieser Stellungnahme ist Versammlung der Zahnmedizinstudenten (BuFaTa) am 19. November 2016 in Freiburg.
Um die zahnärztliche Berufsausbildung weiterzuentwickeln, loben wir die vorgeschlagenen Maßnahmen im Bezug auf die Einbindung der Präventiven Zahnmedizin, die vertiefte Ausbildung der Allgemeinerkrankungen, Stärkung der Wissenschaftlichen Kompetenz und die angestrebten neuen Lehrkonzepte im Sinne von problemorientierten Seminaren. Besonders zu erwähnen sind die integrierten klinischen Kurse der Fächer Zahnerhaltung und Prothetik, die dringend notwendige Verbesserung der Betreuungsrelation in den Phantomkursen auf 1:15 und in der klinischen Behandlung auf 1:3 und die Einbindung neuer integrierter Lehrkonzepte zur interdisziplinären Ausbildung. Neben diesen Veränderungen, die zweifelsfrei zwingend notwendig werden, nehmen wir eine kritische Position zu folgenden Themen ein und zweifeln stark daran, ob sich das Studium bei Bestehenbleiben dieser Kritikpunkte wirklich verbessern wird.
Die im Referentenentwurf vorgesehene vollständige Angleichung der Studiengänge Medizinund Zahnmedizin sehen wir kritisch. Die vertiefte Ausbildung von Allgemeinmedizinischen Fächern in der Vorklinik ist eindeutig zu begrüßen und in Zeiten einer älter werdenden Bevölkerung wichtig. Im jetzigen Entwurf resultiert daraus jedoch eine ungenügende zahnmedizinisch-praktische Ausbildung, die in moderner Form weiterhin essentieller Bestandteil unseres Studiums sein muss.
Wir fordern die Durchführung von den praktischen Kursen von Beginn des Studiums an. Zur Umsetzung bieten wir zwei Vorschläge an:
- Wir schlagen vor, die Prüfungen, die derzeit nach 4 Semestern vorgesehen sind, auf die Semester 1-6 aufzuteilen und modulartig zu prüfen. Diese Modulprüfungen könnten Deutschlandweit standardisiert sein. Nach bestehen aller Module wird ein Äquivalent erteilt, dass den Studenten die Möglichkeit gibt, den Standort zu wechseln falls gewünscht. Die Lehrzeiten und Inhalte der Semester 1-6 bleiben gleich, jedoch werden diese anders angeordnet, um die für unser Studium essentiell wichtige praktische Ausbildung kontinuierlich in das Curriculum einzubinden.
- Eine Alternative dazu ist, in der Vorklinik ca. 80% der Kurse mit den Medizinern gemeinsam zu absolvieren, die gesparten 20% der Zeit ab dem ersten Semester zur praktischen Ausbildung und Vermittlung von spezifisch zahnärztlichem Wissen zu nutzen. Die Prüfung kann dann an die Medizinerprüfung angelehnt sein, bundesweit standardisiert und dennoch spezifisch für Zahnmedizinstudierende.
Durch die gemeinsamen ersten vier Semester im Medizin- und Zahnmedizinstudium wird eine Wechselmöglichkeit in beide Richtungen ermöglicht. Bewerber für ein Medizinstudium können das Zahnmedizinstudium als Zugang zum Medizinstudium missbrauchen. Wir raten dringend dazu, diesem Missbrauch einen Riegel vorzuschieben, in welcher Form ist zu diskutieren.
Die Eingliederung von Wahlfächern jeweils in den Vorklinischen und Klinischen Studienabschnitt ist aus didaktischen und strukturellen Gründen sinnvoll. Jedoch können wir die im Entwurf geplante Umsetzung nicht unterstützen. An den Standorten, an denen Wahlfächer schon jetzt praktiziert werden gibt es immer wieder Wahlfächer, die von den Studierenden favorisiert werden und die Bewerberanzahlen die mögliche Kapazität weit überschreiten. Im Umkehrschluss gibt es Fächer ganz ohne Bewerber. Schlussendlich werden die Teilnehmer dann in die verfügbaren Kurse gelost, und die Ziele der Wahlfächer werden keinesfalls erreicht. Vor Einführung der Wahlfächer sollte dieses Problem bewertet und gelöst werden.
Die Sinnhaftigkeit eines Krankenpflegepraktikums im Zahnmedizinstudium ist für die Studenten unverständlich, da ein Praktikum eine Vertiefung der praktischen Kenntnisse vorsieht, und in diesem Praktikum wenig berufsrelevante Dinge erlernt werden. Die Zeit ließe sich also besser nutzen: Ein verpflichtendes Praktikum in einem zahntechnischen Betrieb scheint uns nach Kürzung dieser Inhalte im jetzigen AOZ-Entwurf daher sinnvoller. Wir würden uns weiterhin wünschen, einen Teil der Famulatur schon vor Studienbeginn absolvieren zu können.
Die Themen Erste Hilfe und Notfallmedizin finden unserer Meinung nach zu wenig Gewicht im Referentenentwurf. Im Hinblick auf die Interprofessionelle Ausbildung sollte in der zahnärztlichen Ausbildung ein größeres Augenmerk auf allgemeinmedizinisch besondere Situationen, Krisen und Notfälle gelegt werden. Ein externer Kurs in Erster Hilfe und eine kurzzeitige Lehrveranstaltung zum Thema Notfallmedizin ist dafür nicht ausreichend. Wir wünschen uns eine das Studium begleitende Veranstaltungsreihe zum Management besonderer Situationen, die optimaler Weise im Team Teaching von den verschiedenen Abteilungen wie Kinder und Jugendmedizin, Innere Medizin, Notfallmedizin, Chirurgie und Psychiatrie begleitet wird.
Um die Anerkennung von Studienleistungen zwischen den Universitäten zu vereinfachen und überhaupt erst möglich zu machen, sind einheitliche Prüfungen anzustreben. Die Prüfungsaufgaben in den schriftlichen Prüfungen sollten bundeseinheitlich gestellt werden.
Modellstudiengänge sollen auch an Universitäten durchgeführt werden können, an denen kein Modellstudiengang im Studiengang Medizin durchgeführt wird. Die positive Energie, die sich an Standorten entwickelt, die einen solchen Modellstudiengang für die Zahnmedizin planen wird sonst unnötig torpediert.
In der Übergangsregelung sollten auch Studierenden, die bereits approbierte Ärzte sind berücksichtigt werden.
Die Ankündigung, die Reform des Zahnmedizinstudiums kostenneutral durchzuführen halten wir in Anbetracht eines Stillstandes über mehrere Jahrzehnte für unangemessen und sehen darin eine unausweichliche Verlagerung des Problems auf die Universitäten und damit zu Lasten der Studierenden. Neue Lehrkonzepte, die für eine interprofessionelle und integrierte Ausbildung nicht zu entbehren sind, sind nicht kostenneutral für die Universitäten umzusetzen. Wir halten es für selbstverständlich, dass die Erhöhung der Betreuungsrelation nicht mit Kürzungen der Behandlungszeiten einhergeht. Unserer Meinung nach ist dies nur durch zusätzliche klinische Personalstellen und Gelder realisierbar.
Wir möchten noch einmal betonen, dass wir ein Vertagen der Approbationsordnung für keine Option halten. Die Kritikpunkte sollten jetzt zeitnah umgesetzt werden und die dann korrigierte Reform der Approbationsordnung noch in dieser Legislaturperiode durch den Bundesrat gehen. Wir hoffen diesen Entwurf einvernehmlich mit allen Beteiligten noch so zu verändern, dass sich das Studium an allen Standorten deutschlandweit wirklich verbessert. Nur dann können wir als Studenten von der im Juni 2016 angekündigten Demonstration am 18. Januar 2017 absehen.
Quelle: BDZM