Branchenmeldungen 28.10.2015
Behandlungskosten – Wie Zahnärzte informieren können
Irgendwann muss jeder Verbraucher zum Zahnarzt. Wirklich gern nimmt niemand auf dem Behandlungsstuhl Platz. Dies gilt besonders in Situationen, wenn die Patienten wegen Zahnschmerzen beim Zahnarzt vorbeischauen. Neben der Angst vor Schmerzen ist es oft aber auch die Sorge um die finanziellen Folgen, wegen derer oft nur ungern die Praxis aufgesucht wird. Hier sind mitunter auch die Zahnärzte gefragt, um günstige Lösungen aufzuzeigen.
Zwischen 2010 und 2014 haben sich die Ausgaben der Krankenkassen für Zahnersatz laut GKV Spitzenverband um mehr als 1,5 Milliarden Euro erhöht. Damit hat aber nicht nur das System der gesetzlichen Krankenvollversicherung tiefer in die Tasche greifen müssen. Letztlich tragen die Versicherten einen Teil der Kosten selbst. Hintergrund: In Deutschland gilt bereits seit Jahren die Devise, dass bei gewissen Behandlungen der Patient – zumindest bei den Kosten – mit im Boot sitzt. Ursache sind zwei Gründe: Einmal die Tatsache, dass seitens der GKV ausschließlich medizinisch Notwendiges geleistet wird. Auf der anderen Seite greift beim Zahnersatz der befundbezogene Festkostenzuschuss.
Zahnersatz - Selbstbeteiligung im Überblick
Beim Zahnersatz kann es für Kassenpatienten richtig teuer werden. Seit einigen Jahren greift hier eine Regel, die gesetzlich Versicherte Geld kostet. Seitens der Kassen werden die Behandlungskosten nicht komplett getragen. Stattdessen legt der Gemeinsame Bundesausschuss fest, welche Behandlung für bestimmte Diagnosen (Befund) in Frage kommt – und was das Ganze kosten darf. Auf diese Weise ist in den letzten Jahren ein Katalog an vorgeschriebenen Behandlungskosten für spezifische Befunde entstanden.
Durch die GKV werden nur 50 Prozent der befundbezogenen Behandlungskosten getragen. Wer trägt die verbleibende Hälfte? Natürlich der Patient. Durch eine lückenlose Individualprophylaxe kann dieser den Zuschuss zwar steigern, und zwar auf:
- 60 Prozent (fünf Jahre lückenlose Individualprophylaxe)
- 65 Prozent (zehn Jahre lückenlose Individualprophylaxe).
In Anbetracht der Kosten für eine Versorgung mit Zahnersatz ist dennoch mit Eigenanteilen von mitunter deutlich mehr als 500 Euro zurechnen.
Beispiel: Zu schließen ist eine Zahnlücke mit einer dreigliedrigen Brücke. Der Patient entscheidet sich nicht für die Regelversorgung, sondern nimmt eine Vollkeramikbrücke in Anspruch. Die Zahnarztkosten belaufen sich auf 400 Euro, die Labor- und Materialkosten liegen bei 1100 Euro. Insgesamt würde der Zahnersatz 1.500 Euro kosten. Für die Brücke inklusive Verblendung schießt die Krankenkasse für das Beispiel aber nur circa 600 Euro zu. Damit verbleibt eine Lücke von etwa 900 Euro.
Entscheidet sich der Patient für die Verwendung eines Implantats, wird der Eigenanteil noch deutlich größer. Hier drohen Zuzahlungen in Höhe vierstelliger Eurobeträge.
Hinweis: Zahnärzte sollten ihre Patienten darauf hinweisen, dass die Zuzahlungen sich bei lückenlosen Vorsorgeuntersuchungen verringern lassen. Auf diese Weise lassen sich bereits die Kosten leicht senken.
Weitere zahnärztliche Behandlungen mit Selbstbeteiligung
Der Zahnersatz ist das wahrscheinlich prominenteste Beispiel für hohe Kosten, die Kassenpatienten beim Besuch der Zahnarztpraxis in Kauf nehmen müssen. Es ist aber nicht die einzige Behandlung, bei der es durchaus etwas teurer werden kann. Grundsätzlich ist das Portemonnaie der Versicherten dort gefordert, wo eine über die Regelversorgung hinausgehende Leistung in Anspruch genommen wird.
Eines der Beispiele ist die Kariesbehandlung. Hier sind im Seitenzahnbereich Füllungen mit Amalgam vorgesehen. Die Quecksilberlegierung ist aber alles andere als beliebt. Viele Patienten setzen hier auf Kunststofffüllungen. Die Kosten hierfür werden aber nicht von der Kasse übernommen. Letztere trägt nur den Anteil jener Kosten, der für eine Regelversorgung angefallen wäre. Welche Behandlungen sind davon noch betroffen? Zuzahlungen der Patienten sind zu leisten für:
- Inlays
- Zahnkronen
- Wurzelbehandlungen
Die Kosten für letztgenannte Behandlung übernehmen die Krankenkassen in aller Regel nur für Heranwachsende. Hierbei gilt die Devise: 80 Prozent übernimmt die Kasse sofort, über 20 Prozent müssen die Eltern in Vorleistung gehen – bis die Behandlung abgeschlossen ist. Eine ausführliche Beratung durch den Zahnarzt oder Kieferorthopäden schafft diesbezüglich Vertrauen.
Versorgungslücke schließen - selbst sparen oder Zahnzusatzversicherung?
Die Branche der privaten Versicherungen hat auf die Versorgungslücken bei Zahnbehandlungen inzwischen reagiert – und bietet Kassenversicherten die sogenannte Zahnzusatzversicherung an. Das Problem: Mittlerweile ist die Zahl der Tarife und unterschiedlichen Leistungsmodelle so groß, dass ein Überblick schwerfällt. Können Patienten mit den Zahnversicherungen die Kostenlücke schließen?
Prinzipiell muss die Antwort lauten: Ja. Allerdings sind hierbei einige wichtige Punkte zu beachten, denn die Versicherungen schränken ihre Leistungen mitunter ein. Die genaue Höhe der Kostenübernahme ist gerade für Patienten nicht immer sofort zu durchschauen. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Zahnärzte bereits vor Erstellung des Kostenplans überschlagen können, was finanziell auf den Patienten zukommt. Das Ganze könnte folgendermaßen aussehen:
Gesamtkosten einer Behandlung (geschätzt)
- Anteil der Krankenkasse
= Zuzahlung durch den Patienten
- Anteil der privaten Versicherung (80-100% der Gesamtkosten oder eine Aufstockung des Kassenanteils)
= Restzahlung des Patienten
Hinweis: Beim Thema Versicherung kommt es immer auf das Kleingedruckte an. Viele Versicherer arbeiten mit Wartezeiten, einer Zahnstaffel (Leistungsbegrenzung in den ersten Jahren) oder sehr strengen Annahmerichtlinien in Bezug auf bereits vorhandenen Zahnersatz.
Fazit: Zahnärzte sollten ihren Patienten erste Informationen liefern können
Die Zahngesundheit – in den vergangenen Jahren ist deren Bedeutung auch im Bewusstsein vieler Kassenpatienten gewachsen. Damit einher geht eine Verbesserung der Zahnhygiene, die sich in einer sinkenden Rate von Zahnkaries widerspiegelt, wie hier beschrieben wird. Allerdings ist auch die beste Zahnpflege keine Garantie dafür, dass Zahnerkrankungen ausbleiben. Im Gegenteil: Es spielen verschiedene Faktoren an dieser Stelle eine Rolle.
Und so nehmen Patienten immer wieder im Wartezimmer von Zahnarztpraxen Platz. Meist ist dies auch mit direkten Kosten für die Betroffenen verbunden. Während eine Entscheidung gegen die Regelversorgung bei der Füllung noch in einem überschaubaren Rahmen bleibt, reißt gerade die Behandlung mit Zahnersatz sprichwörtlich ein Loch in die Haushaltskasse. Gegen die Versorgungslücke können Patienten zwar eine Zahnzusatzversicherung abschließen, deren Qualität wird oft erst erkennbar, wenn es darauf ankommt. Eine erste grobe Kostenschätzung im Patientengespräch kann dabei hilfreich sein und zeigt den Betroffenen von Beginn an, welche Versorgung in der individuellen Situation tatsächlich erschwinglich ist.
Autor: Markus Müller