Branchenmeldungen 19.05.2022

Nachgefragt! Das Labor in meiner Praxis



Nachgefragt! Das Labor in meiner Praxis

Foto: Matthias Krabe

Interview mit Matthias Krabe

Praxislabore sind schon längst keine Seltenheit mehr in der deutschen Dentalwelt. Laut der Deutschen Gesellschaft für Praxislabore haben 32 Prozent aller Zahnarztpraxen in Deutschland ein eigenes Praxislabor, in denen rund 9.600 Mitarbeiter Kronen, Brücken und andere Dinge fertigen. Der Chemnitzer Zahnarzt Matthias Krabe gibt Einblicke in sein Praxislabor und spricht unter anderem über Vor- und Nachteile des eigenen Labors sowie über die Unterschiede zum externen Meisterlabor.

Welche Herausforderungen und Nachteile bringt die Entscheidung für ein Praxislabor mit sich?

2014 haben wir die Praxis übernommen und uns in diesem Zuge auch für die Weiterführung und den Ausbau des bereits vorhandenen Praxislabors entschieden. Auch wenn wir bereits vorher Erfahrungen mit externen Laboren gesammelt haben und stets sehr zufrieden waren, haben wir uns aus rein praktischen Gründen für den Erhalt des Praxislabors entschieden. Unsere Zahntechniker können bei Problemen innerhalb von Minuten direkt mit am Patienten arbeiten und so beispielsweise die Farbanpassung einer Krone schneller und einfacher umsetzen. Wir müssen kein Provisorium einsetzen, die Krone wird direkt individualisiert und kann am gleichen Tag eingesetzt werden. Das ist schon eine deutliche Zeitersparnis und mit einem Fremdlabor natürlich nicht im gleichen Maße umsetzbar. Zusätzlich haben wir die Möglichkeit, mit dem Laborpreis – wenn es jetzt nicht die Regelversorgung ist – ein Stück weit zu spielen und den Patienten entgegenzukommen. Man hat also eine gewisse Kundennähe und kann auf die Bedürfnisse der Patienten eingehen, was die Patienten langfristig an uns bindet.

Eine große Herausforderung war für uns, die Struktur unseres Praxis-Labor-Konstruktes auf eine Linie zu bringen und einen gemeinsamen Workflow zu integrieren. Das Praxislabor ist so eine Art kleines Universum für sich. Es hat sich als sehr schwierig dargestellt, Zuständigkeitsbereiche zwischen Praxis und Labor festzulegen, da gab es auch Streitereien. Die Herausforderung war es, diese zu definieren, um Konflikte auch langfristig zu verhindern. Ein Nachteil ist die gesteigerte Personalverantwortung durch die zusätzlichen Angestellten und die Tatsache, dass man der einzige Kunde des Labors ist. Da ist es unsere Aufgabe als Behandler, unserem Praxislabor genügend Aufträge zu geben. Probleme dabei sind aber Urlaubsphasen oder auch das berüchtigte – jetzt schon zwei Jahre vorherrschende – Sommerloch. Das macht flexible Mitarbeiter notwendig, die in den flauen Zeiten mehr Freizeit haben und zum Jahresende, wenn traditionell viel zu tun ist, bereit sind, Überstunden zu machen. Das steht und fällt dann alles mit der Flexibilität der Mitarbeiter. Wir haben glücklicherweise solche Mitarbeiter – anders wäre uns das Praxislabor gar nicht möglich.

Wie gestaltet sich der Workflow zwischen Ihnen als Zahnarzt und dem eigenen Labor?

Im Prinzip ist der Ablauf wie mit jedem anderen Labor: Man schleift den Zahn, macht einen Abdruck, bestimmt die Zahnfarbe und gibt das ins Labor. Wir haben nur den Vorteil, dass unsere Zahntechniker direkt am lebenden Objekt agieren können. Ein zweiter großer Vorteil: Meine Mitarbeiter können direkt mit mir reden – das ist mit einem Fremdlabor nicht so leicht umsetzbar. Das Labor bekommt meinen Auftrag und macht ihn fertig. Am Ende passt es dann vielleicht nicht in den Mund und dann sind beide Seiten unzufrieden. Meine Mitarbeiter können mir aber auf die Finger klopfen: Was hast du denn da für einen Mist bei der Präparation gemacht? Das kann ich annehmen und direkt umsetzen.

Die Entscheidung für oder gegen ein externes Dentallabor wird unter anderem auch durch finanzielle Faktoren beeinflusst. Können Sie beschreiben, wie rentabel die Integration des eigenen Labors für Sie ist?

Am Ende des Tages lohnt es sich auf jeden Fall. Es kommt aber immer darauf an, wie viele Zahntechniker angestellt und wie viele Arbeiten zu erledigen sind. Ich kann Ihnen aus Erfahrung sagen, in schlechten Jahren liegt der Gewinn unter 10 Prozent des Gesamtumsatzes, in den guten Jahren können es aber auch 20 Prozent des Praxisumsatzes sein.

Praxislabore werden in der Dentalwelt teilweise kritisch beäugt. Was setzen Sie dem entgegen?

Trotz unseres Eigenlabors arbeiten wir mit zwei externen Meisterlaboren zusammen. Bei uns im Praxislabor sitzen Spezialisten für Keramiken, Kronen und Brücken, aber wir können nicht für alles Spezialisten sein. Wenn wir beispielsweise Kombiarbeiten oder Teleskopprothesen benötigen, sind uns die externen Labore völlig überlegen. Da geben wir die Arbeiten gerne ab, weil diese am Ende viel besser passen. In diesen Laboren sind Spezialisten, die wir zwar vielleicht auch gerne hätten, aber die in unserem Praxislabor mit solchen Dingen wahrscheinlich viel zu selten konfrontiert wären. Wir nehmen ihnen also nicht ihre Arbeit weg, sondern verteilen diese entsprechend unseren Qualitäten auch an sie weiter.

Der Fachkräftemangel rückt als starke Problematik auch in der Zahntechnik vermehrt in den Vordergrund. Inwieweit sind Sie davon betroffen und wie lösen sie diese Problematik für Ihr Praxislabor?

Der Fachkräftemangel ist mir zwar als Problematik bekannt, aber wir sind Gott sei Dank nicht davon betroffen. Aber mit gewissen Soft Skills wie einer passenden Arbeitsatmosphäre, klar getroffenen Absprachen und einem passenden Gehalt kann man dieser Problematik – denke ich zumindest – aus dem Weg gehen. Gerade in der Zahntechnik stellen die finanziellen Gesichtspunkte oft eine Problematik da, was aber auch den äußeren Umständen geschuldet ist. Dentallabore müssen sich preislich anpassen, um dauerhaft konkurrenzfähig zu sein. Das geht nicht über das Material, sondern meistens leider über die Mitarbeitenden. Was natürlich im Umkehrschluss dazu führt, dass angestellte Zahntechniker oft unzufrieden sind. Praxislabore haben in diesem Kontext ganz andere Möglichkeiten, da wir unsere eigenen Kunden sind.

Herr Krabe, vielen Dank für das Interview und Ihre ausführlichen Antworten!

Dieser Beitrag ist in der ZWL Zahnarzt Wirtschaft Labor erschienen.

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