Branchenmeldungen 14.09.2025

Die neue Approbationsordnung ist eine Chance!

Den zahnärztlichen Nachwuchs für die Belange und Bedarfe einer der größten Patientengruppe ihrer zukünftigen Praxis bereit machen – das ist das Ziel der Lehre. Welche Mittel und Möglichkeiten hierfür zur Verfügung stehen, erläutert Dr. Anna-Lena Hillebrecht im Kurzinterview.

Die neue Approbationsordnung ist eine Chance!

Foto: MQ-Illustrations – stock.adobe.com

Frau Dr. Hillebrecht, Seniorenzahnmedizin als Lehrstoff. Wie kann man dem Gegenstand praxisnah und kompetenz­orientiert gerecht werden?

Mit der neuen Approbationsordnung ist erstmals der Querschnittsbereich „Medizin und Zahnmedizin des Alterns und des alten Menschen“ verbindlich verankert – das ist eine Chance, die Seniorenzahnmedizin nachhaltig in die Ausbildung zu integrieren. Die Personengruppe mit reduzierter Therapiefähigkeit bzw. mit Pflege- und Unterstützungsbedarf sollte bei allen Lehrveranstaltungen mitgedacht werden, zum Beispiel wenn es um Präventions- und Zahnerhaltungsstrategien, aber auch wenn es um prothetische Konzepte geht. Wir sollten jetzt auch innovative Lehrformate longitudinal in das Curriculum einbinden: Hospitationen in Pflege­einrichtungen, Simulationen altersassoziierter Einschränkungen, digitale Lernmodule oder interprofessionelle Lehrveranstaltungen gemeinsam mit Pflege und Medizin. So lernen Studierende nicht nur die klinischen Grundlagen, sondern auch Kommunikation, rechtlich-ethisches Handeln und Teamarbeit. Entscheidend ist, dass diese Kompetenzen nicht abstrakt bleiben, sondern in realen oder simulierten Situationen erlebbar gemacht und geprüft werden.

Haltung lässt sich schwer in Lehrpläne schreiben und eher über Erleben und Reflektion erlangen – wie können dennoch Studierende dafür sensibilisiert werden?

Haltung entsteht vor allem durch Erleben, Reflektion und Begegnung. Deshalb ist es so wichtig, dass Studierende frühzeitig direkten Kontakt zu Menschen mit Unterstützungsbedarf haben: sei es in Hospitationen in Pflegeeinrichtungen und Schwerpunktpraxen oder durch den Austausch mit Betroffenen und Angehörigen sowie mit Zahnmedizinern, die dieses Patientinnenklientel professionell versorgen. Simulationen, zum Beispiel mit behinderungssimulierenden Lehrformaten, machen erfahrbar, wie es sich anfühlt, mit Einschränkun­gen zu leben und schaffen damit ein Verständnis für die zahnmedizinische Relevanz und mögliche zahnärztliche Unterstützungsangebote. Das Ziel ist, dass Studierende die Mundgesundheit nicht isoliert betrachten, sondern als Teil von Lebensqualität, Ernährung und sozialer Teil­habe.

Seniorenzahnmedizin erfordert interdisziplinäre Teamarbeit – wie kann dieser Ansatz schon im Studium integriert werden?

Eine gute zahnmedizinische Versorgung von Per­sonen mit Unterstützungsbedarf gelingt nur im Team – Zahnmedizin, Geriatrie, Angehörige, Pflege und gegebenenfalls weitere Gesundheitsberufe müssen auf Augenhöhe zusammenarbeiten. In der Praxis bedeutet das: Wir brauchen feste Versorgungsstrukturen, klare Kommunikationswege und gemeinsame Verantwortung.

Um die Zahnmedizinstudierenden bestmöglich auf die Herausforderungen vorzubereiten, benötigen wir klare Lernziele und motivierte Lehrpersonen. Zahnmedizinstudierende sollten frühzeitig in interprofes­sionelle Lehrformate eingebunden werden, etwa durch gemeinsame Seminare mit Pflege- und Medizinstudierenden, durch Fallbesprechungen, Hospitationen auf geriatrischen Stationen oder di­rekt in Pflegeeinrichtungen. Wichtig ist da­bei auch das gegenseitige Verständnis: Zahnmedizinstudierende soll­ten lernen, die Expertise von Pflegefachpersonen wertzuschätzen, genauso wie Pflege und Geriatrie die Bedeutung der Mundgesundheit für Allgemeingesundheit und Wohlbefinden kennen müssen. Wenn wir diese Brücken schon in der Ausbildung bauen, schaffen wir die Grundlage für echte Teamarbeit auf Augenhöhe in der späteren Versorgung.

Zur Person


Anna-Lena Hillebrecht ist Funktionsoberärztin an der Klinik für zahnärztliche Prothetik am Univer­sitätsklinikum Freiburg. Sie ist Spezialistin für Seniorenzahnmedizin (DGAZ) und leitet in Freiburg den Bereich Gerostomatologie.

ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis 09/25

ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis


Dieses Interview ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.

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