Branchenmeldungen 01.09.2025

Zulassungsverordnungen für (Zahn-)Ärzte: Reform vermutlich noch dieses Jahr

Das BMG hat einen umfassenden Referentenentwurf zur Modernisierung der Ärzte-ZV vorgelegt. Hiermit sollen die Zulassungsverordnungen für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte strukturell ins Jetzt geholt, mehr Flexibilität ermöglicht, Bürokratie abgebaut und digitale Verfahren etabliert werden. Es soll eine Anpassung an die vielfältiger gewordene ambulante Versorgungslandschaft erfolgen.

Zulassungsverordnungen für (Zahn-)Ärzte: Reform vermutlich noch dieses Jahr

Foto: gpointstudio – stock.adobe.com

Worum geht es konkret?

Die bislang teils veralteten Vorgaben sollen an die Realität der heutigen Versorgungslandschaft angepasst werden. Hervorzuheben sind neben zahlreichen kleinteiligen Änderungen:

  • Einführung eines elektronischen Arzt- und Zahnarztregisters – auch für MVZ
  • Erweiterte Vertretungs- und Assistenzmöglichkeiten
  • Digitalisierung von Zulassungsverfahren und Ausschusssitzungen
  • Präzisierte Zulassungsvoraussetzungen und Antragsunterlagen
  • Gebührenerhöhung um 10 %

Was ist neu?

Das digitale Arztregister
Es ist vorgesehen, dass in jedem Zulassungsbezirk ein elektronisches Arztregister eingeführt wird. Anders als bisher werden nicht nur zugelassene Vertragsärzt:innen und Psychotherapeut:innen erfasst, sondern auch angestellte Ärzt:innen/Psychotherapeut:innen, Berufsausübungsgemeinschaften, ermächtigte Einrichtungen, Eigeneinrichtungen (§ 105 Abs. 1c SGB V) und Medizinische Versorgungszentren (§ 1 Absatz 2 Ärzte-ZV-E). Das Register enthält u. a. Daten zur Approbation, Weiterbildung, Zulassung, Anstellung und Ermächtigung, insbesondere auch betreffend den Tätigkeitsumfang, den Anrechnungsfaktor im Rahmen der Bedarfsplanung sowie bestehende Abrechnungsgenehmigungen und Informationen über die Praxis. Unter Letzteres fallen insbesondere die Praxisform (BAG, MVZ etc.), der Beginn der Tätigkeitsaufnahme, die Nennung der Mitglieder der jeweiligen Organisation sowie bei MVZ auch der Name der gründungsberechtigten Gesellschafter und eine Zuordnung zum Gründerkreis (Ziff. 7.3.3. der Anlage 1 Ärzte-ZV-E).

Bemerkenswert ist die Neuerung, dass Ärzt:innen künftig bei Vorliegen eines berechtigten Interesses auch die Arztregisterdaten von Dritten einsehen können (§ 9 Absatz 2 Satz 2 Ärzte-ZV-E). Dies wird laut Begründung beispielsweise angenommen, wenn eine Zahnärztin oder ein Zahnarzt zur Verwirklichung von Kooperationen Einsicht nehmen will. Für Einsichtnahmen in die Daten betreffend die eigene Person wird das berechtigte Interesse nunmehr unterstellt. Letztlich führt die KBV weiterhin ein digitales Bundesarztregister (§ 10 Absatz 1 Ärzte-ZV-E).

Flexible Vertretung
Die Vertretungsregelung in § 32 Ä-ZV wird komplett neu gefasst. Künftig können sich Ärzte innerhalb von zwölf Monaten

  • bis zu drei Monate bei Urlaub, Fortbildung oder humanitärer Hilfe
  • bis zu sechs Monate bei Krankheit,
  • bis zu zwölf Monate im Zusammenhang mit einer Entbindung

ohne Genehmigung der KV vertreten lassen. Die Grundsätze zur Anzeigepflicht für Vertretungen von über einer Woche bleiben bestehen. Das „Witwenquartal“ zwecks Fortführung der Praxis eines verstorbenen Vertragsarztes wird auf neun Monate erhöht und geht damit über die bisherigen (z.T. kritisierten) Regelungen in BMV-Ä hinaus, um den häufig höheren erforderlichen zeitlichen Umfang nach Eintritt eines Todesfalls abzubilden. Genehmigungsfreie Vertretungen können bei Erreichen der vorgenannten Höchstdauer durch die Kassenärztliche Vereinigung verlängert werden – auch beim „Witwenquartal“; in jedem Fall ist dann die Genehmigung der KV einzuholen. Zudem soll die Vertretung auch durch verschiedene Ärzte möglich sein.

Die interne Vertretung wird erstmals in der Ä-ZV geregelt. Zugleich wird klargestellt, dass bspw. teilzeittätige Ärzte ihre Arbeitszeit erhöhen dürfen, soweit es die (interne) Vertretung erfordert. Hiermit wird insbesondere das Problem gelöst, dass das BSG (Urt. v. 30.10.2019, Az. B 6 KA 9/18 R) die anerkannten Grundsätze der internen Vertretung nicht auf MVZ angewandt hat – mit der Folge, dass die Begrenzung der zulässigen Vertretung einer externen Vertretung auch auf interne Vertretungen angewandt hat. Diese Auslegung wurde in der Praxis sehr unterschiedlich gehandhabt. Hierfür wird künftig kein Raum bleiben.

Erweiterte Spielräume für Assistenten
Die Beschäftigung von Assistenten soll neu geregelt werden – und sieht bspw. vor, dass Assistenten künftig bspw. auch eingesetzt werden können, um Patienten bei Praxisschließungen „in der Nachbarschaft“ aufzufangen (§ 32 Absatz 4 Ärzte-ZV-E).

Auch soll das Problem der Vertretung angestellter Ärzte gelöst werden. Auch für sie können künftig unter bestimmten Bedingungen Assistenten und externe Vertreter eingesetzt werden.

Erleichterte Nachweise bei Verzicht auf die Zulassung zugunsten der Anstellung
Verzichtet ein:e Vertragsarzt:in künftig auf die Zulassung zugunsten der Anstellung gemäß des § 32b Absatz 3 Ärzte-ZV-E sind nur noch die Erklärungen des § 18 Absatz 2 Satz 2 Nummer 7 Ärzte-ZV-E (Drogen- und Trunksuchtserklärungen) abgegeben und eine Versicherungsbescheinigung vorgelegt werden.

Antragsverfahren beim ZA: transparenter & digital
Es sollen einheitliche Nachweispflichten im Rahmen des Antragsverfahrens und neue Vorgaben für Formulare geschaffen werden – die die jeweiligen KVen auf ihren Internetseiten zur Verfügung stellen sollen (§ 18 Ärzte-ZV-E). Dies dürfte die KV-spezifisch sehr uneinheitlichen Verfahren vereinfachen und transparenter gestalten. Auch die Klarheit darüber, welche Unterlagen in welcher Form beigebracht werden müssen, ist sehr zu begrüßen, gibt es auch hier höchst unterschiedliche Handhabungen in der Praxis, die bislang einen immensen Abstimmungsauffand bei im Grunde simpelsten Verfahren hervorrufen. Dies betrifft insbesondere die Vorgaben für

  • § 4 Ärzte-ZV-E für die Arztregistereintragung und
  • § 18 Ärzte-ZV-E für die Zulassungsverfahren

Positiv hervorzuheben ist der Vorstoß bei Ärzten, die auf Ihre Zulassung zugunsten der Anstellung verzichten möchten, reduzierte Nachweispflichten im Rahmen des Antragsverfahren beim ZA vorzusehen – schließlich haben sie sehr viele der bislang geforderten Unterlagen bereits im Rahmen ihrer initialen Zulassung bereitgestellt. Hier wird unnötige Bürokratie abgebaut.

Klarheit hinsichtlich der beizubringenden polizeilichen Führungszeugnisse wird ebenfalls geschaffen: Diese müssen zum Zeitpunkt der Beschlussfassung durch den ZA vorliegen. Hier wurde gelegentlich wegen sehr langer Ausstellungsintervalle beim BfJ diskutiert, ob eine Zulassung/Genehmigung nicht auch unter der Auflage erteilt werden könne, dass das Zeugnis in nicht zu beanstandender Form bis zum Wirksamwerden der Zulassung / Genehmigung vorliege. Antragstellende werden künftig somit noch deutlicher auf die zügige Beantragung der Zeugnisse pochen müssen, um eine Vertagung des Antrags zu vermeiden. Personen, die die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzen, sowie Dritt-Staatsangehörige haben ein Europäisches Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde zu beantragen.

Insbesondere in Zulassungsverfahren wird der Grundsatz der Einreichung von Urschriften abgeschafft, was – in einigen KV-Bezirken mehr als in anderen – zu deutlich geringerem Aufwand bei der Antragstellung führen dürfte. Durch Festlegung der „Schriftform“ ist unter Einhaltung der Vorgaben nach § 36a SGB I auch die elektronische Form zulässig, aber nicht obligatorisch. Die Zulassungsbezirke können künftig auch durch Veröffentlichung im Internet bekanntgegeben werden (§ 11 Absatz 3 Ärzte-ZV-E).

Videokonferenzen möglich
Videokonferenzen sind bereits nach der aktuellen Ä-ZV zulässig, allerdings offiziell nur aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus anderen gewichtigen Gründen (§ 36 Absatz 3 Satz 1 Ärzte-ZV). Künftig sollen Zulassungsausschüsse ihre Sitzungen weiterhin per Video (oder hybrid) durchführen können – allerdings muss kein gewichtiger Grund mehr vorliegen. Auch genügt für die Entscheidung hierüber die einfache Stimmenmehrheit (§ 36 Absatz 3 Ärzte-ZV-E).

Gebührenerhöhung
Es ist eine Gebührenerhöhung um 10 % vorgesehen – die letzte Erhöhung wurde im Dezember 2006 verabschiedet.

Fazit

Die geplante Reform der Ärzte-ZV ist ohne Zweifel überfällig und adressiert zentrale Schwachstellen des bestehenden Regelwerks. Der Verordnungsgeber setzt dabei konsequent auf Digitalisierung und Strukturierung: Insbesondere die Einführung eines vollständig elektronischen Arztregisters sowie die Möglichkeit zur digitalen Antragstellung verspricht endlich das vielzitierte Ende der Papierflut.

Ob die Reform damit jedoch tatsächlich zu praxistauglicheren und anwenderfreundlichen Lösungen führt, bleibt abzuwarten. Zweifellos positiv zu bewerten ist die gesteigerte Flexibilität im Bereich der Vertretungen und bei der Beschäftigung von Assistent:innen. Die verlängerten Fristen kommen der Lebensrealität der Praxisinhaber:innen entgegen. Allerdings bergen die neuen Möglichkeiten auch die Gefahr einer weitgehend unübersichtlichen Vertretungslandschaft, die nicht nur erhöhte Beratungsnotwendigkeit, sondern auch rechtliche Angreifbarkeit mit sich bringt.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten: Die Reform ist ein notwendiger und mutiger Schritt nach vorne, sie wirft aber neue – und keineswegs nur theoretische – Umsetzungsfragen auf, die den Beratungsbedarf in der Praxis spürbar erhöhen werden. Spannend wird insofern insbesondere die Umsetzung der neuen Vorgaben durch die Kassenärztlichen Vereinigungen.

Wie geht es weiter?

Die Ausführungen beziehen sich auf den Referentenentwurf vom 9. Juli 2025. Der Entwurf befindet sich derzeit in der Verbändeanhörung; die Frist zur Stellungnahme endet am 15. August 2025. Die Verordnungskompetenz ergibt sich aus § 98 SGB V; es handelt sich somit um eine Rechtsverordnung des Bundes, nicht um ein formelles Gesetz. Die Ärzte-ZV wird deshalb nicht vom Deutschen Bundestag beschlossen, sondern von der Bundesregierung bzw. dem zuständigen Bundesminister.

Da weitestgehend die Maßgaben für Gesetzgebungsverfahren gelten, ist der Entwurf nach der Ressortabstimmung und einem Kabinettsbeschluss dem Bundesrat zuzuleiten (§ 64 Abs. 1 GGO). Nach dessen Zustimmung erfolgt die Verkündung der geänderten Ärzte-ZV im Bundesgesetzblatt.

Nach unserer Einschätzung dürften die Neuregelungen weitgehend unstrittig sein. Einzelne Punkte – bspw. zum Inhalt des Arztregisters – werden sicherlich für Aufsehen sorgen. Im Rahmen der Verbändeanhörung ist daher mit kritischen Stellungnahmen zu rechnen, und es ist möglich, dass das BMG noch Änderungen vornimmt. Dennoch ist mit einer Verkündung der neuen Ärzte-ZV noch in diesem Jahr zu rechnen.

Autoren: Kathleen Munstermann-Senff, LL.M. (Medizinrecht), Dr. Martin Jäger; Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing

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