Branchenmeldungen 29.01.2021
Digitale KFO: „Wir sehen deutliche Entwicklungspotenziale“
Seit Ende 2020 kooperiert die do digital orthodontics GmbH & Co. KG mit Straumann. KN sprach mit do-Geschäftsführer Dirk Wolter über die Digitalisierung in der Kieferorthopädie.
Wie würden Sie den heutigen Stand der Digitalisierung in der Kieferorthopädie einschätzen?
Der eingeschlagene Weg hin zu mehr Digitalisierung in der Kieferorthopädie ist vollkommen richtig. Die tägliche Praxis zeigt jedoch, dass vielfach noch wesentlich mehr Unterstützung notwendig ist, um den „digitalen Schalter“ umzulegen. Speziell in der Alignertherapie sehen wir deutliche Entwicklungspotenziale. Sei es die digitale Behandlungsplanung oder die Substitution physischer Modelle durch digitale Scans – die heutigen Möglichkeiten sind vielfältig und bieten für Ärzte ebenso wie für Patienten Vorteile.
Auch die Kostenseite ist interessant, vor allem dann, wenn Arbeitsschritte durch die Digitalisierung effizienter werden. Beispiele hierfür reichen von der digitalen Sprechstunde über die Simulation von Behandlungsergebnissen, einer optimierten Vernetzung mit Praxis- oder Zentrallaboren bis hin zum Patienten-Monitoringsystem. Schon heute ist ein Digitalisierungsgrad möglich, der das Arbeiten effizienter gestaltet. Dennoch ist die Geschwindigkeitsrate moderat, was teils auf eine gemäßigte Adoptionsbereitschaft zurückzuführen ist, aber auch auf marktregulierende Effekte, wie mangelnde Kostenerstattungen und Förderanreize für digitale Systeme. Ebenfalls ein Thema ist die oft fehlende Unterstützung.
Deshalb haben wir den Anspruch, unsere Kunden ganzheitlich zu betreuen und ein Ansprechpartner für verschiedene digitale Behandlungsoptionen und Systeme zu sein.
Großes Entwicklungspotenzial innerhalb des digitalen Praxis- und Laborworkflows sehen wir in den Bereichen 3D-Röntgen und Intraoralscanner, um durch gezielte Datenüberlagerungen verbesserte digitale Behandlungen zu ermöglichen. Besonders attraktiv für Patienten ist die digitale Behandlungsplanung und -betreuung. Veränderte Ansprüche der Verbraucher zeigen sich auch in der KFO. Trends, wie wir sie aus dem Fitnessbereich kennen, etablieren sich zunehmend im Gesundheitswesen. Patientenmonitoring- oder Virtual Care-Lösungen passen zu diesen Entwicklungen und ermöglichen eine professionelle Alignerbehandlung, die aus der Ferne überwacht werden kann.
Sie kooperieren mit der Straumann Group und unterstützen Kieferorthopäden beim Übergang von der analogen zur digitalen Behandlung. Inwieweit ist Ihr Unternehmen deren Ansprechpartner?
Diese Zusammenarbeit bietet viele Synergien und ein breites Kompetenzspektrum. Als eigenständiges Unternehmen stehen wir mit do digital orthodontics für die Betreuung von Kieferorthopäden in Deutschland und Österreich. Dabei bauen wir auf eine langjährige Expertise rund um die Digitalisierung. Für Straumann in Basel war ich Teil der digitalen Business Unit und somit an der Akquisition der Firma ClearCorrect Inc. sowie der Investition in das Unternehmen Dental Monitoring beteiligt. Dieses Know-how haben wir mit do effektiv gebündelt und können Kieferorthopäden ein komplettes digitales Ökosystem aus einer Hand liefern.
Wir beraten und begleiten die Praxen bei der Umsetzung digitaler Lösungen – damit sind wir Ansprechpartner für die gesamte Bandbreite im digitalen Praxis- und Laborworkflow. Der enge Draht zur Industrie ist dabei ein Garant für eine hohe Effizienz und Wirtschaftlichkeit in der KFO. Wir machen digitale Systeme in der Fläche zugänglich, während viele Ansätze noch als Insellösung daherkommen.
Welche Vorteile ergeben sich daraus für die KFO-Praxen und Fachlabore?
Wir bündeln eine große Bandbreite an digitalen Behandlungsoptionen und Systemen in der Kieferorthopädie. Das ermöglicht kurze Wege und ein Plus an Service- und Betreuungsleistungen, da wir auch bei der Umsetzung und klinischen Fragestellungen im Praxisalltag unterstützen. Momentan umfasst das Portfolio neben der Alignerbehandlung mit ClearCorrect™ den Telemonitoring-Dienst DenToGo™ sowie CARES® 3D-Drucker und innovative Scannerlösungen von 3Shape®.
Als bekanntermaßen ebenso verlässlicher wie innovativer Lösungsanbieter in der Zahnmedizin treibt Straumann aktuell die Integration komplementärer Behandlungs- und Dienstleistungsansätze in der Kieferorthopädie massiv voran. Das technische Know-how und die Fertigungstiefe innerhalb der Gruppe sind hoch. Ob 3D-Drucker, Scanner oder Alignerangebote für die Produktion im eigenen Labor – unser Portfolio für KFO-Praxislabore ist umfassend. Erste Teststellungen sind für die zweite Hälfte des Jahres vorgesehen. Ergänzend hierzu bauen wir den Bereich rund um Weiterbildungen und Schulungen kontinuierlich aus.
Wie weit wird die Digitalisierung der Kieferorthopädie Ihrer Meinung nach in fünf oder zehn Jahren fortgeschritten sein?
Wir könnten schon einige Schritte weiter sein, denn der heutige Technologiestand lässt mehr zu als bisher im Praxisalltag integriert ist. Das liegt aber keineswegs an den Kieferorthopäden, sondern ist eher als strukturelles Problem zu verstehen. Gerade deshalb setzen wir auf ganzheitliche Lösungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Praxen, eine transparente Informationspolitik rund um digitale Gesundheitssysteme und eine verbesserte Benutzerfreundlichkeit. Unser Ziel ist es, Prozesse mit digitalen Lösungen nachhaltig zu optimieren und somit effizienter zu machen, um eine Erhöhung der Diagnostik- und Behandlungsplanungsqualität zu erreichen. Wir sehen uns in der Verantwortung, Kieferorthopäden auf diesem Weg vom analogen zum digitalen Praxisalltag zu begleiten. In zehn Jahren werden wir sicherlich über multidisziplinäre Diagnostik- und Behandlungsmöglichkeiten verfügen, die „Big Data“- und KI-gestützt auf die individuellen Anforderungen der Kieferorthopäden und Patienten zugeschnitten sind. Der 3D-Druck wird zum Standard zählen und verschiedenste Materialeigenschaften mit der notwendigen Biokompatibilität kombinieren, womit ein erweitertes digitales Behandlungsspektrum möglich wird. Der Austausch zwischen Kieferorthopäden und der Industrie ist ganz maßgeblich, um die Weichen in Richtung Innovation zu stellen. Auch daran arbeiten wir intensiv.
Wird sich das Berufsbild des Fachzahnarztes für Kieferorthopädie wandeln bzw. wo sehen Sie hier die Grenzen der Digitalisierung?
Wir können heute davon ausgehen, dass immer mehr Patienten die Möglichkeit wahrnehmen werden, eigene Behandlungserfolge digital zu überwachen. So wie heute bereits eine ganze Reihe von Vitaldaten ganz selbstverständlich aufgezeichnet werden. Dieser Trend steht für ein Gesundheitswesen, das sich verbraucher- bzw. patientenorientierter ausrichtet. Die persönliche Bestimmung führt zur Verbesserung der Lebensqualität und macht die digitale Gesundheitsfürsorge für Patienten so bedeutsam. Was letztendlich zu mehr Behandlungstreue führt und den Kompetenzrahmen der Kieferorthopäden stärkt, denn deren Fachkenntnisse und qualifizierte Behandlung sind nicht ersetzbar. Entsprechend wird das Berufsbild des Kieferorthopäden künftig digitaler, aber auch persönlicher sein. Aus unserer Sicht ist das eine für alle Beteiligten vielversprechende Perspektive.
Dieser Beitrag ist in KN Kieferorthopädie Nachrichten erschienen.
Foto Teaserbild: do digital orthodontics