Branchenmeldungen 10.12.2020
Online-Erfahrungsaustausch zur digitalen Kieferorthopädie
Weltweit 1.200 Teilnehmer folgten Ende November 2020 den Ausführungen internationaler Experten beim 1. Online Symposium von FORESTADENT. An zwei Tagen informierten diese intensiv, kompakt und praxisnah über digitale Prozesse modernster Kieferorthopädie. Sie gewährten Einblick in ihre umfangreichen klinischen Erfahrungsschätze und gaben Tipps und Tricks aus dem Behandlungsalltag an ihre Kollegen weiter.
Diese Online-Premiere ist definitiv geglückt. Zum ersten Mal veranstaltete FORESTADENT ein internationales Symposium komplett digital, und das mit großem Erfolg. Rund 1.200 Teilnehmer hatten sich rund um den Globus für das neue Fortbildungsformat registriert, welches am 20. und 21. November 2020 stattfand. Am Bildschirm folgten sie gebannt den äußerst praxisnahen und mit persönlichen Erfahrungen und wertvollen Tipps versehenen Ausführen zehn namhafter Experten zur „Digitalen Kieferorthopädie“.
Digitale Kieferorthopädie – heute und morgen
Nach einer kurzen Begrüßung durch FORESTADENT Geschäftsführer Stefan Förster stimmte Prof. Dr. Ravindra Nanda (USA) die Zuschauer gleich auf den thematischen Fokus dieses Online-Events ein. „Digital Orthodontics: State of the Art and Future“ lautete der Titel seines Vortrags, in dem er einen Überblick gab, welche digitalen Workflows heute in der KFO zur Anwendung kommen. Anhand aktueller Studien sowie klinischer Beispiele ging Professor Nanda dabei u. a. auf die Individualisierung von Apparaturen, mittels CAD/CAM-Verfahren umgesetzte metallgedruckte Behandlungsgeräte oder die dreidimensionale, DVT-basierende virtuelle Therapieplanung und Fertigung chirurgischer Splints ein. Zudem wagte der Referent einen verheißungsvollen Blick in die digitale Zukunft.
Breite Palette an Einsatzmöglichkeiten gezeigt
Dass auch einfache Fälle stets so zu planen sind, als wären diese komplex, verdeutlichte Dr. Eugen Moskalenko (Venezuela). Mithilfe zahlreicher Patientenbeispiele stellte er verschiedene Optionen des digitalen Workflows vor, wie sie in seiner Praxis zur Anwendung kommen. Aus Kolumbien zugeschaltet war Dr. Patrick Borbely. Er zeigte, wie erwachsene Patienten mit Gesichtsasymmetrie und lateraler Unterkieferabweichung infolge einer kondylären Hyperplasie mithilfe eines nichtchirurgischen Therapieansatzes (Multiloop Edgewise Archwire in Kombination mit Minischrauben) erfolgreich behandelt werden können. Dabei ging er insbesondere auf die Kontrolle von Okklusionsebene und Veränderungen der craniomandibulären Verhältnisse ein und stellte heraus, wie wichtig es hierbei sei, nicht nur sagittal, sondern vor allem vertikal zu denken.
Welche Vorteile mit dem Einsatz virtuell geplanter und 3D-gedruckter Schablonen für das Inserieren palatinaler Minischrauben verbunden sind, verdeutlichte Dr. Giorgio Iodice (Italien), während Dr. Silvana Allegrini (Brasilien) Empfehlungen gab, wie digitale Technologien die Anwendung der lingualen Behandlungstechnik vereinfachen können. Das Erfolgsgeheimnis sei hierbei, spezifische Techniken miteinander zu kombinieren und zum richtigen Zeitpunkt der Behandlung einzusetzen.
„Verändert die digitale Kieferorthopädie die Art und Weise, wie wir uns um unsere Patienten kümmern?“ Dieser Frage widmete sich Dr. Lars Christensen (Großbritannien). Dabei nahm er die Teilnehmer an den Bildschirmen mit auf eine kritisch hinterfragende Reise durch die heutigen digitalen Möglichkeiten. Von virtuellen Konsultationen, Behandlungskontrollen via Smartphone über den Einsatz von Intraoralscannern oder 3D-Druckern, der digitalen Planung und Fertigung individualisierter Behandlungsapparaturen bis hin zu metall- oder PEEK-gedruckten Therapiegeräten. Digitale Techniken können nützlich für den kieferorthopädischen Alltag sein, so Dr. Christensen resümierend. In welchem Ausmaß diese jedoch in der eigenen Praxis zur Anwendung kommen, hängt neben finanziellen Aspekten u. a. auch von der Bereitschaft jedes einzelnen ab, die entsprechend benötigte Zeit dafür zu investieren.
Digitaler Workflow Praxis – Labor
Wie der digitale Alltag aus der Perspektive eines Dentallabors aussehen kann, veranschaulichte Stefano Negrini (Italien). Dabei präsentierte der Zahntechniker und Laborinhaber z. B. diverse Beispiele digital umgesetzter Behandlungsapparaturen, chirurgischer Schablonen, Transfertrays etc. und erläuterte die entsprechende Zusammenarbeit zwischen Arzt und Techniker. Er verwies dabei auf die Bedeutung entsprechender Zertifizierungen, die Gewährleistung der Datensicherheit oder sein Bemühen, möglichst umweltfreundlich (Einsatz biokompatibler Materialien) zu arbeiten.
Für Dr. Carlos Becerra (Chile) beginnt ein optimaler digitaler Workflow stets mit dem Intraoralscan. Dieser stelle die Basis für den Einsatz verschiedenster digitaler Diagnose- und Behandlungsplanungstools dar. Welche in seiner kieferorthopädischen Praxis hier zur Anwendung kommen, erläuterte er beispielhaft und detailliert. Egal, ob digitales Set-up, virtuelles Artikulator-Mounting, Matchen von STL- und DVT-Daten zur Wurzelkontrolle oder die virtuelle Insertion von Minischrauben – das A und O sei für ihn dabei der Support der entsprechenden Software- und Geräteanbieter.
Kein Ersatz elementarer Fertigkeiten und Fähigkeiten
„Die Digitalisierung ist Teil unseres Praxisalltags, in jeder Hinsicht“, attestierte Dr. Elie Amm (Libanon), doch dürfe man sich dabei nicht blind auf die neuen Technologien verlassen. Auch wenn die Digitalisierung geltende Normen beeinflusse und verändere, sind nach wie vor die grundlegenden manuellen Fertigkeiten und Fähigkeiten des Behandlers gefragt. So sollte die digitale Kieferorthopädie nur ein hilfreiches Werkzeug, jedoch kein „Glaubensbekenntnis“ sein.
Mit einem ebenfalls sehr interessanten Vortrag endete dieses 1. Online Symposium. Dieser wurde von Prof. Dr. Carlos Flores-Mir (Kanada) gehalten und stellte die Clear-Aligner-Technologie in den Fokus – und zwar aus Sicht der Patienten (Wahrnehmung und Einstellung) sowie Behandler (Verständnis von mehr oder weniger vorhersehbaren Zahnbewegungsarten). Anhand aktueller Literatur sowie teils noch unveröffentlichter Studienergebnisse gab Professor Flores-Mir einen Überblick über Möglichkeiten und Grenzen der Alignerbehandlung im Vergleich zur festsitzenden Therapie und ging dabei u. a. auf Aspekte wie Patientenzufriedenheit, Wurzelresorptionen, Schmerzwahrnehmung oder White Spots ein.
Dieser Beitrag ist in KN Kieferorthopädie Nachrichten erschienen.
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