Branchenmeldungen 26.04.2023
EPD-Start: Mit Mehraufwänden die Digitalisierung vorantreiben
Mehraufwand, Mehrkosten und dennoch breite Unterstützung für die Digitalisierung: Immer mehr Gesundheitsfachpersonen nutzen das elektronische Patientendossier (EPD). Kritik wird jedoch insbesondere an drei Punkten laut: an der Finanzierung der EPD- Einführung, der Einführung der Schnittstellen und der Benutzerfreundlichkeit. Das erste Element ist bereits Teil der Revision des Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier (EPDG). Weiterhin wird aber das Potenzial von eHealth vonseiten Bevölkerung und Gesundheitsfachpersonen erkannt. Dies zeigt das Swiss eHealth Barometer, das knapp 1'800 Gesundheitsfachpersonen und rund 1'900 Personen der Schweizer Bevölkerung befragt hat. Die Studie wurde im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit (BAG) durchgeführt.
Seit dem Obligatorium zur Einführung des elektronischen Patientendossiers (EPD) für gewisse Gesundheitsfachpersonen nutzen immer mehr Personen ein EPD – jedoch wird auch gleich Kritik laut: Das EPD führt zu Mehraufwand, zu Mehrkosten und bringt wenig zusätzlichen Nutzen. Insbesondere IT-Verantwortliche von Spitälern und Alters- und Pflegeheimen äussern diesen Unmut. Dies zeigt die Studie Swiss eHealth Barometer 2023. Trotz dieser Kritik am EPD zeigt sich in der Studie auch: Die Digitalisierung im Gesundheitswesen insgesamt und auch das EPD im Spezifischen findet relativ breite Unterstützung – bei Gesundheitsfachpersonen und bei der Bevölkerung.
Digitalisierung stösst auf positive Resonanz
Bereits heute nutzen zwischen 80 und 95 Prozent der befragten Gesundheitsfachpersonen ein elektronisches System für ihre Daten. Sie geben mehrheitlich an, dass die Digitalisierung im Gesundheitswesen (kurz: eHealth) mittleres bis sehr grosses Potenzial für ihre Arbeit und ihr Arbeitsumfeld bringt. An die bereits erfolgte Digitalisierung muss der nächste Schritt 2 anschliessen – und hierbei stossen Gesundheitsfachpersonen auf Probleme: Damit das EPD im Praxisalltag einen effektiven Mehrwert bringt, muss das EPD über eine Schnittstelle in die Informationssysteme integriert werden. Das heisst, die jetzigen Systeme brauchen eine Anpassung. Dies bedeutet Aufwand in Zeit und Geld. Dieser Mehrnutzen fehlt aktuell noch. Anna Jörger von CURAVIVA ergänzt: «Aktuell sind die Möglichkeiten des EPD noch sehr basal. Wir hoffen, dass es zukünftig auch mehr Nutzen für unsere Bedürfnisse bringt.» Konkrete Bedürfnisse wirft Esther Bättig von Spitex Schweiz direkt ein: «Die Studie zeigt, dass eine Weiterentwicklung der Integration von e-Medikation oder anderen Zusatzdiensten für unsere Spitex-Mitarbeiter:innen sehr gewünscht ist». eHealth Suisse kommentiert dazu, dass solche Weiterentwicklungen bereits in Planung sind: Noch dieses Jahr kommen mit dem Impfausweis im EPD als erste strukturierte und dynamische Daten ins EPD. 2024 folgt der Medikationsplan. Und noch weitere strukturierte Daten werden folgen.
Was zum Erfolg des EPD fehlt
Für die befragten Gesundheitsfachpersonen gibt es insbesondere eine Weiterentwicklung, die als Nächstes angegangen werden sollte, um das EPD in die Zukunft zu führen: eine klare Aufgaben- und Kompetenzaufteilung sowie eine Sicherstellung der Finanzierung des EPD durch Bund und Kantone. Die Herausforderungen somit sind bekannt. Mit der Revision des EPDG wird diese bereits aufgegriffen: Es sollen die Rollen zwischen Bund und Kantonen klar geregelt und die nachhaltige Finanzierung des EPD sichergestellt werden. Reinhold Sojer von FMH sagt: «Insbesondere bei ambulant tätigen Ärzt:innen, die etwas älter und seit der Pandemie insgesamt sehr stark belastet sind, würden mit der EPD-Einführung Mehrkosten und Mehraufwand anfallen.» Generell zeigt das eHealth Barometer 2023, das EPD stösst auf sehr viel mehr Interesse bei Jüngeren als bei Älteren. Ältere Gesundheitsfachpersonen sowie ältere Personen in der Bevölkerung sind unsicher, ob sie die benötigten digitalen Kompetenzen mitbringen. Konkret sollte das EPD für die Nutzung sowie beim Identifikationsprozess der Patient:in vereinfacht werden. Mit einer generellen Vereinfachung in diesen Aspekten stehen die Chancen für den Erfolg höher – und es kann auch ältere Personen motivieren.
Bevölkerung unterstützt EPD
Grundsätzlich stösst das EPD in der Bevölkerung auf positives Echo. Eine Mehrheit von 58 Prozent der Schweizer Bevölkerung findet das EPD eine sehr oder eher gute Sache. Gerade einmal 11 Prozent sind gegenteiliger Meinung. Viele haben auch keine Einschätzung abgeben können, was auch daran liegt, dass noch sehr wenige Personen als Patient:innen ein EPD führen. Rund 40 Prozent würden indes ein EPD eröffnen – insbesondere, wenn sie das EPD bei ihrem Hausarzt oder bei ihrer Hausärztin eröffnen könnten. Rund ein Viertel der Bevölkerung spricht sich aktuell gegen ein EPD aus. Gemäss der Bevölkerung sprechen vor allem für die Eröffnung eines EPD, dass es im Notfall genutzt werden kann, dass Behandlungsinformationen verfügbar sind und Behandlungsfehler vermieden werden können. Das Potenzial des EPD ist der Bevölkerung und den Gesundheitsfachpersonen bewusst. Jetzt gilt es, dieses Potenzial – trotz aktuellem Leidensdruck – auszuschöpfen.
Quelle: FMH Swiss Medical Association