Branchenmeldungen 08.03.2013
Erfolgreicher Bundeskongress des Verbandes medizinischer Fachberufe
Gesundheit selbst erleben und mit
Empathie auf die Gesundheit oder Erkrankung der Patienten eingehen –
beide Seiten dieser Medaille standen im Mittelpunkt des 26. Bundeskongresses
des Verbandes medizinischer Fachberufe e.V.
Rund 750 Medizinische, Zahnmedizinische
und Tiermedizinische Fachangestellte sowie
Zahntechniker/innen waren am ersten März-Wochenende ins Kongresszentrum
Westfalenhallen nach Dortmund gereist, um drei Tage lang praxisnahe Informationen
für ihren Berufsalltag zu erhalten und Erfahrungen auszutauschen.
Dem Kongressmotto „Gesundheit
(er)leben“ widmete sich am Freitagnachmittag Prof. Stefan Wilm.
Der Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf beschäftigte sich in seinem Referat mit dem Konflikt
zwischen Fürsorgeauftrag, Patientenautonomie und
gesellschaftlicher Teilhabe. „Praxisteams stehen im Spannungsfeld zwischen gesetzlichen
Vorgaben, medizinischen Leitlinien, Qualitätsmanagement,
Budgetierung und Patientenautonomie“, so Prof. Wilm. „Während das
Praxisteam Krankheiten – also primäre biologische und/oder
psychophysiologische Fehlfunktionen oder Fehlanpassungen von Organen oder
Systemen – in Begriffen medizinischer Theorie definiert, wird Krank-Sein beim
Patienten durch seine Wahrnehmung, sein Erleben und den
Umgang mit der eigenen Krankheit empfunden. Deshalb sei es wichtig, wenn
sich eine Patient-Team-Beziehung im Sprechen, Verstehen, Handeln,
Reflektieren und Wahrnehmen sowie Anerkennen der jeweiligen Kompetenzen
vollziehe.
Gefahren für die Professionen im
Gesundheitswesen sieht Prof. Wilm in der Demontage des Arztberufes und der
Praxisteams. Diese geschehe nicht nur durch Nicht-Ärzte und die
Gesellschaft, sondern auch durch die Ärzteschaft und die Praxisteams
selbst. So sehe er die Individuellen Gesundheitsleistungen als sehr
kritisch: „Kranksein ist keine Ware, der Patient ist kein Kunde. Wir begegnen
dem Patienten in seiner existentiellen Verwundbarkeit und in
seinem Leiden“. Zudem müsse die Fokussierung nicht auf die Behandlung
von Krankheiten, sondern auf die Begleitung von kranken Menschen gelegt
werden.
„Die Ursachen für diese Entwicklung
liegen zum Teil in der Ausbildung bzw. den Studieninhalten“, ergänzt
die Präsidentin des Verbandes medizinischer Fachberufe e.V., Sabine
Ridder. „Die Fokussierung in Studium und Ausbildung auf die
pathologischen Prozesse und deren Diagnostik und Therapie sowie die
Abgrenzung der medizinischen Fachrichtungen verstärken das Dilemma.
So verliert sich das Praxisteam sehr häufig im schulmedizinischen
Paradigma der Pathogenese. In vielen unserer Seminare beim Bundeskongress
stand deshalb eine andere Sicht im Mittelpunkt: Patienten sollen durch
Behandlung und Begleitung durch die Praxisteams in die Lage versetzt
werden, ihre Ressourcen zu erkennen und zu stärken und sich so aktiv am
Gesundungsprozess zu beteiligen. Für uns Gesundheitsberufe heißt das, wir
müssen unseren Blick von der reinen Krankenversorgung loslösen. Dafür
sind eine salutogenetische Orientierung, das Überdenken der
eigenen Rolle und der Beziehung zum Patienten notwendig.“
Referenten und Teilnehmer/innen
diskutierten in verschiedenen Seminaren unter anderem die Grundelemente
einer erfolgreichen Kommunikation. Positive Wertschätzung gegenüber den
Patienten, einfühlsames Verstehen, Wahrhaftigkeit gegenüber den Patienten
und Verschwiegenheit, die einen geschützten Rahmen und Vertrauen
schafft, gehören dazu. Ebenso wurden Möglichkeiten besprochen, sicher mit
traumatisierten Patienten umzugehen. Hier spielt das Entdecken,
Bewusstwerden und Nutzen von unterschiedlichen Ressourcen beim
Patienten eine ganz entscheidende Rolle.
„Gleichzeitig war es uns bei diesem
Kongress wichtig, den Blick auf die eigenen Ressourcen zu lenken“, so
Sabine Ridder weiter: „Die Teilnehmer/innen haben bei Dr. Peter
Schröder gelernt, das eigene Schatzbuch zu schreiben und bei Ute
Kappes der Achtsamkeit sich selbst gegenüber mehr Raum gegeben.“
Dieser Grundgedanke sei sehr gut
angekommen und habe den Verband medizinischer Fachberufe e.V. bestärkt,
die Thematik in Fachtagungen, Thementagen und bei
Bezirksstellenveranstaltungen zu vertiefen, auch in Kooperation mit ärztlichen Partnern
und anderen Gesundheitsfachberufen.
Quelle: Verband medizinischer Fachberufe e.V.