Branchenmeldungen 31.03.2022

Herausforderung: Generationen-Hotspot Zahnarztpraxis

Herausforderung: Generationen-Hotspot Zahnarztpraxis

Foto: rh2010 – stock.adobe.com

Es ist eine altbekannte Tradition: Zahnärzte gehen in den Ruhestand, verkaufen ihre Praxen oder suchen sich Investoren und Nachfolger. Dieser Wechsel der Führung und vor allem der Generationen, bringt nicht nur Chancen, sondern auch Herausforderungen mit sich. Wie gehen junge Zahnärzte damit am besten um?

Die Generation der Babyboomer, als Nachkriegsgeneration, steht für hohen Arbeitseinsatz, die Erarbeitung von Chancengleichheit sowie Arbeitswillen und Leistungsbereitschaft zur Erlangung nachhaltigen Wohlstands. Die Generation X, als Nachkommen der Babyboomer, ist wiederum geprägt von Wirtschaftskrisen, Arbeitslosigkeit, Niedriglohnjobs und einer sinkenden Wertigkeit der Arbeitsstelle. Die Ausgeglichenheit zwischen Arbeit und Familie rückt das erste Mal in den Vordergrund. Die darauffolgende, als „Millennials“ bezeichnete Generation Y dagegen, läutet eine völlig neue Zeit ein – die der Digitalisierung. Technische Affinität, Forderung und Förderung mobiler und flexibler Arbeits- und Lebenskonzepte sowie das Streben nach dem Überwinden alter Strukturen kennzeichnen diese, meisterforschteste Generation. Sie strebt nach Veränderung, hinterfragt alte Denkmuster und Strukturen und setzt sich für neue Führungskonzepte mit hoher Mitarbeitermotivation und Selbstbestimmung im Team, wie Agile und Servant Leadership, ein. Interessanterweise zeichnet sich die dann folgende Generation Z, die aktuell den Arbeitsmarkt betritt, durch völlig andere Charakteristika aus. Sie gilt als Generation der „Digital Natives“, bei denen die Grenzen zwischen digitalem und realem Leben verschwimmen. Arbeit gilt als Mittel zum Zweck und eine klare Trennung zwischen Beruf und Privatleben ist wieder deutlich erwünscht. Das eigene Wohlergehen sowie das Voranbringen von Projekten zu den Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz rücken immer mehr in den Fokus. Das berufliche Engagement sowie der optimistische Blick auf eine positive Zukunft stehen in dieser Generation dagegen eher hinten an.

Wirft man einen Blick in eine Zahnarztpraxis, wird schnell klar, dass all diese Generationen hier auf engstem Raum zusammenarbeiten, was, salopp gesagt, funktionieren muss, um den Patienten eine optimale Behandlung zu gewährleisten. Doch wie ist es, wenn die alten Strukturen aufgebrochen werden und junge Zahnärzte eine Praxis, inklusive Bestandspersonal, übernehmen? Jungzahnarzt Dr. Hannes Bothung aus Düsseldorf befindet sich aktuell in dieser Situation, kennt die Herausforderungen des Generationenkonfliktes bei einer Praxisübernahme und steht dazu Rede und Antwort.

Herr Dr. Bothung, was sind die Herausforderungen im Umgang mit den verschiedenen Generationen von Mitarbeitenden?

Die größte Herausforderung bei der Übernahme einer Praxis oder Führungsposition ist das Erarbeiten von gegenseitigem Respekt in kürzester Zeit sowie die Gleichbehandlung aller Angestellten. Hierbei spielen Wertschätzung, Erkennen von Qualitäten und Förderung ebendieser, wie auch die Aufrechterhaltung der Motivation, eine entscheidende Rolle. Bei Langzeitangestellten, die in die Chefrolle springen, sehen wir die Besonderheit, das meist freundschaftliche Verhältnis zu anderen Mitarbeitenden nicht zu verlieren, aber gleichzeitig Führungsqualitäten zu etablieren.

Welchen weiteren Hürden begegnen junge Zahnärzte im Praxisalltag?

Die Kombination von zahnärztlicher Behandlung, Personalführung und betriebswirtschaftlichem Handeln ist mit Abstand die größte Hürde. Man möchte in allen drei Themengebieten glänzen, darauf wird man aber im Studium und in der Assistenzzeit nicht wirklich vorbereitet. Dort liegt der Fokus oft „nur“ auf dem zahnärztlichen Handeln.

Welche Vorurteile sind gegenüber der jüngeren Generation zu erkennen?

Praxisinhaber, bei denen junge Zahnärzte miteinsteigen, sind häufig wenig empfänglich für Kritik, diese empfinden sie als direkten Angriff auf ihre Person und blocken Veränderungen daher schnell ab. Begründungen wie „mehr Lebenserfahrung“ lassen manche Mitarbeitenden und Führungskräfte der älteren Generationen den Blick auf essenzielle Veränderungen verlieren, was den Erfolg und Fortbestand der Praxis gefährden kann. Dies gilt aber natürlich nicht für alle. Viele Praxisinhaber akzeptieren neue Ideen und nehmen die Innovationen der nächsten Generationen von Zahnärztinnen und Zahnärzte gerne an, wie beispielsweise bei der Digitalisierung – angefangen beim digitalen Terminbuch bis hin zum Intraoralscan. Hier ist es einerseits also wichtig, die Bedenken und vielleicht auch Ängste der Mitarbeitenden wahr- und ernst zu nehmen, sich dabei aber nicht von seinen Ideen und Plänen abbringen oder in der eigenen Person verunsichern zu lassen. Verschiedene Studien zeigen, dass beispielsweise die Generation Z eine positive Arbeitsatmosphäre, gute WorkLife-Balance und moderne Führungskräfte schätzt. Ihre größten Antriebe sind Zufriedenheit und Spaß an der Arbeit. Auch die Generation Y stellt die gute Atmosphäre ganz oben an. Darauf folgen Wertschätzung und Abwechslung im Arbeitsalltag. Die Generation X dagegen wünscht sich mehr Mitbestimmung und eine positive Außenwirkung der Praxis.

Fazit

Die Herausforderung für Zahnärzte als frischgebackene Chefs besteht also darin, eine motivierende Arbeitsatmosphäre zu schaffen und allen Generationen gerecht zu werden, ohne den Blick auf das Wesentliche zu verlieren. Dies gelingt am besten, wenn sich Zahnärzte, die eine Praxis übernehmen, im Vorfeld explizit mit dem Thema der Personal- und Praxisführung befassen. Denn Führung beginnt immer bei der Strukturierung und Rollenklarheit der eigenen Person. Nur mit Selbstsicherheit, einem klaren Ziel und einem guten Selbstmanagement gelingt die erfolgreiche Führung einer Praxis. Dafür ist es von entscheidender Wichtigkeit, auch auf das Wissen und die Erfahrung der verschiedenen Generationen zu vertrauen, aufzubauen und ihren Ideen und Innovationen Raum zu geben.

Autorin: Sarah I. Rotterdam

Dieser Beitrag ist in der dentalfresh erschienen.

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