Branchenmeldungen 02.06.2023

Klaus-Kanter-Preisträger: „In der Zahntechnik fühle ich mich nützlich“



Klaus-Kanter-Preisträger: „In der Zahntechnik fühle ich mich nützlich“

Foto: privat; Nils Eric Koerner

Interview mit dem Preisträger des Klaus-Kanter-Preises

In der nationalen wie internationalen Fachwelt genießt der Klaus-Kanter-Förderpreis ein hohes Ansehen. In diesem Jahr wurde er im Rahmen der 40. Internationalen Dental-Schau an die Preisträger verliehen. Mit seiner Meisterarbeit sicherte sich der 26-jährige ZTM Nils Eric Koerner aus Teningen den „Oscar der Zahntechnik“. Die ZT-Redaktion sprach exklusiv mit dem jungen Talent über die Teilnahme am Wettbewerb und seine Inspiration für die Zahntechnik. 

Herr Koerner, herzlichen Glückwunsch zum 1. Platz. Sie scheinen ihren Traumjob gefunden zu haben. Was begeistert Sie tagtäglich am meisten an der Zahntechnik? 

Das habe ich in der Tat, ich empfinde den Beruf als sehr anspruchsvoll und belohnend. In der Zahntechnik fühle ich mich nützlich, jeden Abend weiß ich, wie vielen Patienten ich geholfen habe, auch wenn ich diese nicht immer sehe. Es gibt keine monatelangen Projekte, bei welchen nicht einmal klar ist, ob es überhaupt ein Ergebnis gibt. Spannend ist auch, dass nicht alles glatt läuft. Wenn ein Prozess nicht funktioniert, bringt mich das in dem Moment zwar ab und zu zur Verzweiflung, erst recht dann, wenn die Ursache nicht ersichtlich ist. Aber wenn, wie am Fließband, alles gleich und vorhersehbar wäre, könnte den Beruf ja jede/r ausüben. 

Woher kam die Motivation am bundesweiten Wettbewerb, dem Oscar der Zahntechnik, teilzunehmen? Sich in einem bundesweiten Kopf-an-Kopf-Rennen zu präsentieren, löst ja sicher ein bisschen Druck auf einen selbst aus. 

Zum Kanter-Wettbewerb werden von den Prüfungskommissionen der Meisterschulen die besten Arbeiten eingereicht. Für mich war es schon eine Ehre und ein Privileg überhaupt teilnehmen zu dürfen, ich hatte nicht damit gerechnet. Nach dem Druck, den wir alle während der Meisterprüfung empfanden, war das Warten auf die Entscheidung der Kanter- Stiftung aber vergleichsweise gemütlich. Auch wenn ich sehr ehrgeizig bin, habe ich hier keinen Druck empfunden, sondern es als Bonus wahrgenommen, bereits durch die Nominierung habe ich mich wie ein Gewinner gefühlt. Motivation und Ehrgeiz haben alle meine Meisterschul-Kollegen und Kolleginnen mitgebracht. Die Prüfung zu bestehen, vielleicht auch noch gut abzuschneiden, war damals mein hauptsächliches Ziel. Umso glücklicher war ich dann, als ich den Anruf des Stiftungspräsidenten, Prof. Dr. Lauer bekam. 

Gab es besondere Herausforderungen für Sie? 

Ich entschied mich nach einem Gesellenjahr die Meisterschule zu besuchen. Besondere Herausforderung war daher, dass ich noch nicht auf 10 Jahre Erfahrung zurückblicken konnte. Es gab oft Situationen, in denen ich Ratschläge von Kol­legen und Kolleginnen benötigte. Gerade in der Prothetischen Planung und auch in der Planung der Umsetzung ist Erfahrung eine sehr wichtige Komponente. Ich will damit auf keinen Fall für die erneute Einführung der 5 Gesellenjahre als Pflichtvoraussetzung plädieren, das passt nicht mehr zu den heutigen Umständen. Vielmehr ist die Herausforderung, mit anderen Fähigkeiten zu punkten und Schwächen zu kompensieren. 

Thema Support aus den eigenen Reihen: Welche Unterstützung haben Sie vonseiten Ihres Labors erfahren? 

Die größte Unterstützung war die Ausbildung und Erfahrung die mir in meinem Ausbildungsbetrieb Jürgen Rund Dentaltechnik zuteil wurde. Ich wurde stark gefördert, durfte während der Ausbildung am Gysi-Preis teilnehmen und schon früh Tätigkeiten ausüben, die noch nicht im Lehrplan für das erste oder zweite Lehrjahr enthalten waren. Ein weiterer Vorteil war der Schwerpunkt der Analogen Zahntechnik im Labor. Das klingt vielleicht widersprüchlich, aber ich denke, dass ich zum Beispiel durch das Erlernen der Aufwachstechnik auf einem sehr hohen Niveau, ein Handwerkliches Geschick entwickelte, welches mir ermöglichte, diese Leistung zu vollbringen. 

Sprechen wir noch kurz über die Arbeitswelt von morgen. Wie sehen Sie als junger Mensch in Zeiten des Fachkräftemangels und im Kontext von „new work“ die Zukunft der Zahntechnik? Ist der Beruf noch attraktiv für junge Menschen und wenn ja, warum? 

Auch wenn die Zahlen den Eindruck erwecken, der Beruf sei alles andere als attraktiv, bin ich fest vom Gegenteil überzeugt. Fachkräftemangel ist für junge Leute eine Chance und kein Risiko. Auch die Technische Entwicklung sehe ich als Potential. Die Digitale Zahntechnik und Konzepte wie Thin-Layer Verblendungen bieten die Möglichkeit, viel schneller zu guten Ergebnissen zu kommen als die Polychrome Schichttechnik. Problem ist vielmehr, dass die Zahntechnik wenig Aufmerksamkeit bekommt und oft die negativen Aspekte im Vordergrund stehen. Die Verantwortung sehe ich aber auch beim Handwerk, Aufmerksamkeit bekommt man nicht einfach, man muss sie sich erarbeiten. 

Digitalisierte Arbeitsabläufe, Künstliche Intelligenz, veränderte Auftragslage für Labore: Wie wird sich die Arbeit des Zahntechnikers verändern? 

Optimistisch betrachtet fallen die „stupiden“ Tätigkeiten weg. Durch digitale Fertigung reduziert sich die Konstruktionszeit und viele Arbeitsschritte fallen weg. Schauen wir uns ein aus Wachs modelliertes Chrom-Cobalt Gerüst an, welches Keramisch verblendet wird, im Vergleich zur Monolithischen Zirkonversorgung. Ich bin froh, wenn das Ausbetten, Abrichten der Gerüste und Opaquern wegfällt und ich da einspringe, wo ich nicht von Maschienen ersetzt werden kann. Am Patienten, bei der Gestaltung von Versorgungen, bei der Aufwertung von digital gefertigten Teilen. 

Pessimistisch betrachtet wird bald alles von KI designt, immer mehr Prozesse wandern aus dem Labor in die Praxis und ich bin nur noch zuständig für Reparaturen alter Prothesen. Zum Glück bin ich Optimist und denke, dass hochwertiger Zahnersatz nie ohne Zahntechnische Expertise funktionieren wird. 

Noch eine, letzte Frage, wenn ich diese stellen darf: Was machen Sie mit dem Preisgeld? 

Vom Preisgeld habe ich mir bereits ein Fahrrad gekauft, ein Mix aus Rennrad und Mountainbike. Den neuen SmileLine Katalog habe ich mir zwar auch angeschaut, aber die Entscheidung fiel mir dann doch leicht. 

Bei keiner anderen Erfindung ist das Nützliche mit dem Angenehmen so innig verbunden, wie beim Fahrrad. Bleiben Sie in Bewegung. Vielen Dank für das Gespräch. 

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