Branchenmeldungen 08.11.2012

Mit schönen Zähnen kann man alles tragen

Mit schönen Zähnen kann man alles tragen

Foto: © Johannes Eschmann

team@work.2020 – von Zukunftstechnologien und dem Prinzip Menschlichkeit. Ein Rückblick auf den Schweizer Zahntechnik-Kongress 2012 im Verkehrshaus Luzern.

Eine zukunftsgewandte und offene Haltung gegenüber moderner Technik und ein hohes Mass an Traditionsbewusstsein und althergebrachten Werten schliessen sich nicht aus. So könnte man den Kongress kurz zusammenfassen, der unter Beteiligung und Initiative von Camlog am 15. September 2012 stattgefunden hat. team@work.2020 war das Motto dieser Veranstaltung und somit war klar, dass es neben den Zukunftstechnologien auch um die Zusammenarbeit mit Zahnärzten, Partnern, Kollegen, Mitarbeitern etc. gehen wird. „Teams“ sind eben in unterschiedlichster Zusammensetzung anzutreffen – allen gemeinsam ist, dass eine funktionierende Zusammenarbeit für das Gesamtergebnis der Arbeit grösste Bedeutung hat. Dr. Alex Schär, Mitglied der Geschäftsleitung der Camlog Biotechnologies AG, Basel, begrüsste rund 200 Zahntechnikerinnen und Zahntechniker aus der gesamten Schweiz. Das Vortragsprogramm eröffnete Beat Kunz, teamwork media swiss, mit dem Thema: „2010: Kongress konventionell-virtuell – 2012: Was hat sich verändert?“. Veränderungen sind sowohl beim Zahnarzt (Wettbewerb untereinander, Marketing), beim Patienten (entscheidungsfreudiger, mobiler) als auch beim Zahntechniker (CAD/CAM, Ausbau der Kompetenzen) zu bemerken. Neben diesem Einstiegsreferat dankte Beat Kunz in seiner Funktion als Moderator den Patronatsträgern des Kongresses und den ausstellenden Firmen für ihre Beteiligung und Unterstützung.

© Johannes Eschmann

Zahntechnik: Status quo


Auch die Berufspolitik ist bei den Zahntechnikern ein Thema. Das „Branchenbild Zahntechnik“ wurde von Christian Hodler, Fürsprecher und Generalsekretär des VZLS (Verband Zahntechnischer Laboratorien der Schweiz), sehr präzise und anschaulich gezeichnet. Sein Streifzug durch die Branche war analytisch, klar und konnte Lösungswege zur Weiterentwicklung des zahntechnischen Unternehmertums aufzeigen. Dabei zog er einen Vergleich zur Gesamtwirtschaft. Dem „Quereinsteiger“ blieben die tarifären und wirtschaftlichen Sorgen seiner Verbandsmitglieder nicht verborgen. Die Lohnsituation, ein wichtiges Kriterium für den Nachwuchs, die Risiken der vielen Kleinbetriebe und die „Abhängigkeit“ vom Zahnarzt illustrierte er deutlich. Dazu passte auch sein Zitat: „Wenn ein Zahnarzt in Pension geht, reisst er seinen Zahntechniker in den Abgrund.“ Mit einem Strategiepapier 2012–2015 zeigt der VZLS Wege in die Zukunft. Dazu braucht es aber auch das Engagement derjenigen Labore, die bis heute glauben, die Zukunft ohne einen starken Verband im Hintergrund meistern zu können.

Digitaler Workflow in der Praxis


Fachlich spannend wurde es bei dem Vortrag von PD Dr. Florian Beuer und Josef Schweiger „Der digitale Team-Workflow in der täglichen Praxis“. Die beiden Referenten arbeiten an der Ludwig-Maximilians-Universität München und managen dort ihren Alltag mit nicht weniger als 14 CAD/CAM-Systemen. Individuelle, CAD/CAM-gefertigte Abutments weisen gegenüber konfektionierten und angussfähigen Abutments viele Vorteile auf. Die präferierte Variante der Münchner ist ein zweiteiliges, verklebtes Abutment, bestehend aus einer Titanbasis und einem Zirkonoxidaufbau. Die „akademische Diskussion“ um die Klebefuge hat für die Praxis keine Bedeutung. Im zweiten Teil ihres Vortrages gingen sie näher auf das „Münchner Implantatkonzept“ und die „digitale Verblendung“ (Sinterverbundtechnologie, sog. CAD-on-Technik) ein.

Die neue Generation Zahntechniker

Dipl.-Ing. Michael Tholey, DE-Bad Säckingen, „Farben, Brennen, Chipping“, und Dipl.-Ing. Bogna Stawarczyk, Zürich, „Alles eine Frage des Materials“, tauchten tief in die Welt der Werkstoffkunde ein und konnten dabei viele praktische Tipps im Umgang mit Zirkoniumdioxid, Verblendkeramiken, PMMA und CAD/CAM-Kunststoff geben.

Handwerk, richtiges Handwerk

„Das, was ich Ihnen heute zeige, ist Handwerk, richtiges Handwerk“, eröffnete ZTM Andreas Nolte, DE-Münster, sein Referat. Dies tat der Zahntechniker-Seele gut und brachte seine Überzeugung auf den Punkt. Ästhetik ist nicht auf Knopfdruck reproduzierbar, sondern erfordert fleissige Arbeit am und mit dem Patienten, Einfühlungsvermögen, eine gründliche Analyse und Planung sowie ein geschultes Auge. „Low-Tech“ nennt dies der Münsteraner, obgleich auch er sich in der zahntechnischen Umsetzung oft computergestützter Verfahren bedient. Aber sie sind kein Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck. Seine Marke ist schöne Keramik, realisiert in funktionellen Restaurationen, ob in Form von Non-Prep-Veneers, die er „Enamels“ nennt, oder bei Implantatrekonstruktionen, für die er klare Empfehlungen geben kann, in welchen Fällen diese verschraubt, zementiert oder als Kombination aus beidem angewendet werden sollte. Sein Credo: „Mit schönen Zähnen kann man alles tragen“, stellte er in vielen Fallbeispielen unter Beweis. Zum Schluss motivierte er die Zuhörer: Fotografieren Sie! Die Kamera ist der beste Lehrmeister. Wer die Fotos von Andreas Nolte gesehen hat, weiss, wovon der Handwerker und Ästhet spricht. Einfach gut!

Die digitale Revolution

Die zahnmedizinische Abformung ist eine mitunter für Arzt und Patient nervenaufreibende Angelegenheit. „Scannen oder Abformen?“ war daher die Frage für PD Dr. Irena Sailer und ZTM Vincent Fehmer, ZZM Zürich. Mit dem Zitat: „Eine neue Idee wird belächelt in der ersten Phase, bekämpft in der zweiten Phase und in der dritten Phase waren alle schon immer begeistert davon“, zogen sie die Aufmerksamkeit auf sich. Sie mussten jedoch auch eingestehen, dass Wunsch und Wirklichkeit sich nicht immer decken und die optische Abformung einzelner Quadranten sehr gut funktioniert, ganze Kiefer jedoch problematisch sind. Dazu kommt, dass die wirtschaftliche Rechtfertigung noch nicht gegeben sei und noch weitere limitierende Faktoren, wie zum Beispiel die Oberflächenqualität stereolithografisch gefertigter Modelle, eine Rolle spielen.

Wo liegt das Potenzial der Zukunft?

ZTM Ralph Riquier, DE-Remchingen behandelte das Thema „Digitale Zukunftsprognosen“ praxisnah und visionär zugleich, wobei ihm wichtig war ,„nicht zu weit nach vorne zu gehen“, sondern seine Argumente auf Tatsachen aufzubauen. Das Potenzial liegt nach seiner Meinung in der CAD-Software, Interaktion von Software, Integrität von Fremddaten sowie in der Entwicklung der Prozesse, wie Vernetzung zu Serverportalen, Cloud-Lösungen. Die gute Nachricht: Eine wirtschaftliche CAM-Fertigung wird auch in kleineren Labors wirtschaftlich möglich sein.

Special Speaker

Ein fantastischer Abschluss des Schweizer Zahntechnik-Kongresses 2012 gelang Beat Krippendorf, Bern, Dozent und Referent für strategisches und operatives Marketing. Im Mittelpunkt seines Interesses seht das „Prinzip Menschlichkeit“ und die Überzeugung, dass gute Beziehungen den Geschäftserfolg nachhaltig beeinflussen. Gute Beziehungen sind nach Krippendorf weniger eine Frage der fachlichen Kompetenz, als vielmehr der inneren Haltung und Persönlichkeit – oder in seinem Sprachschatz – der „Eigenkultur“. „People do not care how much you know until they know how much you care“, ist nur eine seiner Thesen. Inspirierend und motivierend ging damit eine Veranstaltung von herausragender Qualität zu Ende. Mit dazu beigetragen hat der Berner Cartoonist Heinz „Pfuschi“ Pfister, der in Minutenschnelle Aussagen der Referate aufs Papier brachte. Zuhörer und Referenten hatten ihre helle Freude daran, den Spiegel vorgehalten zu bekommen. Auf die Fortsetzung des Schweizer Zahntechnik-Kongresses und das kommende Motto darf man schon heute gespannt sein!

Quelle: Camlog

Camlog auf ZWP online
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