Branchenmeldungen 28.09.2016

Nachgefragt: Wie finden ZFA-Azubis eigentlich ihre Ausbildung?



Nachgefragt: Wie finden ZFA-Azubis eigentlich ihre Ausbildung?

Foto: © Syda Productions – Fotolia.com

Als Zahnärztin und Fachkundelehrerin einer großstädtischen Berufsschule interessierte sich die ZWP online-Autorin Patricia Hoppe, wie die Auszubildenden ihre Ausbildung bewerten. Sie wollte ihnen eine Stimme geben und somit die Möglichkeit bieten, sich anonym zu äußern. Patricia Hoppe hat die Erfahrungen und Eindrücke der Auszubildenden eingefangen und schildert diese im Folgenden.

1.    ZFA-Azubi, weiblich, 1.Lehrjahr

Die Schülerin hat bereits eine schlechte Erfahrung hinter sich. Zurückliegend hatte sie schon einmal bei einer Zahnärztin die Ausbildung begonnen und wurde nach drei Monaten ohne Angabe von Gründen gekündigt. Die angehende ZFA erzählt, sie vermutet, dass sie in den Augen der Ausbilderin nicht schnell genug gelernt hatte.

Ihre Chefin wurde bei Fehlern ziemlich unwirsch. So entwicklelte die Auszubildende eine regelrechte Angst vor Fehlern. Sie hatte, laut der glaubhaften Schilderung der Auszubildenden, diverse Instrumente, die sie in der Behandlung anreichen sollte, vorab nicht erklärt, bzw. sich nicht die Zeit genommen, sie einzuarbeiten und den Platzaufbau mit der Angestellten durchzugehen. Häufiger kam es vor, dass die Ausbilderin die Auszubildende vor dem Patienten bloßstellte. Wortlaute wie „Haben Sie das immer noch nicht gelernt?“ oder Anspielungen auf die ersten Noten, die noch verbesserungswürdig waren, demotivierten die Schülerin sehr. Sie fragte sich (und mich), ob es erlaubt sei, dass ein Ausbilder diese Art von Umgang mit den Azubis pflege. Diese Frage gebe ich gerne an alle Leser weiter.

Heute ist sie in einer neuen Praxis, mit wenigen Kolleginnen tätig, die sich alle Zeit für die Auszubildende nehmen, um ihr Dinge zu erklären und so Fehler zu vermeiden. Im Unterricht ist sie fleißig, höflich, freundlich und erkundigt sich stets nach ihren Noten.

2.    ZFA-Azubi, weiblich, 2. Lehrjahr

Die Schülerin fiel im Unterricht durch häufige Müdigkeit und Abgeschlagenheit auf. Sie ist unglücklich in ihrer Ausbilderpraxis. Sie hat einen Migrationshintergrund, trägt eine für Muslima typische Kleidung und hat aus Hoffnung auf Verständnis bei einem Landsmann die Ausbildung begonnen. Laut Aussage der Schülerin ist der Umgangston ihres Ausbilders unprofessionell und persönlich beleidigend. Das letzte Zeugnis hat er in Kopie im Sozialraum der Praxis aufgehängt, dass jeder die schlechten schulischen Leistungen sehen kann. Sie arbeitet im Schichtdienst, was für den Biorhythmus bekanntlich schwierig ist. Außerhalb der Praxiszeiten ist sie ausgelaugt, müde und durch die negative Grundstimmung in der Praxis sicher nicht euphorisch motiviert. Aber im Unterricht ist sie höflich und nett und bemüht sich um aktive Teilnahme. Sie sucht jetzt eine neue Ausbilderpraxis.

3.    ZFA-Azubi, weiblich, 2. Lehrjahr

Die Mutter dreier Kleinkinder hat sich zu dieser Ausbildung entschlossen. Das allein verdient meiner Meinung nach schon Respekt. In der Schule gehört sie zu den Fleißigsten. Im Unterricht macht sie stets gut mit und ist freundlich und höflich. Sie gerät immer wieder mit ihrem Ausbilder aneinander. Die zwischenmenschliche Chemie stimmt offenbar nicht. Selbstbewusstsein und Argumentationsbereitschaft der Auszubildenden sind dem Chef ein Dorn im Auge. Auf einen eventuellen Mangel an Autoritätsbewusstsein und Folgsamkeit, gab die Schülerin zu, dass sie, wenn sie sich ungerecht behandelt fühle, auch diskutiere und versuche,  sich zu verteidigen. Ein klärendes Gespräch zwischen Ausbilder und Azubi führte nun zur Resignation seitens der Auszubildenden. Sie ignoriere nun die Unstimmigkeiten und tue so, als sei “ nichts gewesen“.

4.    ZFA-Azubi, weiblich, 1.Lehrjahr

Dieses Mädchen ist noch nicht volljährig und unterliegt noch dem Jugendschutzgesetz. In ihrer Ausbildungspraxis, so deutet sie verhalten an, hat sie häufig Überstunden zu leisten, welche weder vergütet noch mit Freizeitausgleich entschädigt werden. In der Schule gehört sie zum leistungsstärkeren Mittelfeld und bemüht sich, dem Unterricht gut zu folgen.

Die Auszubildenden reagierten im Klassenverband auf die Frage nach ihrer Zufriedenheit in der Ausbildung mit allgemeinen Antworten und Floskeln. Niemand traute sich vor den anderen eventuelle Schwierigkeiten auszusprechen. Alle waren augenscheinlich zufrieden, haben die Ausbildung angefangen, da sie gerne mit Menschen arbeiten wollen, und bei einigen war die ZFA-Ausbildung Plan B oder C, nachdem sie z.B. eine begonnene Lehre zur Altenpflegerin bereits abgebrochen haben.

Nach dem Unterricht suchte dann die ein oder andere Schülerin das vertrauliche Vieraugengespräch. Dabei kamen dann die genannten Schwierigkeiten ans Tageslicht. Die jungen Azubis haben noch nicht viel Lebenserfahrung und sind sich häufig ihrer Rechte bzw. der Ausbildungsordnung nicht bewusst. So nehmen sie unbezahlte Überstunden in Kauf oder dass sie z.B. das Auto der Arbeitgeberin waschen müssen. Auch werden viele Azubis schon im ersten Lehrjahr ohne Aufsicht bzw. Arzt im Hintergrund mittwoch-oder freitagnachmittags in der Praxis mit den Patienten alleingelassen und mit den Prophylaxetätigkeiten betraut. Was den Azubis allerdings in erster Linie zu schaffen macht, sind die zwischenmenschlichen Schwierigkeiten. Vor den Patienten oder den Kollegen vorgeführt zu werden, empfinden sie als demütigend und so baut sich der berufliche Frust über die Jahre auf. Viele Auszubildenden sind den Anforderungen in der Praxis und dem Leistungsdruck in der Berufsschule kaum gewachsen und wirken überfordert.

Aus dem Praxisalltag weiß ich, dass man als Zahnarzt und Praxisinhaber häufig betriebsblind wird. Angestellte kommen und gehen und mit den Jahren nimmt die Einarbeitungsbereitschaft oder -motivation eventuell ab.

Hat man ausgelernte Mitarbeiter im Team, erwartet man häufig, dass diese im eigenen Interesse die Azubis anlernen und praxiskonform einarbeiten. Es soll laufen, die Abläufe sollen funktionieren. Wird man auf Fehler aufmerksam oder während der Behandlung nicht optimal unterstützt, wird man rasch ungehalten, unterstellt der Angestellten vielleicht Gleichgültigkeit und wird in der Schelte oftmals ungerecht oder vergreift sich im Ton.

Keinesfalls sollen hier die Auszubildenden über alle Maßen in Schutz genommen und von aller Schuld freigesprochen werden. Es ist nicht abzustreiten, dass ein Generationswechsel stattgefunden hat und damit einhergehend auch Verschiebungen in der Arbeitseinstellung oder -moral.

Mit diesen Beispielen soll lediglich den Azubis die Möglichkeit gegeben werden, einmal ihre Sicht auf die Ausbildung zu schildern, und uns Zahnärzte anregen, uns hin und wieder selbst zu reflektieren und zu überlegen, ob unsere Mitarbeiterführung in Ordnung ist.

Fest steht, dass der Beruf ZFA nicht mehr zu den attraktivsten zählt. Häufig ist die Entlohnung so gering, dass sich die Mitarbeiter wenig Luxus leisten können. Häufig werden Überstunden und Teilnahme am Notdienst verlangt, die nicht bezahlt oder mit Freizeit ausgeglichen werden. Der Praxisalltag ist stressig und die ZFA muss vielen Erwartungshaltungen gerecht werden.

Wir Zahnärzte sollten uns überlegen, wie wir den Job ZFA wieder attraktiver gestalten können, fairer mit den Mitarbeitern umgehen und sie fachlich fördern können. Nur so identifizieren sie sich mit der Praxis, haben einen Anreiz und sind loyal dem Betrieb und Inhaber gegenüber.

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