Branchenmeldungen 05.04.2024
Parodontitis: Aktuelle Forschung zu Zeitpunkt und Vorgehensweise
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Dr. Sabina Würsching, Assistenzzahnärztin an der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie am Klinikum der Universität München, nimmt mit ihrer Forschung die postendodontische Versorgung unter die Lupe. Im vergangenen Jahr gewann sie damit den DGR²Z-GC-Grant des Forschungsförderprogramms der Deutschen Gesellschaft für Restaurative und Regenerative Zahnerhaltung. Welchen Fragestellungen sie mit ihrer Forschung genau nachgeht, verrät Sabina Würsching im BZB-Interview.
Frau Dr. Würsching, könnten Sie uns bitte erläutern, worum es in Ihrem prämierten Studienvorhaben mit dem Titel „Wie entscheidend ist der Zeitpunkt und die Art der postendodontischen Versorgung? – eine In-vitro- Studie an extrahierten Zähnen“ genau geht?
Eine häufige Komplikation nach Wurzelkanalbehandlungen ist eine Reinfektion des Wurzelkanalsystems. Diese wird in vielen Fällen durch eine insuffiziente, undichte koronale Restauration verursacht. Derzeit ist die Datenlage zur Dichtigkeit von postendodontischen Restaurationen unzureichend, es existieren nur wenige Untersuchungen, die einen Vergleich verschiedener Restaurationsstrategien anstellen. Ziel meines Projektes ist es, verschiedene postendodontische Versorgungsformen nach Abschluss der Wurzelkanalbehandlung zu vergleichen. Dabei soll ein In-vitro-Modell mit extrahierten Zähnen zur Untersuchung der Dichtigkeit zum Einsatz kommen. Es sollen verschiedene Invasivitätsgrade der postendodontischen Versorgung miteinander verglichen werden. Zusätzlich soll der Zeitpunkt der postendodontischen Versorgung durch verschieden lange Alterungszyklen (thermisch und mechanisch) variiert werden. Nach Abschluss des Alterungsprozesses werden die bereits angesprochenen Dichtigkeitsanalysen durchgeführt. Diese In-vitro-Daten könnten wegweisend für weitere klinische Untersuchungen und schlussendlich für klinische Empfehlungen sein.
Die nach endodontischen Behandlungen anschließende restaurative Versorgung wird vielerorts kontrovers diskutiert – Warum? Worin bestehen Konsens und Kontroverse?
Bezüglich der Art der Versorgung besteht von einem biomechanischen Standpunkt aus Konsens, dass wurzelkanalbehandelte Seitenzähne mit einer indirekten, höckerüberkuppelnden Restauration versorgt werden sollten. Diese Empfehlung basiert auf den Langzeitdaten von klinischen Studien, die zeigen konnten, dass wurzelkanalbehandelte Zähne, die eine indirekte postendodontische Versorgung erhielten, signifikant höhere Überlebensraten aufweisen als Zähne, die mit einer direkten Restauration versorgt wurden. Die zahnhartsubstanzschonende Präparation ist gerade bei wurzelkanalbehandlelten Zähnen anzustreben, da trepanierte Zähne allgemein schon als biomechanisch schwächer einzustufen sind als Zähne mit intaktem Pulpenkammerdach. Bezüglich der Wahl des Materials und der Präparationsform konkurrieren konventionelle Metallrestaurationen mit vollkeramischen Versorgungen sowie den ganzen Zahn umfassende Vollkronen mit höckerüberkuppelnden Teilkronen, die sich hinsichtlich ihrer Befestigungsart und ihrer Invasivität unterscheiden. Weiterhin wird der Zeitpunkt der Versorgung nach Abschluss der Wurzelkanalbehandlung in der Literatur kontrovers diskutiert. Während es Empfehlungen gibt, den apikalen Heilungsprozess bis zur definitiven postendodontischen Versorgung abzuwarten, weisen klinische Daten darauf hin, dass eine zeitnahe Versorgung der Zähne nach Abschluss der Wurzelkanalbehandlung einen entscheidenden Einfluss auf die Überlebensrate dieser Zähne hat. Oftmals fokussieren sich diese Studien auf das mechanische Versagen von Restaurationen und weniger auf das biologische Versagen, welches wir erhoffen, anhand der Dichtigkeitsanalysen in dieser Studie näher zu erforschen.
Sie möchten den erhaltenen DGR²Z-GC-Grant verwenden, um verschiedene postendodontische Versorgungsformen zu vergleichen und die Erkenntnisse für eine optimale Nachbehandlung des Wurzelkanalsystems zur Verfügung zu stellen. Was sind denn aktuell die klassischen Herausforderungen für eine Nachbehandlung des Wurzelkanalsystems?
Während der Wurzelkanalbehandlung kommt es zu einer Kontamination der Dentinoberfläche mit Spüllösungen, Sealermaterial und Materialien für den provisorischen Verschluss zwischen den endodontischen Behandlungssitzungen. Die Dentintubuli stellen ein gewisses Reservoir für diese Substanzen dar, sodass der adhäsive Verbund nach Abschluss der Wurzelkanalbehandlung unter Umständen kompromittiert ist. Dies kann auch Auswirkungen auf die Haftwerte der postendodontischen Versorgung haben, die insbesondere bei adhäsiver Befestigung durch eine kontaminationsfreie Dentinoberfläche beeinflusst werden. Dies spielt auch vor dem Hintergrund des oftmals starken Zerstörungsgrades der betroffenen Zähne eine wichtige Rolle, da häufig weitergehende restaurative Maßnahmen wie beispielweise eine Stiftversorgung oder großflächige adhäsive Aufbaufüllungen notwendig sind.
Vielen Dank für das Gespräch!
Dieser Beitrag ist im EJ Endodontie Journal erschienen.