Branchenmeldungen 09.07.2013
Parodontologen trafen sich zum kollegialen Austausch
Kürzlich fand in Bonn die gemeinsame Veranstaltung der dortigen Universitätstzahnklinik, des Berufsverbandes der Parodontologen (BFSP e.V.) und Kollegen, die in Ausbildung zum Spezialisten der DGParo sind, statt. Das deutschlandweit größte Treffen zukünftiger Parodontologen war zugleich die Jahrestagung des Berufsverbandes und mündete in den Vorstandswahlen.
Schon weit im Voraus war den
Organisatoren und dem Bonner Team um Prof. Dr. Dr. Jepsen klar, dass
dieses Treffen eine Standortbestimmung sein würde. Und es kam so –
es konnte ein prägnanter Impuls im Hinblick auf die zukünftige
Bedeutung der Rolle der Parodontologen in Deutschland gesetzt
werden.
Oft stellen sich Fortbildungen,
Workshops oder Versammlungen im Nachhinein leider als lästige
Pflichtveranstaltung dar. Das war hier nicht der Fall. Die Auswertung
von „Feedback“-Bögen ergab eine durchweg positive
Resonanz. Alle Teilnehmer waren beeindruckt von den qualitativ
exzellenten Fallvorstellungen der vier postgraduierten Kollegen aus
Bonn und Koblenz.
Auch die anderen Themen des
einrahmenden Programms trafen ins Schwarze: Aus der Bonner Abteilung
für Parodontologie referierten Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen und PD Dr.
Moritz Kebschull über die genetischen Aspekte der Parodontitis. Sie
betrachteten die molekularen Unterschiede zur Erklärung klinischer
Phänotypen der Erkrankung. Es war ganz offensichtlich zu erkennen,
dass dies ein fundamentales Thema ist, das die Zukunft der Forschung
prägen und nachfolgend die Tätigkeiten im Alltag mitbestimmen wird.
Zur Zeit steht noch kein für die Praxis relevanter genetischer Test
zur Verfügung. Die klinische Bedeutung IL-1 Polymorphismus sahen die
Kliniker als überbewertet an und sehen keinen Sinn für die Praxis.
Interessante Schwerpunkte der Forschung fokussieren sich auf die
Cyclooxygenase 2 und das humane Beta-Defensin, DEFBI* und
körpereigene Peptidantibiotika.
Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen
Der Mehrheit der jungen Besucher des
Symposiums war die Welt des in der Praxis niedergelassenen
Parodontologen bislang wenig bekannt. Es wurde angeregt hier in der
Zukunft mehr zu erfahren (Fachzahnarzt für Parodontologie, Parodontologe der EFP, DGParo-Spezialist).
In den Niederlanden und auch im Rest
der Welt sei die Bezeichnung „Parodontologe“
etabliert, so Dr. Eric Meijer, der in seinem Vortrag die Unterschiede
zwischen den Niederlanden und Deutschland beleuchtete. Der Kollege
(ehemaliger Präsident der Niederländischen Gesellschaft für
Parodontologie), beschrieb, dass diesseits der deutschen Grenzen die
Hürden der fachzahnärztlichen Qualifikation höher liegen. Dort ist
die dreijährige Vollzeitausbildung nur an klinischen Einrichtungen
möglich, die von der European Federation of Periodontology
akkreditiert sind.
Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen!
Dr. Westermann aus Emsdetten machte dem Nachwuchs klipp und klar,
dass die modernste Forschung nichts nutzt, wenn man diese nicht
konsequent einsetzt. Es gilt den Patienten mit auf die Reise durch
die kausale Parodontitistherapie hin zur unterstützenden
Parodontaltherapie, UPT mitzunehmen. Er schaffte es unterhaltsam Wege
aufzuzeigen, wie man als Praktiker die immer weiter werdende Kluft
zwischen einer grandiosen klinischen Forschung und dem Alltag mit all
seinen Gegebenheiten und Zwängen überbrückt. Dass Zahnerhalt
möglich ist wussten alle Teilnehmer, da sie in der Literatur
bewandert sind. Dass es nachweisslich geht, demonstrierte Dr.
Westermann eindrucksvoll mit zahlreichen Fallvorstellungen. Diese
waren auch deshalb bemerkenswert, weil immer eine der parodontalen
Situation angepasste festsitzende und zementierte Prothetik zum
Einsatz kam.
Dr. med. dent. Wolfgang Westermann
Die niedergelassen „alten Hasen“
waren beeindruckt vom Engagement und dem Können des
parodontologischen Nachwuchses. Die jungen Parodontologen erfuhren,
dass es viel Bürokratie und Zwänge des Sozialsystems gibt, die sie
aus der universitären Weiterbildung nicht kannten. Das Resümee der
Tagung kann wie folgt beschrieben werden: Die erfolgreiche Behandlung
parodontal schwer erkrankter Patienten in der freien Praxis ist auf
hohem fachzahnärztlichen Niveau möglich und bereitet auch Freude.
* Dommisch et al.: Differential gene
expression of human β-defensins (hBD-1, -2, -3) in inflammatory
gingival diseases. Oral Microbiology and Immunology Vol. 20; June
2005: 186–190.
Autor: Dr. Gregor Gutsche