Branchenmeldungen 13.05.2013
Schnuller – Keimfalle oder Immun-Booster?
Den Schnuller des Kindes ablecken – das wird allgemein als großer Risikofaktor zur Übertragung von Karies betrachtet. Aber gerade der Kontakt mit dem elterlichen Speichel kann das Risiko für andere Erkrankungen senken. Allergien, Asthma, Ausschläge – Spucke bietet diesen Zivilisationsleiden offenbar Einhalt. Schwedische Forscher haben in einer aktuellen Studie überraschende Ergebnisse erzielt. Bakterien, die so über den Schnuller in den Mund der Babies gelangen, stimulieren das Immunsystem.
In der Studie der Universität Göteborg wurde an 184 Babies untersucht, ob sie eine größere Neigung zu Asthma oder Ekzemen entwickeln, wenn sie nicht mit dem Speichel der Eltern in Kontakt kommen. Alle Eltern gaben in einem Fragebogen an, den Schnuller mit Wasser zu reinigen, manche kochten ihn zurm Säubern auch ab. Auf die Frage, wie sie sich verhalten, wenn der Schnuller auf den Boden fällt, antworteten die Eltern von 66 Babies damit, dass sie ihn in den eigenen Mund stecken und ablecken.
Bei den Babies wurde überprüft, ob sie im Alter von 18 Monaten bereits unter Ekzemen oder Allergien litten. Ein Viertel aller beteiligten Kinder zeigte bereits Ekzeme. Das Auftreten von Ekzemen wurde deshalb untersucht, weil Kinder schon früh davon betroffen sein können. Sie sind ein Anhaltspunkt für die Entwicklung von weiteren Allergien.
Die Auswertung zeigte, dass die Babies, deren Eltern den Schnuller abgeleckt haben, deutlich weniger anfällig für Ekzeme und Allergien waren. Begründung: Beim Ablecken des Schnullers geraten bestimmte Bakterien aus der Spucke der Eltern in den Mund des Kindes. Diese „harmlosen“ Bakterien stimulieren das Immunsystem. Durch diese kleinen Mengen lernt das Immunsystem mit den Bakterien umzugehen und nicht eine Überreaktion in Form einer Allergie zu veranlassen.
So lernt das Immunsystem „gute“ und „schlechte“ Keime zu unterscheiden. Eine Grundlage dafür, dass es nicht auf alltägliche Kontaktstoffe alarmierend reagiert.
Zahnärzte und Verbände raten davon ab, den Schnuller eines Babies mit dem eigenen Mund zu reinigen. Das Risiko Karies auf das Kind zu übertragen ist zu groß. Schon vor dem Durchbruch der ersten Zähne könnten Kinder infiziert werden. Dr. Joel Berg von der American Academy of Pediatric Dentistry relativiert diese Annahme. Die Eltern übertragen schon im allgemeinen Umgang mit dem Kind Bakterien, sei es beim Küssen, oder gemeinsamen Benutzen von Besteck.
Das Kariesrisiko wird also nicht größer, wenn man den Schnuller seines Babies ableckt oder mit den Lippen die Temperatur des Babybreis auf dem Löffel fühlt. Dr. Berg ist davon überzeugt, dass Speichel etwas Gutes ist. Sie enthält Enzyme, Elextrolyte und Proteine, die die Eltern so auf das Kind weitergeben können. Die alte Binsenweisheit „Spucke ist das beste Desinfektionsmittel“ ist also nicht ganz zu verwerfen.
Quelle: New York Times