Branchenmeldungen 14.09.2021

Überstunden im Corona-Jahr: Jeder Dritte arbeitet umsonst

Überstunden im Corona-Jahr: Jeder Dritte arbeitet umsonst

Foto: Feodora – stock.adobe.com

Wie viele Überstunden haben Beschäftigte im Corona-Jahr geleistet? In welchen Branchen wird am längsten gearbeitet und wie häufig werden Überstunden finanziell oder durch Freizeit ausgeglichen? In der neuesten Studie „Arbeitszeitmonitor 2021“ werteten die Vergütungsanalyst*innen von Gehalt.de rund 346.405 Datensätze aus, um diese Fragen zu beantworten. Das Ergebnis: Beschäftigte machen im Schnitt wöchentlich fast drei Überstunden, nur ein Drittel davon erhält einen Ausgleich.

In ihrer gesamten Karrierelaufbahn machen Beschäftigte durchschnittlich insgesamt 6.500 Überstunden. Insgesamt leisten 48 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland Überstunden – im Durchschnitt rund drei pro Woche. Frauen kommen im Schnitt auf 2,1 und Männer auf 3,5 Überstunden. Während Fachkräfte rund 2,5 Stunden länger arbeiten, sind es bei Führungskräften 7,6 Überstunden. Überstundenanzahl hat sich in den letzten 10 Jahren mehr als halbiert Die durchschnittliche Überstundenanzahl betrug im Jahr der Finanzkrise 2009 rund 6,5 pro Woche. Seitdem sinkt sie jährlich und liegt aktuell bei 2,9. „Die Anzahl der durchschnittlichen Überstunden in Deutschland hat sich während der letzten 10 Jahre mehr als halbiert. In Zeiten, in denen die Work- Life-Balance im Vordergrund steht und der Arbeitsmarkt vermehrt auf Arbeitnehmer*innen ausgerichtet ist, sinkt tendenziell die Bereitschaft, Überstunden zu leisten“, so Dr. Korbinian Nagel, Arbeitsmarktökonom bei Gehalt.de. 

Je höher das Gehalt, desto länger die Arbeitszeit

Unter Fachkräften steigt die Überstundenanzahl mit der Einkommenshöhe.

Bei einem jährlichen Bruttoeinkommen von bis zu 20.000 Euro machen Fachkräfte rund 1,7 Überstunden pro Woche. Mit einem Gehalt zwischen 40.001 und 60.000 Euro verrichten sie rund 2,7 Überstunden wöchentlich. Fachkräfte mit einem Einkommen jenseits der 100.000-Euro-Grenze arbeiten im Schnitt wöchentlich sogar rund 6 Stunden länger. In allen Gehaltsklassen werden die Überstunden größtenteils nicht ausgeglichen, nur etwas mehr als 30 Prozent der Beschäftigten erhalten einen Ausgleich.

Beschäftigte arbeiten in ihrem gesamten Berufsleben 6.500 Stunden länger als vereinbart

Aufsummiert machen Beschäftigte in ihrer Karrierelaufbahn insgesamt 6.500 Überstunden. Rund 68 Prozent erhalten für diese Überstunden keinen Ausgleich. Somit arbeiten sie fast 3 1⁄2 Jahre umsonst (Urlaubstage, Wochenenden und Feiertage miteinberechnet). Im letzten Jahr haben Beschäftigte im Schnitt rund 131 Überstunden gemacht.

Unternehmensberater*innen machen am meisten Überstunden

Beschäftigte in der Unternehmensberatung machen mit wöchentlich 4,7 die meisten Überstunden im Branchenvergleich. Es folgen die Branche für Konsum- und Gebrauchsgüter (4,1 Überstunden) und Hotels und Gaststätten (4 Überstunden). „Unternehmensberater*innen beziehen lukrative Gehälter, müssen dafür jedoch Überstunden fest in ihren Arbeitsalltag einplanen“, so Dr. Nagel.

Kaum regionale Unterschiede bei Überstunden

Im Bundesländer-Vergleich liegen kaum Unterschiede hinsichtlich der Menge an wöchentlichen Überstunden vor. In Bundesländern mit einem höheren Lohnniveau werden tendenziell etwas mehr Überstunden geleistet, wie in Hessen, Hamburg und Baden-Württemberg (wöchentlich 3 Überstunden). „In Ballungsgebieten mit einer hohen Anzahl an kapitalstarken Unternehmen herrscht eine höhere Überstundenanzahl vor als in ländlichen Gebieten“, so Dr. Nagel abschließend.

Zur Methodik:

Die Vergütungsanalyst*innen von Gehalt.de haben basierend auf 346.405 geleisteten Überstunden von Fach- und Führungskräften in Deutschland ausgewertet. Zusätzlich wurde ausgewertet, wie häufig diese durch Freizeit oder monetär ausgeglichen werden. Für die Berechnung der kumulierten Überstunden wurde von durchschnittlich 254 Arbeitstagen im Jahr ausgegangen. Abzüglich der Urlaubstage (durchschnittlich 28,3 laut Auswertung von Gehalt.de) beläuft sich die Zahl der Arbeitstage auf 226 pro Jahr.

Die durchschnittliche Überstundenanzahl pro 5- Tage-Arbeitswoche (2,9) wurde durch 5 geteilt und mit den Arbeitstagen pro Jahr multipliziert. Daraus ergibt sich ein Wert für die jährlichen Überstunden. Dementsprechend erfolgte auch die Berechnung der kumulierten Überstunden am Karriereende. Hierzu wurde die variierende Überstundenanzahl nach Alter in die Rechnung mitaufgenommen.

Über die Kampagne – Gehalt.de als #Tabubrecher

Gehalt.de setzt sich dafür ein, mit dem Tabuthema Gehalt in Deutschland zu brechen, um somit für mehr Transparenz zu sorgen und eine faire, gleichberechtigte und marktgerechte Vergütung zu erreichen. Dazu veröffentlichen die Gehaltsexpert*innen regelmäßig datenbasierte Kampagnen, die tabuisierte Themen im Gehaltskontext beleuchten. Die vorliegende Auswertung ist Teil der Reihe „Gehaltsgefälle in Deutschland“.

Quelle/Grafiken: Gehalt.de

 

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