Wissenschaft und Forschung 05.09.2022
COVID-19: Warum bei Betroffenen Atemprobleme auftreten
Die durch das Coronavirus verursachte Krankheit kann zu einem akuten Atemnotsyndrom (ARDS) mit tödlichem Ausgang führen. Tübinger Wissenschaftler haben nun herausgefunden, warum es bei einigen Infizierten zu Atemproblemen kommt.
Die Forscher untersuchten, warum einige mit SARS-CoV-2 infizierte Menschen Probleme mit der Sauerstoffaufnahme haben. Dazu konzentrierten sie sich auf die sogenannten Autoantikörper, die sich gegen Strukturen in der Lunge von COVID-19-Erkrankten richten. Dazu nahmen die Wissenschaftler Blutproben sowie Lungengewebe und -flüssigkeit von schwerkranken COVID-19-Patienten aus Kliniken in der Schweiz und in Deutschland unter das Mikroskop. Musste aufgrund der Corona-infektion Sauerstoff zugeführt werden, lag eine schwere COVID-19-Erkrankung vor.
Ursache für coronabedingtes Lungenversagen identifiziert
Die Ergebnisse früherer Untersuchungen haben bereits gezeigt, dass die Lungen von COVID-19-Erkrankten jenen ähneln, die nicht mit dem Coronavirus infiziert sind, aber dennoch an akutem Atemversagen leiden oder teilweise oder ganz kollabiert sind. Die Atemprobleme machten sich bemerkbar, bevor die durch SARS-CoV-2 verursachten Organschäden die Lunge erreichten. Als erste Forschergruppe konnten die Tübinger Wissenschaftler nun die Ursache für das koronare Lungenversagen ermitteln.
Fehlende Schleimhautsekretion
Bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 entstehen Autoantikörper, die wiederum körpereigene Antigene bilden. „Wir konnten zeigen, dass bei Patienten mit einem schweren Verlauf von COVID-19 eine schnelle und anhaltende Produktion des Antikörpers Immunglobulin A (IgA) während der frühen Immunantwort auf die Infektion stattfindet“, erklärt Dr. Sinnberg, Erstautor der Studie. Das Ergebnis ist ein erhöhter IgA-Spiegel. IgA sind Proteine, die Teil des körpereigenen Immunsystems sind und sich sowohl im Blut als auch in den Schleimhautsekreten befinden. Auf den Schleimhäuten bilden sie einen Schutz gegen Krankheitserreger wie das Coronavirus, indem sie diese neutralisieren und daran hindern, weiter in den Körper einzudringen. Die IgA-Antikörper binden an Proteine im Schleimhautsekret Surfactant, das von den Lungenzellen in den Lungenbläschen produziert wird. Diese Proteine sind für den Sauerstoffaustausch in der Lunge notwendig und zusammen mit dem Surfactant wesentlich für die Stabilität der Alveolen.
„Die Studienergebnisse zeigen, dass bei einer Infektion mit dem Coronavirus die erhöhten IgA-Antikörperwerte zu einem Mangel an diesem Schleimhautsekret führen“, sagt Prof. Flatz. „In der Folge kollabiert die Lunge und es kommt zu Kurzatmigkeit.“ Betroffene Patienten brauchen daher Unterstützung beim Atmen durch zusätzliche Sauerstoffzufuhr.
Quellen: atsjournals.org, idw-online.de