Branchenmeldungen 22.03.2013
Dialäkt Äpp: Gib öis dini Schtimm
Unser Dialekt verrät unsere Herkunft.
Doch woher kommt ein Sprecher, der vom Huusini, Bitzgi oder Göitschi
redet, wenn er das Apfelgehäuse meint? Dialektforscher der
Universitäten Zürich und Bern haben eine App entwickelt, die die
Herkunft von schweizerdeutschen Dialekten bestimmt. Mit der App kann
man auch die eigene Aussprache aufnehmen, sie mit aktuellen sowie
früheren Aufnahmen anderer User vergleichen und somit Daten für die
Dialektforschung sammeln. Die «Dialäkt Äpp» steht ab sofort gratis im Apple App Store zum Download bereit.
Bei den vielen Dialekten, die das
Schweizerdeutsche umfasst, ist die geografische Zuordnung mitunter
anspruchsvoll. Von dieser Beobachtung ausgehend, entwickelten
Dialektforscher des Phonetischen Laboratoriums der Universität
Zürich und Sprachwissenschaftler der Universität Bern die «Dialäkt
Äpp». Anhand der Aussprachevarianten von 16 schweizerdeutschen
Wörtern bestimmt die App den Dialekt ihrer User. Diese können
beispielsweise für das Wort «hinauf», zwischen «ufe», «ue»,
«ueche», «embrüf» oder «wuehi» die für sie zutreffende
Aussprache auswählen und ihren Dialekt lokalisieren. Für die
geografische Verortung verwendet die Applikation den Sprachatlas der
Deutschen Schweiz, der die Dialekte von fast 600 Gemeinden umfasst
und das Schweizerdeutsche auf rund 1500 Karten abbildet. 16 davon
haben die Forschenden ausgewählt; anhand der Schnittmenge dieser
Karten wird ein Dialekt verortet.
Archivierung zeitgemässer Dialekte
Die Forschenden schicken voraus, dass
die geografische Verortung nicht für alle Benutzer gleich präzise
Resultate liefert, da der Sprachatlas das Schweizerdeutsche um ca.
1900 dokumentiert. «Manche Dialekte haben sich in den letzten 100
Jahren weiterentwickelt, und manche Benutzer sprechen durch ihre
Biographie bestimmte Wörter anders aus, als diese in ihrer Region
noch vor 100 Jahren ausgesprochen wurden», erklärt Adrian Leemann,
Postdoc am Phonetischen Laboratorium der Universität Zürich.
Deshalb kann der Benutzer nach jeder Dialektbestimmung angeben, ob
das Resultat auch stimmt. Somit sammelt die App
sprachwissenschaftliche Daten, die Aufschluss darüber geben sollten,
ob sich die Mundart in den letzten 100 Jahren tatsächlich verändert
hat. «Alle Daten werden gesammelt und je nachdem, ob diese stark vom
Sprachatlas abweichen, werden wir die App anpassen», ergänzt Adrian
Leemann.
Benutzerinnen und Benutzer der «Dialäkt
Äpp» können damit nicht nur ihren Dialekt bestimmen, sondern
diesen auch aufnehmen und abhören, wie andere Schweizer sprechen
oder gesprochen haben. Denn die «Dialäkt Äpp» enthält Aufnahmen
aus dem Phonogrammarchiv der Universität Zürich. Wer sein Wissen
über Schweizer Dialekte erweitern will, wählt einen Ort aus und
hört, wie man dort spricht. Ebenso kann er eine Wortvariante
abfragen, z.B. «Murmutz» für Apfelgehäuse, und erfährt, dass sie
nur im Oberwallis gesprochen wird. Alle Aufzeichnungen der User sowie
jene des Phonogrammarchivs der UZH werden auf einer Schweizer Karte
verlinkt, wo sie mittels Klick abgespielt werden können.
Zudem wartet die App wöchentlich mit
Informationen zu Herkunft und Bedeutung eines ausgewählten
Dialektworts aus dem Schweizerdeutschen Wörterbuch (Idiotikon) auf.
«So entdecken die Benutzer die Vielfalt der Schweizer
Dialektlandschaft auf spielerische Art und Weise», schliesst
Marie-José Kolly, Doktorandin am Phonetischen Laboratorium der
Universität Zürich.
Die «Dialäkt App» kann seit dem 22.
März gratis im Apple App Store bezogen werden. Es gibt sie zurzeit
nur für iPhone und iPad. Eine für Android-Smartphones taugliche
Nachfolge-App ist geplant.
Hintergrund
Die gesammelten Daten der «Dialäkt
App» fliessen in das vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützte
Agora-Projekt «Swiss Voice App» ein, das am 1. Februar 2013
gestartet ist. 65 Gönnerinnen und Gönner haben die
«Dialäkt App» als Privatpersonen durch Crowdfunding unterstützt.
Innerhalb von eineinhalb Monaten wurden im Sommer 2012 über 10 000
Schweizer Franken gespendet, die in die Software-Entwicklung der
Applikation investiert wurde.
Quelle: Universität Zürich