Businessnews 13.02.2018

Trouble Shooting: Wenn Mittelständler Global Player werden



Trouble Shooting: Wenn Mittelständler Global Player werden

Foto: tatoman – stock.adobe.com

Viele Mittelständler haben sich in den zurückliegenden Jahren zu High-Tech-Unternehmen und Global Playern entwickelt. Doch leider hinkt ihre Personal- und Organisationsentwicklung oft der Entwicklung des Gesamtunternehmens hinterher.

Viele mittelständische Betriebe haben sich in den zurückliegenden 20 Jahren von handwerklich geprägten (Produktions-)Unternehmen zu weltweit tätigen High-Tech-Unternehmen entwickelt. Entsprechend stiegen die Qualifikationsanforderungen an ihre Mitarbeiter und wuchs ihre Mitarbeiterzahl – oft weltweit. Mit dieser Entwicklung hielt ihre Personal- und Organisationsentwicklung oft nicht Schritt – mit der Folge, dass viele Mittelständler heute mit folgenden Problemen kämpfen: Es fällt ihnen schwer,

  • die Mitarbeiter mit der benötigten Qualifikation zu finden und an sich zu binden, und
  • die Qualifikation ihrer Mitarbeiter und ihre Organisationsstruktur so zu entwickeln, dass sie der wirtschaftlichen Entwicklung des Gesamtunternehmens entspricht.

Eine zentrale Ursache hierfür ist: Ihre Personalfunktion wuchs nicht wie das Gesamtunternehmen. Deshalb sind die wenigen Personal- und Organisationsentwicklungsexperten oft primär mit „Trouble Shooting“ beschäftigt – also mit dem Reagieren auf akute Betriebsprobleme. Und dabei kämpfen sie vielfach noch mit dem Problem: Den Top-Entscheidern ist nicht ausreichend bewusst, dass sich hinter den meisten Betriebsproblemen – wie zum Beispiel mangelnde Qualität – ein Manko im Bereich Personal- oder Organisationsentwicklung verbirgt. Entsprechend viel Überzeugungsarbeit müssen sie leisten. 

Ein Umdenken findet statt

Diese Situation ändert sich allmählich. Denn zunehmend registrieren die Top-Entscheider in den Unternehmen: Unsere Belegschaft ist heute viel heterogener als oft noch zur Jahrtausendwende. Zudem haben unsere Mitarbeiter häufiger einen akademischen Abschluss – zum Beispiel als Ingenieur oder Betriebswirt. Und diese Mitarbeiter stellen außer an ihren Arbeitgeber auch an ihre Arbeit und Führung andere Anforderungen als die Mitarbeiter in der Vergangenheit.

Deshalb stellen zurzeit viele Mittelständler ihre Personalführungs- und -entwicklungskonzepte auf den Prüfstand. Dabei lautet die zentrale Frage: Wie können wir unsere Personalarbeit sowie Unternehmens- und Führungskultur so modernisieren, dass sie einerseits den (Arbeits-)Marktanforderungen entspricht und wir andererseits nicht die Stärken eines mittelständischen Unternehmens verlieren? 

Den Prozess Veränderung angehen

Solche Lösungen zu entwickeln und zu realisieren, erfordert Zeit. In der Regel bildet der Startschuss ein Change-Projekt, das sich in folgenden Schritten vollzieht.

Schritt 1: Die Ist-Situation erfassen.

In einer Art Check-Up wird ermittelt:

  • Wie haben sich unsere Personalanforderungen verändert – zum Beispiel unseres Wachstums?
  • Inwiefern haben sich die Bedürfnisse unserer Mitarbeiter gewandelt?
  • Welche Verfahren setzen wir aktuell zur Personalsuche, -auswahl und -entwicklung ein? Sind sie noch angemessen?
  • Wie führen und kommunizieren wir heute in unserem Unternehmen, wie sollten wir künftig führen und kommunizieren?
  • Wie arbeiten wir heute zusammen, wie müssen wir künftig voraussichtlich zusammenarbeiten, um für den Markt gerüstet zu sein?

Das Ziel hierbei: Den Changebedarf in der Organisation ermitteln.

Schritt 2: Ein Zielbild entwerfen.

Danach wird ein Zielbild erarbeitet, das beispielsweise folgende Dimensionen umfasst:

  • Wohin wollen wir uns entwickeln?
  • Wie soll unser Unternehmen in fünf oder zehn Jahren „ticken“ – welche Kultur soll in ihm existieren?
  • Über welche Kompetenzen verfügt unsere Organisation dann? Was sind ihre Stärken?
  • Wie sorgen wir dann dafür, dass wir über die benötigten Mitarbeiter mit der erforderlichen Kompetenz verfügen?

Schritt 3: Einen Maßnahmenplan erstellen.

Aus dem Zielbild und der Analyse der Ist-Situation können Maßnahmenpläne abgeleitet werden. Dabei gilt es zu jedoch beachten: Die Change-Kapazitäten jedes Unternehmens sind begrenzt. Denn neben den Entwicklungsarbeiten gilt es das Alltagsgeschäft zu erledigen. Entsprechend wichtig ist eine Priorisierung der Maßnahmen, um die Organisation nicht zu überfordern.

Schritt 4: Die Veränderungen erfassen und controllen.

Kulturelle Veränderungen vollziehen sich langsam. Deshalb ist es wichtig, die (partiellen) Veränderungen systematisch zu erfassen und zu kommunizieren – damit nicht das Gefühl entsteht „Es bewegt sich nichts“. Dieses systematische Erfassen ist auch nötig, um zu kontrollieren: Sind wir (noch) auf dem richtigen Weg? 

Schritt 5: Teilergebnisse sichern.

Das Aufgeben gewohnter Denk- und Verhaltensmuster fällt fast allen Menschen schwer. Entsprechend schnell verfallen sie wieder in alten Gewohnheiten. Deshalb ist es wichtig, sich zu überlegen: Wie – mit welchen Tools, Verfahren – stellen wir sicher, dass die Ergebnisse keine „Eintagsfliegen“, sondern nachhaltig sind?

Die Führungsmannschaft ins Boot holen

Ein entscheidender, wenn nicht gar der entscheidende Erfolgsfaktor bei solchen Change-Projekten ist, dass sich die Einstellung der Führungskräfte ändern. Diese sind von Haus aus häufig Techniker und Ingenieure. Und in diesem Bereich liegt auch ihre Leidenschaft. Entsprechend ungern befassen sie sich jedoch mit solchen Themen wie Personal- und Organisationsentwicklung. Und der Führungsarbeit messen sie eine eher geringe Bedeutung bei – auch weil es bei ihr so stark „menschelt“.

Deshalb muss bei solchen Projekten in mittelständischen Unternehmen sichergestellt werden, dass die Entscheider mit im Boot sitzen – und nicht (unbewusst) das Gesamtprojekt torpedieren.

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