Marketing 20.08.2021

Rendite von Internetbewertungen: Ein Gedankenexperiment



Rendite von Internetbewertungen: Ein Gedankenexperiment

Foto: panuwat – stock.adobe.com

Es wird behauptet, sich als Arzt mit Bewertungen auseinander­zusetzen und Patienten auf diese anzusprechen, sei wichtig: Die Sichtbarkeit im Internet für Arztsuchende steigt, gleichzeitig muss schließlich mit der Konkurrenz im Ort mit­gehalten werden. Doch welchen konkreten Mehrwert Bewertungen (auch finanziell) mit sich bringen und wie viele Neupatienten man durch ein gutes Bewertungsmarketing wirklich erhält, wird selten quantifiziert.

Unsere Definition des „Arztsuchenden“

Es gibt sicher einige Arztsuchende, die lediglich „mal schnell“ einen Zahnarzt brauchen, weil ­gerade irgendwo etwas drückt. In unserer Be­trachtung fokussieren wir uns jedoch auf „die ­anderen“ Arztsuchenden: Diejenigen, die auf ­die Qualität des Arztes Wert legen und sich ihre Gesundheit auch gerne etwas kosten lassen. Dies sind natürlich auch die Arztsuchenden, die besonders genau recherchieren und nicht will­kürlich in der nächstbesten Praxis anrufen. Wenn wir uns nachfolgend auf „Arztsuchende“ beziehen, sind es diese qualitätsbewussten Personen, die wir meinen.

Drei Datenquellen als Quantifizierungsbasis

Unsere Analyse basiert im Wesentlichen auf drei Datenquellen. Erstens sind dies die Erfahrungen unserer eigenen Kunden. MediEcho betreut viele Hundert Praxen und auch einige Krankenhäuser rund um die Thematik Bewertungsmarketing. ­Die hier gewonnenen Erkenntnisse nutzen wir auch, ­ ­um die Angaben externer Datenquellen zu plausibilisieren. Die zweite Quelle sind Studien1, die sich insbesondere mit der Quantifizierung des Zusammenhangs vom aktuellen Bewertungsstand einer Praxis und der „Konvertierungsrate“ vom Arztsuchenden zum Interessenten (z. B. in Form eines Anrufs in der Praxis) beschäftigen. Die dritte Quelle sind Eigenangaben von Bewertungsportalen, die wir mit entsprechender Vorsicht ein­bezogen und immer mit den Erfahrungen unserer Kunden ab­geglichen haben.2

Die Analyse mittels zweier Szenarien

Um die Komplexität der Analyse auf ein verdauliches Maß zu ­reduzieren und ein möglichst einfach zu veranschaulichendes ­Ergebnis zu erzielen, vergleichen wir zwei diametrale Sze­narien miteinander. Wir nennen sie AUSGANGSLAGE und ZIELSETZUNG.

AUSGANGSLAGE Die Praxis hat kaum beziehungsweise eher schlechte Bewertungen auf Google und jameda.
ZIELSETZUNG Die Praxis ist (vielleicht mit der ein oder an­deren Ausnahme) positiv bewertet. Sie gehört im Hinblick auf die Bewertungsanzahl zu den am meisten bewerteten Praxen des Umfelds. Es kommen regelmäßig aktuelle Bewertungen dazu und bieten dem Arztsuchenden somit immer einen aktu­ellen Eindruck der Praxis. Gleichzeitig sind die Bewertungstexte aber auch inhaltlich eine gute Informationsquelle und berichten positiv von bestimmten erfolgreich durchgeführten Behandlungen unter Nennung von Schlagworten wie Zahnimplantat.

Auf der jameda-Rangliste finden wir die Behan­d­ler der Praxis im Szenario „Ausgangslage“ sehr weit unten – je nach Region mit Glück vielleicht gerade noch auf der ersten Seite. Sie haben auf jameda im Vergleich zu den Top-Behandlern, die die Spitze der Rangliste bilden, im Schnitt sechsmal weniger Profilaufrufe. Darüber hinaus bietet ein kaum oder ein schlecht bewertetes Profil nur wenig Anreiz, um den Arztsuchenden zur Kontaktaufnahme mit der Praxis zu bewegen. Dadurch werden nur etwa zwei Prozent ­d­er Profilaufrufe zu Anfragen in der Praxis führen – im Gegensatz zu fünf Prozent im Zielszenario.3 Auf Google hat unsere schlecht oder kaum bewertete Praxis sogar zwölfmal weniger Klicks als die Praxis im Zielszenario.4 Das geringe Interesse der Arztsuchenden spiegelt sich natürlich auch hier in den über Google zustande gekommenen Kontaktanfragen wider: Unsere Praxis wird im Zielszenario etwa achtmal mehr Kontaktanfragen von qualitätsbewussten Personen erhalten, als in der Ausgangslage. Die Anzahl Kontaktanfragen verhält sich gegenüber der Anzahl an Klicks unterproportional, da Google sehr häufig von Bestandspatienten genutzt wird, um beispielsweise die Telefonnummer der Praxis zu finden. Natürlich müssen wir davon ausgehen, dass ein Teil der Arzt­suchenden, die sich auf Google einen ersten Eindruck verschaffen, anschließend zu jameda überschwenken und umgekehrt. Die Kontaktanfragen über Google und jameda sind also nicht überschneidungsfrei.

Eine Vervielfachung der wöchentlichen Anfragen

Wie viel mehr qualitätsbewusste Patienten lassen sich also gewinnen? Gehen wir von einer Praxis in einer mittelgroßen Stadt aus, die das übliche Leistungsspektrum einer Zahnarztpraxis anbietet (die Ergebnisse variieren stark für Kieferorthopäden, MKG-Praxen etc.). Gehen wir ferner davon aus, dass 80 Prozent aller Anfragen auch wirklich zu einem Neupatienten werden. Angenommen die Praxis erhält in der Ausgangslage etwa vier Anfragen pro Woche (also ca. drei qualitätsbewusste Neu­patienten), dann wird sie in der Zielsetzung im Erwartungs­wert 30 Anfragen erhalten (und somit 24 qualitätsbewusste Neupatienten). Diese Werte repräsentieren sämtliche über Google und jameda generierten Anfragen.

Die Praxis erhält durch eine im Hinblick auf Bewertungen führende Position also in etwa 20 qualitätsbewusste Neupatienten mehr – pro Woche. Korrigieren wir alle unsere Annahmen auf den untersten Erwartungswert, so liegen wir noch immer bei etwa zehn zusätzlichen qualitätsbewussten Neupatienten pro Woche. Diese Zahlen konnten wir durch die Erfahrungen unserer Kunden erfolgreich plausibilisieren.

Natürlich ist der Übergang von Ausgangslage zur Zielsetzung mit hohen Investitionen verbunden. Diese können sich intern durch zusätzliche Aufwände und auch extern durch die Einschaltung von Unternehmen wie MediEcho manifestieren. Doch selbst wenn sich die Aufwände auf einige Tausend Euro belaufen, wird sich das Projekt gut rentieren. Wenn wir für einen qua­litätsbewussten Neupatienten vereinfacht etwa tausend Euro an kurzfristigem Deckungsbeitragspotenzial annehmen und ihm einen Lebensdauerwert von etwa zehntausend Euro zuschreiben, lohnt sich das Unterfangen bereits, wenn nur wenige solcher qualitätsbewusster Neupatienten zustande kommen.

Literaturliste

Der Beitrag ist in ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.

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