Patienten 23.05.2019

Entspann dich mal! Wenn der Patient eskaliert ...



Entspann dich mal! Wenn der Patient eskaliert ...

Foto: Nomad_Soul – stock.adobe.com

Wie man mit pöbelnden Patienten umgeht

Verrohung und Respektlosigkeit – ein in letzter Zeit häufig diskutiertes Merkmal unserer Gesellschaft – sind längst auch in den Zahnarztpraxen angekommen. Dabei ist es für die Pöbler unerheblich, ob ihnen eine ZFA oder ein Zahnarzt gegenüber stehen. Wer schreit hat Recht oder dreist kommt weiter, scheint eine Grundauffassung dieser unwillkommenen Patienten zu sein.

Häufig beginnt es bereits bei Terminabsprachen am Telefon und betrifft dann in der Regel die ZFA an der Anmeldung. Patienten erwarten absolutes Entgegenkommen der Praxis, wenn es um Termine geht. Frei nach dem Motto „der Kunde ist König", versuchen sie oft unsachlich und unverschämt ihre Interessen durchzusetzen. So wird ein Recalltermin, der nach einem halben Jahr ansteht und aus logistischen Gründen um vierzehn Tage verschoben werden muss, zur dringenden Notwendigkeit schlechthin. Statt sich bewusst zu sein, dass man als Patient keinen Anspruch auf Termine hat und sich dem Angebot beugen muss, wird beleidigt, diskutiert und gedroht, zur Konkurrenz zu gehen.

Ein Phänomen in Zahnarztpraxen, die zunehmend zu Dienstleistern mutieren. Denn welcher Patient würde sich derartig bei Dermatologen aufführen, bei denen man teilweise sechs Monate auf einen Krebsvorsorgetermin warten muss?!

Auch Wartezeiten von fünfzehn Minuten werden nicht mehr akzeptiert. Schnell wird sich an der Anmeldung beschwert, wann man denn „endlich drankommt"! Normal? Wenn wir an unsere Termine beim Frauenarzt denken und überlegen, ob wir dort stets zur ausgemachten Uhrzeit behandelt werden, relativieren sich Wartezeiten in der Zahnarztpraxis, oder? Doch von Beschwerden über die Wartezeit bekommen wir dort selten etwas mit.

Auch in puncto Empfehlungen zur Zahnpflege oder Therapieplanung hat der selbstbewusste Patient heute seine ganz eigene Auffassung.

Erst kürzlich wurde einer Patientin eine elektrische Zahnbürste eines bestimmten Herstellers empfohlen, woraufhin die Patientin sich erst einmal die Rezensionen hierzu ansehen wollte! Willkommen im Zeitalter der Bewertungen! Patienten legen mehr Wert auf eine Rezension von Hinz und Kunz im anonymisierten Internet, statt auf die akademische Meinung zahnmedizinischen Fachpersonals.

Ein anderes Beispiel: eine Patientin erwartet, dass sie ohne Termin sofort eine adäquate Behandlung erhält. Zunächst werden Röntgenbilder vorgeschlagen, um zu kontrollieren, ob sich bereits die Zahnwurzel entzündet hat und um die weitere Therapieplanung zu besprechen.

Sofort schlägt die Stimmung der Patientin um. Statt dankbar zu sein, dass eine gründliche Untersuchung stattfinden soll, obwohl sie ohne Termin den gesamten Bestellplan durcheinander bringt, ist sie ungeduldig, lehnt das digitale (!) Röntgen wegen der enormen (!) Strahlenbelastung ab, verlässt die Praxis – nicht ohne an der Rezeption zu pöbeln, über die erlebte Inkompetenz. Sie würde in dieser Praxis keinen Termin mehr ausmachen! Absolute Banalitäten führen zu großen Mißstimmungen in der Praxis.

Woran liegt das und wie gehen wir mit diesen kräftezehrenden Situationen um?

Wir müssen uns immer wieder bewusst machen, dass Patienten in die Praxis kommen, die in der Regel ein dringendes Problem, z.B. Zahnschmerzen haben. Viele von ihnen sind Angstpatienten und haben entweder durch schlechte Erfahrungen oder durch Vorurteile gegenüber Zahnärzten eine negative Grundeinstellung, wenn sie sich in Behandlung begeben. Außerdem sind viele der Patienten gestresst, haben Zeitdruck, noch weitere Termine an dem Tag oder müssen im Anschluss noch zur Arbeit.

Schwierig für die ZFA ist sicherlich, allen Erwartungen gerecht zu werden. Drängt der Patient am Telefon auf einen zeitnahen Termin und die ZFA bestellt ihn zwischen zwei anderen Terminen ein, wo eigentlich nicht genügend Zeit zur Verfügung steht, wird sie dem Patienten gerecht, nimmt aber auf der anderen Seite eventuell einen Rüffel des Chefs in Kauf, da dieser mit der geringen Behandlungszeit nicht einverstanden ist.

Ratsam in diesem Fall ist, Rücksprache mit dem Behandler zu halten, da dieser am Besten einschätzen kann, wieviel Zeit er für den speziellen Patienten benötigt. Lehnt dieser die kurzfristige Terminierung ab, kann die ZFA sich bestärkt fühlen, in der Argumentation, warum der Wunschtermin nicht vergeben werden kann. Ein Tipp: die Rücksprache mit Zahnarzt XY immer kurz im Behandlungsblatt notieren – dann ist man auch bei späterer Ansprache auf der sicheren Seite!

Wird der Patient bei der Terminierung unangenehm und möchte sich partout nicht auf einen anderen Tag verlegen lassen – nicht auf eine Diskussion einlassen! Die Praxis gibt den Ton an, sonst wird man von den Patienten überrollt! Sagt ganz offen, dass das Gespräch in der Form nicht zielführend ist und man nicht auf einen grünen Zweig kommt. Der Patient soll sich in Ruhe zuhause Gedanken machen, wann ein Alternativtermin möglich sein könnte und sich dann telefonisch nochmal melden. Der einfachere Weg wäre sicherlich, nachzugeben und ihn einfach irgendwo „zwischenzuquetschen", doch dann läuft die Patientenführung schnell aus dem Ruder. Der Patient lernt, dass ihn Hartnäckigkeit und Beschwerde zum Ziel führen. Unter Umständen nimmt dann die Zahl der Pöbler zu.

Wichtig ist immer, sachlich und ruhig zu bleiben. Nicht provozieren lassen. Nicht unhöflich werden, sonst kann die Praxis mit einer negativen Bewertung oder – auch nicht selten – einer Beschwerde bei der Zahnärztekammer rechnen. So weit soll es natürlich nicht kommen!

Patienten, die mit der Behandlung nicht einverstanden sind oder nicht mit dem Behandlungsplan einhergehen, ruhig selbstbewusst gegenübertreten. Wir sind in dieser Praxis von unserem Vorgehen überzeugt. Zahnarzt und Helferin müssen sich in diesem Fall dringend loyal zur Seite stehen! Ist der Patient unzufrieden, kann man ihm das Einholen einer Zweitmeinung empfehlen. Häufig ist dem Patienten zu aufwendig. Und dem Patienten wird deutlich gemacht, dass man in dieser Praxis vom Behandlungskonzept überzeugt ist.

Kommt es ganz ungünstig und der Patient zweifelt alles an, wirkt mürrisch und unzufrieden, kann aufgrund eines mangelnden Vertrauensverhältnisses auch seitens des Arztes die Weiterbehandlung abgelehnt werden. Soll heißen: man muss vor unangenehmen Patienten in der Praxis nicht einknicken und sich vor allem nicht alles bieten lassen. Wird ein Patient körperlich oder verbal zudringlich, kann man eine Situation allein nicht beherrschen, so soll sich die ZFA stets den Zahnarzt/die Zahnärztin zur Seite stellen. Dann ist man als ZFA solchen Pöblern zum einen nicht allein ausgesetzt, zum anderen ist der Behandler in Kenntnis gesetzt und kann ggf. eine Weiterbehandlung ablehnen und man tappt als ZFA nicht in die Falle, dass einem Unhöflichkeit oder Eigenmächtigkeit nachgesagt werden.

Vor allem in den ersten Berufsjahren braucht die ZFA klare Strukturen und Ansagen, wie mit den schwierigen Patienten umgegangen werden soll. Sonst steht sie zwischen allen Stühlen und nimmt häufig den Praxisärger mit nach Hause.

Sprecht euren Arbeitgeber oder die Behandlerin auf solche Fälle an und fragt, wie das spezielle Problem in der Praxis gehandhabt wird. Dann seid ihr gewappnet und wisst, wie ihr euch verhalten sollt.

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