Personalmanagement 13.08.2025

Arbeits­motivation: Kein Anzeichen für eine strukturelle Krise

Die demografiebedingte Verknappung des Arbeits­kräfteangebots ist eine der größten arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen kommender Jahre. Umso wichtiger ist es, das Arbeitskräftepotenzial hierzulande bestmöglich zu nutzen. Dafür braucht es Menschen, die gerne arbeiten und sich in ihrem Beruf engagieren. Doch einige vor Kurzem veröffentlichte Befragungsergebnisse1 erwecken den Eindruck, in Deutschland gäbe es ein Motivationsproblem. Stimmt das?

Arbeits­motivation: Kein Anzeichen für eine strukturelle Krise

Foto: deagreez – stock.adobe.com

Der aktuelle Report unter dem Titel „Alle unmotiviert? Arbeitsmotivation und Arbeitgeberbindung in Deutschland“2 widerlegt diese Annahme anhand von vier Indikatoren in Bezug auf Motivation und Arbeitgeberbindung der Beschäftigten in Deutschland. Dabei zeigt sich: Die Indikatoren weisen keine besorgniserregenden Auffälligkeiten oder Trends auf, die auf einen Motivationsmangel von Arbeitnehmern hindeuten würden – eher im Gegenteil. Die meisten Menschen ar­beiten – alles in allem – gerne, fühlen sich engagiert und haben nach wie vor ein ausgeprägtes Commitment zu ihrem Arbeit­geber.

Zur vollständigen Studie

Indikator 1
Arbeitszufriedenheit – nahezu konstant hoher Wert im Zeitverlauf.

Rund 48 Prozent wiesen im Jahr 2022 eine hohe und 49 Prozent eine mittlere Arbeitszufriedenheit auf. Die Langfristperspektive auf Basis des Sozio-oeko­nomischen Panel (SOEP) seit dem Jahr 1990 zeigt, dass die Unterschiede in der Arbeitszufriedenheit zwischen den Jahren eher gering ausfallen. Ein negativer Trend ist nicht erkennbar, am aktuellen Rand der Messung im Jahr 2022 geht der Anteil der hochzufriedenen Arbeitnehmer allerdings um vier Prozent­punkte gegenüber dem Vorjahr zurück. Die geringste Arbeitszufriedenheit auf Basis des SOEP wurde während der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 ge­messen – allerdings auch noch mit immerhin rund 45 Prozent hochzufriede­nen Beschäftigten.

Indikator 2
Engagement – Beschäftigte fühlen sich mehrheitlich engagiert bei der Arbeit.

Nach eigener Aussage sind die Beschäftigten mehrheitlich engagiert und empfinden Begeisterung und Energie bei der Arbeit. Mehr als jede(r) Zweite war im Jahr 2024 meistens begeistert von ihrer beziehungsweise seiner Arbeit. Für ebenso viele verging die Arbeit an den meisten Tagen wie im Flug. Rund 90 Prozent sind davon überzeugt, zumeist gute Arbeit zu leisten.

Indikator 3
Fluktuation – Niveau geringer als vor der Pandemie.

Der Fluktuationskoeffizient der Bundesagentur für Arbeit liegt für das Jahr 2023 unterhalb des Vorjahrs und ist geringer als vor der Pandemie. Dies liegt an der Zurückhaltung der Unternehmen bei Neubesetzun­gen, aber auch an der Zurückhaltung von Beschäftigten, in wirtschaftlich unsicheren Zeiten den Arbeits­platz zu wechseln.

Indikator 4
Betriebszugehörigkeit – In den letzten zehn Jahren leicht gesunken.

Jedes zweite Arbeitsverhältnis dauert weniger als ein Jahr. Vergleicht man die beendeten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse 2019 und 2023, so fällt dieser Anteil am aktuellen Rand ­um 2,5 Prozentpunkte niedriger aus als vor ­der Pandemie. Im Vergleich der durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit seit den 1990er-Jahren zeigt sich jedoch ein leicht abnehmender Trend. Im Durch­schnitt waren Beschäftigte, die älter als ­50 Jahre alt sind, im Jahr 2022 allerdings immer noch 17 Jahre beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt, Beschäftigte zwischen 31 und 50 Jahre neun Jahre und Beschäftigte unter 30 Jahren rund drei Jahre.

Arbeitgeber-To-do: Betrieb­liches Leistungsmanagement etablieren

Ein betriebliches Leistungsmanagement hilft dabei, motivierte Mitarbeitende zu belohnen und ihre guten Leistungen sichtbar zu machen. Maßnahmen wie Anerkennungssysteme, Weiterbildungsmöglichkeiten und die Förderung von Gestaltungsspielräumen bei der Arbeit können die Motivation weiter stärken und Mit­arbeitende an den Arbeitsplatz binden.

Fazit

Die vier verschiedenen Indikatoren, die in der deskriptiven Untersuchung zur Messung der Arbeitsmotivation und Arbeitgeberbindung herangezogenen wurden, widersprechen dem in letzter Zeit häufig geäußerten Eindruck, in Deutschland wäre ein großer Anteil, wenn nicht gar die Mehrheit der Beschäftigten, unmotiviert und des Arbeitslebens oder zumindest ihres Arbeitgebers überdrüssig. Tatsächlich weist die Arbeitszufriedenheit sowohl im Zeitverlauf als auch im internationalen Vergleich keine besorgniserregenden Auffälligkeiten auf – ganz im Gegenteil. Die meisten Menschen sind – alles in allem – mit ihrer beruflichen Situation zufrieden. Ob und wie sich die derzeit andauernde wirtschaftliche Krise, die zunehmend auch auf dem Arbeitsmarkt spürbar ist, künftig auf die Motivation der Beschäftigten auswirken wird, bleibt abzuwarten. Die Beschäftigungssicherheit ist ein wesentliches Merkmal der Arbeitgeberattraktivität und nimmt Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit. Massive Produktivitätseinbußen aufgrund einer strukturellen Motivationskrise legt die Studie nicht nahe, dennoch braucht es gerade in krisenbehafteten Zeiten gute betriebliche Lösungen, um Veränderungen umzusetzen und dabei die Mitarbeitenden mitzunehmen. Dabei kommt es auch auf ein betriebliches Leistungsmanagement an, welches gute Leistungen und motivierte Mitarbeitende belohnt.

Zur Person


Dr. Andrea Hammermann ist Senior Economist für Arbeitsbedingungen und Personalpolitik beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW).

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Dieser Beitrag ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.

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Autorin: Dr. Andrea Hammermann

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