Personalmanagement 15.09.2011
Führen durch Kommunikation – Teil 1: Das Mitarbeitergespräch
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Mitarbeitergespräche sind nicht zu verwechseln mit persönlichen, informellen Unterhaltungen oder „Zwischen-Tür-und-Angel-Gesprächen“. Von einem Mitarbeitergespräch ist dann zu sprechen, wenn es ein klar definiertes Ziel hat, vorbereitet ist und bezüglich Dauer, Rahmenbedingungen und Ablauf bestimmte Standards berücksichtigt. Es ist ein wichtiges Instrument der Mitarbeiter- und Praxisführung.
Sie treffen sich mit Bekannten bei einer Geburtstagsfeier und unterhalten sich „über Gott und die Welt“. Sie wollen einen neuen Geschirrspülautomaten kaufen und gehen in ein Fachgeschäft, um sich von dem Verkäufer über den aktuellen Stand der Technik und die besten auf dem Markt befindlichen Geräte informieren zu lassen. Der Sohn Ihres Nachbarn demonstriert seit einer halben Stunde die Leistungskraft seiner Verstärker. Ihr Ärger hat sich immer weiter gesteigert. Nun gehen Sie zu Ihrem Nachbarn, um sich zu beschweren.
Charakter und Ziel des Gesprächs
In allen drei
Situationen „führen Sie ein Gespräch“. Aber wie unterschiedlich diese
Gespräche sind, ist leicht erkennbar: Gegenstand, Ziel, innerer Aufbau, Gesprächsbeginn
und -abschluss sowie die Vorbereitung auf das Gespräch sind denkbar
verschieden. Was für den privaten Bereich gilt, trifft in noch
stärkerem Maße auf professionelle Gespräche, speziell in der
Mitarbeiterführung, zu. Hier brauche ich Klarheit über meine Rolle in
diesem Gespräch: Bin ich Vermittler (in einem Konflikt zwischen zwei
Mitarbeitern), Moderator (in einer Praxisbesprechung), Kritiker
(einer Mitarbeiterin, die nachlässig gearbeitet hat) oder Anleiter (in
einem Gespräch mit einer Auszubildenden). Je nach Intention und Ziel
des Gespräches sowie der Definition meiner Rolle müssen Gesprächsformen und
-instrumente eingesetzt werden, die den gewünschten Zweck erfüllen. Charakter,
Anlässe und Ziele von Mitarbeitergesprächen sind vielfältig.
Dementsprechend sind verschiedene Arten von Mitarbeitergesprächen zu
unterscheiden. Die häufigsten sind:
– Führungsgespräch
–
Problem- und Konfliktgespräch
– Delegationsgespräch
– Kritikgespräch
–
Bewerbungsgespräch.
Diese werden im zweiten Teil des Artikels erörtert. Als erstes sollten Sie sich über den Charakter des zu führenden Mitarbeitergesprächs klar sein: Was ist meine Hauptintention, aus welchem Grund will ich das Gespräch führen: Ist es ein Führungsgespräch, ein Kritikgespräch etc.? Der zweite Schritt besteht darin, für sich festzulegen, mit welchem Ziel man das Gespräch führt: Was will ich mit dem Gespräch erreichen; bildlich gesprochen: Wo hängt – realistisch – das Zielband? So ist es beispielsweise bei einem Kritikgespräch ein Unterschied, ob Sie das Gespräch führen, weil eine Mitarbeiterin in letzter Zeit häufig zu spät gekommen ist; hier ist sicherlich das Ziel, dass sie ab morgen pünktlich ist. Oder ob bei einer anderen Mitarbeiterin der Patientenumgang noch nicht professionell genug ist; hier wird das Ziel sein, ihr Problembewusstsein zu wecken, mit ihr gemeinsam das Problem zu erörtern und nach kurz- und mittelfristigen Lösungen zu suchen: zum Beispiel Fortbildung, Trainings, Anleitung durch eine erfahrene Mitarbeiterin. Ihr Ziel ist es, durch das Gespräch ein Umlernen in Gang zu setzen, das sicher nicht in allen Punkten von heute auf morgen gelingt.
Vorbereitung eines Mitarbeitergesprächs
Es ist hilfreich, sich auf das Gespräch vorzubereiten. Neben der Klärung von Charakter und Ziel des Gesprächs sollte man sich kurz über folgende Fragen Klarheit verschaffen:
Wie ist die (emotionale) Ausgangslage bei meinem
Gesprächspartner und bei mir?
Wenn einer der Gesprächspartner von dem
Thema stark betroffen ist, geht er leicht in eine Verteidigungshaltung und
ein sachliches Gespräch wird erschwert. Dann kann es günstig sein, zu
Beginn des Gesprächs erst einmal die Wogen zu glätten. Welche
Punkte möchte ich ansprechen? Überlegen Sie sich vor dem Gespräch die
konkreten Punkte, die Sie ansprechen wollen.
Wie arrangiere ich
die Sitzordnung?
Die Sitzordnung soll zum Charakter des Gesprächs
passen. Wenn man sich steif gegenüber sitzt, sich evtl. noch hinter einen
Schreibtisch zurückzieht, ist ein offenes Gespräch erschwert.
Mit
welchen Worten beginne ich das Gespräch?
Mit der Form des
Einstiegs werden die Weichen für das gesamte Gespräch gestellt. Weil
die ersten Worte auch Orientierung für den Gesprächspartner sind,
sind sie bedeutungsvoll.
Wie argumentiere ich und belege meine Sichtweise?
Welche
Argumente haben Sie für Ihre Sichtweise? Belegen Sie sie durch konkrete Situationen
oder Verhaltensweisen der Mitarbeiterin und vermeiden Sie pauschale
Urteile.
Welche Vereinbarungen strebe ich an?
Die
Gesprächsergebnisse sollten zusammengefasst und eine gemeinsame, nachprüfbare
Vereinbarung getroffen werden.
Wie überprüfe ich im Nachhinein die Vereinbarungen?
Überlegen
Sie bereits in der Vorbereitung, wie und wann Sie mögliche Absprachen überprüfen
wollen.
Rahmenbedingungen und Ablauf
Jedes Gespräch folgt einer bestimmten Gesetzmäßigkeit, einer Dramaturgie – so auch Mitarbeitergespräche. Die Dramaturgie eines Kritik- oder eines Delegationsgesprächs beispielsweise ist nicht vollständig identisch, folgt aber dennoch einem grundsätzlich ähnlichen Ablauf:
Kündigen Sie
der Mitarbeiterin das Gespräch vorher an.
Ein Gesprächsüberfall
erscheint im ersten Moment komplikationsloser, ist aber gegenüber dem
Gesprächspartner unfair, da er keine Möglichkeit hatte, sich auf das
Gespräch einzustellen.
Stellen Sie ein angemessenes Arrangement her.
Das
Gespräch sollte in der Regel ein Vieraugengespräch sein. Eine frontale Sitzanordnung
vermittelt eher ein Gegeneinander. Legen Sie vorher die ungefähre
Gesprächsdauer fest.
Schaffen Sie eine störungsfreie Atmosphäre.
Wählen
Sie einen geeigneten Raum für das Gespräch, in der Regel Ihr Büro, in
dem Sie ungestört sind: kein Telefon, keine Störung durch eine andere
Mitarbeiterin. Seien Sie in dem Gespräch präsent und nicht gedanklich mit
anderen Dingen beschäftigt.
Beginnen Sie mit der nochmaligen Benennung
des Gesprächsthemas.
Auch wenn Sie bei der Vereinbarung des
Gesprächstermins das Thema gegenüber der Mitarbeiterin schon benannt haben,
ist dies erforderlich, um Missverständnisse über den Gesprächsgegenstand
auszuschalten.
Erläutern Sie klar und konkret Ihr Gesprächsziel.
Ihre
Mitarbeiterin weiß dadurch von Beginn an, welches Anliegen Sie haben,
z.B.: „Ich möchte, dass wir da etwas ändern.“; „Mir ist es wichtig, Ihre
Meinung zu hören, um gemeinsam Ideen zu entwickeln.“
Schildern Sie
das Thema aus Ihrer Sicht.
Sie haben eine bestimmte Sicht der Dinge,
die Sie der Mitarbeiterin mitteilen.
Geben Sie der Mitarbeiterin
anschließend die Möglichkeit, ihre Sicht zu schildern.
Sie machen
damit deutlich, dass Ihnen die Meinung Ihrer Mitarbeiterin wichtig ist.
Erfahrungsgemäß haben zwei Menschen häufig unterschiedliche Wahrnehmungen
derselben Situation und daher unterschiedliche Sichtweisen.
Erörtern
Sie gemeinsam das Problem. Fassen Sie die Ergebnisse zusammen.
Verhindern
Sie auf diese Weise, dass jeder für sich mit einem anderen Ergebnis aus
dem Gespräch hinausgeht. Sie ersparen sich damit viele Missverständnisse.
Schließen
Sie mit einer klaren Vereinbarung ab.
Die Vereinbarung kann sehr
konkret sein („Ab morgen pünktlich!“) oder darin bestehen, den nächsten
Schritt zu planen (Fortbildungsmöglichkeiten herausfinden). Durch
eine Vereinbarung bekommt das Gespräch eine größere Verbindlichkeit.
Überprüfen
Sie nach einer entsprechenden Zeit die Umsetzung der Vereinbarung.
Teil
der Vereinbarung sollte sein, einen Zeitpunkt festzulegen, an dem die
getroffene Regelung gemeinsam überprüft wird: war sie sinnvoll, welche
Schwierigkeiten traten auf, sollte sie modifiziert werden.