Praxismanagement 28.02.2011
Praxismanagement mit Körper und Geist
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Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht. Sein Praxisteam erfolgreich führen zu wollen, heißt noch lange nicht, es auch zu können. Wie aber können Parodontologen ihre Mitarbeiter dazu verführen, dass sie ihre Individualität entfalten und so zu hoch motivierten, treibenden Kräften in der Praxis werden? Häufig erreichen Chefs durch fehlende Führungsqualitäten gerade das Gegenteil: Sie führen ihre Mitarbeiter ungewollt in die Irre.
Stellen wir uns vor, wir beauftragen drei Projektteams mit exakt der gleichen Aufgabe. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass jedes dieser Projektteams die gleiche Lösung bietet? Genau! Die Wahrscheinlichkeit ist gleich null. Warum ist das so, obwohl die Aufgabenstellung und die zur Verfügung stehenden Mittel doch die gleichen sind? Es liegt nicht an der Aufgabe selbst, sondern am individuellen Denken, der unterschiedlichen Herangehensweise der Menschen und wie bzw. welche Entscheidungen diese treffen.
Vier Management-Rollen bestimmen die Blickrichtung
Das individuelle Denken der Mitarbeiter kann nicht von oben beeinflusst, verordnet oder verändert werden, die Herangehensweise hingegen schon. Die Methodik für (Problem-)Lösungen kann und muss systematisiert werden. Erster Schritt hierzu ist eine Analyse der grundsätzlichen Denkweisen in der Praxis, um die hauptsächlichen Einflüsse zu erkennen. Im Management gibt es vier wesentliche Energien oder auch Rollen, die die Blickrichtung der Praxisleiter auf ein Problem beeinflussen und somit auch eine starke Wirkung auf die spätere Herangehensweise der Mitarbeiter an eine Aufgabenstellung haben:
1. Die Ergebnis-Rolle
Die erste wichtige Energie ist die Energie „E“ wie Euro, Erfolg, Ergebnis: Das „E“ in einer Praxis beantwortet immer die Frage, was können wir heute tun, damit wir sofort (mehr) Geld verdienen? Zahnärzte mit dem „E“-Blickwinkel sehen ihre Aufgabe hauptsächlich darin, Ergebnisse zu produzieren, das Wichtigste ist die Wertschöpfung und der Gewinn. Sie haben immer den Patienten im Auge und legen Wert auf Effektivität. „E“-Parodontologen besitzen fundiertes Wissen über die Branche und sind fachlich höchst kompetent. Damit der Ertrag stimmt, setzen sie ihre Ideen und Umstrukturierungen stringent durch. Sie sind Macher im täglichen Geschäft.
2. Die System-Rolle
Der zweite Typ Zahnarzt wird von der Energie angetrieben, die man mit „Systeme schaffen“ umschreiben könnte. Die „S“-Rolle denkt in übergeordneten Systemen. Parodontologen in der „S“-Rolle befassen sich damit, wie eine Praxis arbeiten muss, damit sie effizient ist. Wichtig sind dabei standardisierte Regeln, die vorgeben, was getan werden muss. „S“-Parodontologen beherrschen das Administrieren und das strukturelle Denken. Sie können jede Situation so umwandeln, dass sie in das Schema eingeordnet werden kann und in den Routineablauf der Praxis passt. Sie entwerfen Handlungsgerüste für ihre Mitarbei-ter und behalten immer das System im Auge.
3. Die Vision-Rolle
Eine dritte starke Energie ist die Vision. Zahnärzte in der „V“-Rolle kann man als Entrepreneurs bezeichnen. Sie sind die klassischen Praxisgründer mit neuen Ideen, mit denen sie die Welt verändern wollen. „V“-Parodontologen sind idealistische Visionäre, die Ideen für morgen im Auge haben. Sie befassen sich damit, wie sie sich heute positionieren müssen, um in der Zukunft richtig zu stehen. Sie sind die Vorreiter, die ein neues Produkt oder eine neue Leistung in den Vordergrund stellen und von ihren Innovationen überzeugt sind.
4. Die Integration-Rolle
Die vierte Antriebsfeder ist die „I“-Rolle. Zahnärzte in der „I“-Rolle sind Seelsorger und von der Idee überzeugt, dass der Mensch das Wichtigste in der Praxis ist. Das „I“ in einer Praxis beantwortet immer die Frage, wie die Mitarbeiter miteinander und mit ihren Patienten umgehen. „I“-Zahnärzte legen ihr Hauptaugenmerk auf die menschliche Seite der Praxis. Ihre Denkweise könnte man so auf einen Nenner bringen: Geht es den Menschen gut, dann geht es der Praxis gut. „I“-Parodontologen legen sehr genau fest, wie wir miteinander (Mitarbeiter, Patienten, Lieferanten u. a.) umgehen sollen. Für sie ist das Zwischenmenschliche von entscheidender Bedeutung.
Vier Energien und ihre Chancen bzw. Gefahren
Nur wenn diese Rollen in einem konstruktiven Konflikt sind, ist die Parodontologie-Praxis auf einem gesunden Wachstumskurs. Jede der vier Energien hat Vorteile, birgt aber auch Gefahren in sich: Ergebnis-Zahnärzte steigern schnell die Gewinne, haben dabei aber hauptsächlich die Gegenwart im Blick und weniger die Zukunft der Praxis. Parodontologen, die Systeme schaffen, geben ihren Mitarbeitern und Patienten Sicherheit durch Handlungskonstrukte, laufen aber Gefahr, dass daraus ein zu eng geschnürtes Korsett wird, welches die Kreativität im Keim erstickt. Visionäre und Vorreiter sind die treibende Kraft in der Entwicklung der Menschheit, von ihnen kommen die besten Innovationen. Aber ihr Denken ist nicht in der Gegenwart, sondern liegt pro-aktiv in der Zukunft. Das verFührt zu Fehlern. Die Integrations-Zahnärzte schaffen ein gutes Betriebsklima als Voraussetzung für gesundes Wachstum, verwechseln aber unter Umständen Laissez-faire mit Integration und vernachlässigen manchmal den wirtschaftlichen Aspekt.
Konstruktiver Dialog der vier Energien verFührt Mitarbeiter
Nun gibt es in der Realität die vier „Typen“ sowieso nicht in der Reinform, die meisten Zahnärzte sind zum Glück „Mischlinge“. Parodontologen, die ihre Mitarbeiter zu Höchstleistungen verFühren wollen, sollten die vier Energien in einen konstruktiven Dialog, in ein Miteinander, treten lassen. Dann besteht eine gute Chance auf Wachstum für die Praxis. Dann gelingt es Zahnärzten, ihre Mitarbeiter dazu zu verFühren, echte Leidenschaft für die Praxis zu entwickeln, weil sie ihre ursprünglichen Talente fördern können. Findet dieser kritische Dialog nicht statt, wird es sehr ruhig. Zahnärzte, die in der Ruhe die Lösung sehen, verkennen, dass in den ruhigen und geordneten Praxen gute Leute schon zu Staub und Asche geworden sind. Wo ist es in einer Stadt besonders ruhig? Genau, am Friedhof. Und genau dort befinden sich diejenigen Parodontologie-Praxen, in denen der konstruktive Konflikt der Rollen nicht mehr gefördert wird.
Gegenseitiger Respekt
Natürlich ist ein konstruktiver Konflikt alleine nicht ausreichend. Dieser Konflikt und die daraus wachsenden Resultate können nur entstehen und zur Blüte kommen, wenn dies auf der Basis von gegenseitigem Respekt geschieht. Dies bedeutet also für jede Praxis, dass die eigene Philosophie und der Umgang mit sich und der Welt klar in einem Leitbild niedergeschrieben sein sollten und dieses Leitbild jeder Mitarbeiter in sein Handeln und Denken integriert. Jeder Zahnarzt sollte als Praxisinhaber und Unternehmer neben dem Praxisleitbild auch eine persönliche Führungsethik definiert haben. Darin bekennt er sich schriftlich und eindeutig, wie er Mitarbeitern begegnen will und was er persönlich dazu tut, um den konstruktiven Konflikt zu fördern und zu Ergebnissen zu kommen.
Gemeinsame Interessen
Ein weiterer wichtiger Punkt für den gemeinsamen Erfolg ist grundsätzlich, dass alle Mitarbeiter in einer Praxis die gleichen Interessen verfolgen. Gemeinsame Interessen bedeutet, dass alle Mitarbeiter die große Idee der Parodontologie-Praxis tragen und es gleichzeitig als eine wichtige Aufgabe betrachten, die Interessen der Patienten zu erfüllen. Darüber hinaus sollen sie natürlich auch ihre individuellen Werte wahren können. Wenn eine Praxis aus Mitarbeitern besteht, die sich ausschließlich aus monetären Gründen zusammengefunden haben, kann man eigentlich auch von einer Söldnertruppe sprechen. In erfolgreichen Zahnarzt-Praxen ist es grundsätzlich so, dass neben den monetären Gründen eben auch die große gemeinsame Idee, der gegenseitige Respekt und das vernünftige Einhalten von definierten Regeln gleichberechtigt im Vordergrund stehen. Dass dies stattfinden kann, dafür hat der Zahnarzt als Führungskraft zu sorgen und seine Mitarbeiter zu verFühren, diesen Dialog mitzugestalten. Hier nun einige konkrete Punkte, was Parodontologen als Unternehmer tun und lassen sollten:
IrreFühren
• konkrete Zielvorgaben, aber fremdbestimmt
• management by objectives
• Rationalität, nur Zahlen zählen
• Laissez-faire
• mechanistisches System
• Gleichmacherei
VerFühren
• eigene Ziele – gemeinsames Lernen
• bewusste Selbstorganisation
• Zahlen- und Mensch-Strategie
• kraftvolle Visionen
• organisch sich ergänzend
• sittliche Eliten, fairer Wettbewerb
Dies sind nur einige Punkte, die zu Wachstum oder Niedergang innerhalb einer Praxis führen können. Letztendlich liegt es immer am Zahnarzt und Chef, ob es ihm gelingt, ein Feld zu öffnen und individuelles Wachstum zu ermöglichen. Dies erfordert jedoch ein Know-how, das den Parodontologen als Führungskraft in die Lage versetzt, einen anderen, wenn auch für die eigene Vorstellung völlig außergewöhnlichen, Blickwinkel einzunehmen. Aber was wissen Zahnärzte – gerade in großen Praxen – schon von ihren Mitarbeitern? Erkennen sie diese als Menschen oder nur als Mitarbeiter, als Erfüllungsgehilfen zum Wohl des Patienten? Die rein fachliche Brille und das Minimieren von persönlichen Gefühlen sowie die Angst vor Fehlern lässt viele Zahnärzte daran scheitern. Sie kennen sich mit ihrem Handy besser aus als mit sich selbst, ihren Mitarbeitern, oder – generell – dem Mensch als Individuum. Deshalb können sie auch kaum verFühren.
Nur wenn der Parodontologe den Mut hat, sein eigenes bisher gewohntes und gelerntes Verhalten infrage zu stellen und mit außergewöhnlichen Betrachtungsweisen den eigenen Horizont zu erweitern, wird er in der Lage sein, seine Mitarbeiter zu außergewöhnlichen Leistungen zu verFühren. Dann kann er die Mitarbeiter und sich selbst in einem definierten Umfeld und zum Besten des Ganzen zufriedenstellen und daraus die bestmögliche Leistung generieren. Ziel muss es also sein, mit unterschiedlichsten Methoden ein möglichst zusammenhängendes Menschenbild zu bekommen und die Denk- und Handlungsweisen anderer Menschen zu verstehen, zu akzeptieren und schlau zu integrieren.