Praxismanagement 21.02.2011

20 Prozent mehr Umsatz durch Marketing!?

20 Prozent mehr Umsatz durch Marketing!?

Foto: © Shutterstock.com

Marketing umfasst alle Maßnahmen, den Umsatz bzw. den Gewinn zu steigern bzw. zu stabilisieren. Doch wie hoch kann die Steigerung sein? Ist sie überhaupt messbar? In diesem Beitrag befasst sich der Autor mit dieser für die Strategieentwicklung der Zahnarztpraxis so bedeut­samen Frage.

Die meisten Zahnärzte halten Marketingmaßnahmen inzwischen für wichtig bzw. sehr wichtig. Dementsprechend haben sich bereits viele mit diesem Thema auseinandergesetzt und sind marketingmäßig tätig geworden. Oft geschieht dies durch mehr oder weniger strategisch vorgenommene Werbeaktivitäten (mit dem Aufbau eines strategischen Marketingkonzeptes bzw. dem Unterschied zwischen Marketing und Werbung befasst sich der Autor in der nächsten Ausgabe der ZWP). Doch eine Frage wird verständlicherweise immer gestellt: „Was bringt eigentlich so ein Marketing?“ Warum diese Frage so schwer zu beantworten ist und auf welcher Grundlage der Verfasser trotzdem eine Antwort wagt, wird im Folgenden dargestellt.

Verschiedene Einflussgrößen auf das Marketing

Ein Faktum soll zu Beginn gleich ganz klar festgehalten werden: „Es gibt keine pauschale Antwort.“ Das liegt an den so unterschiedlichen Randbedingungen der Praxen, die entweder mit bewusstem Marketing beginnen möchten oder die bereits aktiv geworden sind und ihr Marketing verbessern wollen. Die zehn wichtigsten Einflussgrößen auf den Erfolg bewussten Marketings sind in Abbildung 1 dargestellt. Weiterhin wird der Erfolg auch durch die Ziele der Praxis beeinflusst. Diese können unterschiedlich sein, beispielsweise Gründung, Stabilisierung bei fallenden Umsätzen, Rettung bzw. Sanierung oder kontinuierliche Fortentwicklung der Praxis.



Der Einfluss des Praxisinhabers: Wesentlich für den Erfolg eines jeden Konzeptes ist die Person des Praxisinhabers. Die Strategie selbst kann noch so gut sein – wenn der Unternehmer nicht dahintersteht und das Ziel nicht auch wirklich mit Herzblut verfolgt, ist es von vornherein zum Scheitern verurteilt. Von 100 Zahnärzten, die sich bei der Marketingstrategie professioneller Hilfe bedienen möchten, sind mindestens zehn derart zurückhaltend, dass mit dem Aufbau einer (kostenintensiven) Strategie noch abgewartet werden sollte. Bei einer guten Praxisbetreuung wird der Unternehmens- bzw. Praxisberater hier zunächst auch keine Marketingaktivitäten entfalten, sondern rät dem Zahnarzt, sich zunächst über sich selbst und das, was er wirklich möchte, Klarheit zu verschaffen. Hierzu ist eventuell auch psychologische Unterstützung hilfreich.

Weitere zehn Zahnärzte sind „geborene“ Unternehmer, die eigentlich kaum professionelle Hilfe benötigen. Interessanterweise bedient sich gerade diese Gruppe häufig der besten Unterstützung – vielleicht liegt hierin die eigentliche Ursache für ihren Erfolg.

In der kompletten Bandbreite unterschiedlicher Persönlichkeiten bewegen sich die unternehmerischen Voraussetzungen der Zahnärzte; der messbare Erfolg des Konzeptes wird hiervon wesentlich abhängen. Ausgangssituation, Positionierung und Spezialisierung: Eine weitere wesentliche Einflussgröße ist die Ausgangslage der Praxis. Wenn sie marketingmäßig noch nichts unternommen hat, aber ansonsten über beste Voraussetzungen verfügt, wird die messbare Erfolgssteigerung vergleichbarer Konzepte größer sein als bei einer Praxis, die bereits ein sehr erfolgreiches Marketing betreibt. Weiterhin beeinflussen die wirtschaft­liche Situation der Praxis und damit das Budget und die Stimmungslage des Inhabers den Erfolg des Konzeptes.

Darüber hinaus ist die Positionierung der Praxis maßgeblich für den Erfolg. Bei manchen Praxen ist diese essenzielle Basis für jedes Konzept leichter zu entwickeln als bei anderen. Die Herausarbeitung eines Alleinstellungsmerkmals, das auch in Verbindung mit der fachlichen Spezialisierung steht, ist unterschiedlich aufwendig und erfolgreich. In diesem Zusammenhang ist auch der vorhandene „Ruf“ der Praxis zu sehen. Lage der Praxis, Wettbewerbssituation und Kaufkraftverhältnisse: Die Lage und damit die Wettbewerbssituation und die Kaufkraftverhältnisse der Praxis sind wesentliche, manchmal aber schwer zu beeinflussende Größen. Es gibt Toplagen, bei denen wenige Marketinganstrengungen bereits zu großem Erfolg führen, und Standorte, bei denen kein noch so gutes Konzept messbare Erfolge liefert.

Werbekonzept und -budget: Auch die Qualität des Werbekonzeptes und das dafür eingerichtete Budget sind für den messbaren Erfolg maßgeblich. Es kann davon ausgegangen werden, dass mehr Werbung zu mehr Umsatz führt. Die Frage ist nur, inwieweit das wirtschaftlich ist.

Patientenkommunikation: Hierbei handelt es sich nicht um Werbung. Die Ansprache des Patienten durch den Behandler und das Team ist aber Teil des Marketingkonzeptes, das den wirtschaftlichen Erfolg ebenso wie die anderen Aspekte maßgeblich beeinflusst. Außerdem kann an dieser Stelle die Frage veranschaulicht werden, was den Erfolg eigentlich ausmacht – die Anzahl der Neupatienten oder der Umsatz pro Patient?

Messbare Erfolge

Trotz der oben genannten Einschränkungen können auf der Basis der Erfahrungen des Verfassers Angaben zu den Marketingerfolgen gemacht werden, die Anhaltspunkte für eine zahlenmäßige Angabe der Erfolgsgrößen liefern. Dabei fällt auf, dass es trotz der Kategorisierung in Spitzenpraxen, Mittelpraxen und eher schwache Praxen in allen drei Gruppen ähnliche Erfolge gibt. So setzen alle Praxen, die ein strategisches Marketing betreiben, zwischen sieben und zehn Prozent ihrer Gesamtumsätze als Marketingbudget ein.

Die Steigerung der Anzahl der Neupatienten ist schwerer anzugeben, weil viele Praxen diese Zahl vor dem Beginn der Maßnahmen nicht genau abgegrenzt angeben können. Im Mittel beträgt die Zahl der Neupatienten (NP) pro Monat in deutschen Praxen circa 9 NP. Nach den Erfahrungen des Verfassers kann diese Zahl im Rahmen eines gu-ten Konzeptes durchaus 200 bis 250 NP pro Monat betragen. Häufig werden Zahlen von 20 bis 40 NP pro Monat genannt.

Die Steigerung des Umsatzes lässt sich hingegen leichter erfassen. Unter Berücksichtigung der Anlauf- und Wirkzeiten von Marketingmaßnahmen in der Größenordnung von ein bis zwei Jahren werden Umsatzerhöhungen von 17 bis 30 Prozent gemessen. Die Umsatzsteigerungen können durch die Neupatienten allein oder durch die Kombination mit dem Mehrumsatz bei Bestandspatienten bewirkt werden. Die verbesserte Patientenansprache (darunter kann auch das „Verkaufsgespräch“ verstanden werden) kann noch zusätzlich oder kombiniert in der Größenordnung von 20 Prozent mehr Umsatz betragen.

Vergleichbare bzw. noch deutlich höhere Zahlen sind auch bei Bochmann (siehe Sander, Th.: Das individuelle Praxisleitbild entwickeln – den eigenen Weg finden; Der Freie Zahnarzt, 4/ 2004) zu finden. Danach beträgt das Potenzial der Gewinnsteigerung aus­gehend von einer Basispraxis im Extremfall sogar 43 Prozent.

Faustregel: 10 = 20 – 10

Es ist durchaus möglich, dass die Entwicklung und Umsetzung von Marketingkonzepten abhängig von den zehn wichtigsten Einflussgrößen wenig Erfolg mit sich bringen. Andererseits gibt es Anhaltpunkte, dass bei vielen Praxen mit dem richtigen Konzept viele Neupatienten geworben werden und der Umsatz mit einem Einsatz von 7 bis 10 Prozent des Gesamt­umsatzes um teilweise deutlich mehr als 20 Prozent gesteigert werden kann. Da ein Teil dieser Umsatzsteigerung auf das Labor entfällt, wirkt sich dies nicht in vollem Umfang auf den Gewinn aus. Trotzdem kann als Faustgröße: 10 = 20 – 10 angeben werden: 10 Prozent für Marketing bringt 20 Prozent mehr Umsatz und damit 10 Prozent mehr Gewinn. Dabei sind die 10 wichtigsten Einflussgrößen zu beachten.

Auch zum Schluss soll noch einmal deutlich gesagt werden, dass es eine pauschale Antwort für alle Praxen nicht gibt. Die unterschiedlichen Einflussgrößen wurden dargelegt. Trotzdem gibt es Anhaltswerte, die Grund zu der Annahme liefern, dass Marketing zum wirtschaftlichen Erfolg der Praxis beiträgt. Bei einem Versuch der Quantifizierung können die oben genannten Größen als „Hausnummer“ angegeben werden.

Autor: Prof. Dr. Thomas Sander


Mehr News aus Praxismanagement

ePaper