Praxismanagement 28.02.2011

Selbstzahlerleistung und wie Sie sie in die Praxis integrieren

Selbstzahlerleistung und wie Sie sie in die Praxis integrieren

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Das Generieren von zusätzlichen Privat- und Zuzahlerleistungen wird für den Zahnarzt und sein Praxisteam die größte Herausforderung der nächsten Jahre sein. Was auf der einen Seite zwingend betriebswirtschaftlich notwendig ist, erzeugt auf der anderen Seite Ängste und Stress. Zum Beispiel die Angst, bei Patienten auf Widerstand zu stoßen, sie möglicherweise sogar zu verlieren und emotionaler Stress durch zunehmenden Wettbewerb und „Verkaufsdruck“.

Schauen wir uns zunächst die Sichtweise des Patienten an: Kann er die Qualität einer zahnärztlichen Leistung objektiv bewerten? Oftmals nicht. Nach welchen Kriterien beurteilt er dann den Zahnarzt seiner Wahl? Es ist in der Regel das Gefühl des Patienten, das ihn leitet. Wie „gut“ die Qualität der Behandlung empfunden wird, wird entscheidend beeinflusst vom Umfeld und vom Ambiente der Praxis, von der Stimmigkeit und Reibungslosigkeit der Abläufe, von der Kompetenz und der Sympathie des Praxisteams, von der persönlichen Beziehung zum Behandler und natürlich von der Kommunikation zwischen Zahnarzt und Patient. Die Ursache dafür, dass die private Zuzahlung für Patienten eine unangenehme Überraschung darstellt, ist nicht ausschließlich auf Defizite in der Kommunikation und mangelnde Nutzendarstellung zurückzuführen. Es sind die „gefühlten“ weichen Faktoren, die mit ausschlaggebend dafür sind, ob der Patient eine Privatleistung als Zuzahlung oder als Draufzahlung ansieht.

Was macht eine erfolgreiche Zahnarztpraxis erfolgreich?

Um nun die Frage zu beantworten, was Sie als Zahnarzt tun können, um dieser Sicht gerecht zu werden, ist es nahe­liegend, zu schauen, was erfolgreiche Praxen erfolgreich macht. Zur Orientierung können Praxen dienen, die sich bei einem Benchmarking als Beste ihrer Gruppe hervortun, sogenannte Referenzpraxen. Vorweggeschickt sei, dass sich solche Praxen meist durch ein ausgeprägtes unternehmerisches Denken auszeichnen. Es liegen immer und zeitnah aktuelle betriebswirtschaftliche Daten vor.

Gleichzeitig wird die Praxissoftware auf hohem Niveau genutzt, um beispielsweise interne Statistiken zur Patientenstruktur zu erhalten. Referenzpraxen haben im Vergleich zum Anteil der privat Versicherten an der Bevölkerung in ihrem Einzugsgebiet i.d.R. einen prozentual höheren Anteil an Privatpatienten in ihrem Patientenstamm. Weiterhin liegt der Anteil an Privatleistungen deutlich über 50 Prozent der Gesamtleistung.

Ein stimmiges Praxiskonzept ist hierbei meist die Grundlage für die problemlose Akzeptanz von Zuzahlerleistungen. Das bedeutet, kurz-, mittel- und langfristig eine klare Strategie und definierte Ziele zu haben. Mit der Strategie bestimmen Sie, auf welchem Qualitätsniveau Sie Ihre Behandlungen anbieten wollen. Die Strategie einiger Referenzpraxen sieht z.B. die klare Entscheidung für ein bestimmtes Prophylaxekonzept vor, das ihrem Qualitätsanspruch am besten gerecht wird. Die konsequente Einbindung des Konzepts Ihrer Wahl in die Patientenberatung führt dazu, dass die Praxen automatisch diejenigen Neu­patienten anziehen, die einsehen, dass präventive Maßnahmen unerlässlich für einen langfristigen Zahnerhalt sind und ihre regelmäßige Durchführung als Voraussetzung für weitere Behandlungen (außerhalb von Notfallmaßnahmen) akzeptieren. Der Anteil an Privatpatienten steigt.

Ähnliche strategische Entscheidungen treffen solche Praxen hinsichtlich des gesamten Leistungsangebots und in Bezug auf ihre Spezialisierungen. So hat sich eine Praxis dafür entschieden, nur noch hochwertige Mehrschicht­füllungen und Cerec-Inlays anzubieten und Amalgamfüllungen gleichzeitig konsequent abzulehnen. Eine andere Praxis hat einen Schwerpunkt bei Wurzelkanalbehandlungen. Ihr Qualitätsanspruch, nach neuesten medizinischen Erkenntnissen zu arbeiten, führt dazu, dass diese mikroskopgestützt durchgeführt werden, ebenso hebt der Einsatz von Ultraschall, flexiblen Nickel-Titan-Feilen sowie eines Endo­metriegerätes den Standard. Die Praxis erreicht einen Zahnerhalt von 98 Prozent gegenüber etwa 50 Prozent bei herkömmlichen Verfahren. Die Patienten bezahlen dafür einen Privatanteil von 800 bis 1.000 Euro bei einem zeitlichen Aufwand von drei bis vier Stunden.

Eine Gemeinschaftspraxis mit klarer strategischer Ausrichtung auf hochwertige ästhetische Zahnbehandlungen wird mittelfristig noch einen Oralchirurgen beteiligen, um die noch fehlende Spezialisierung bei Implantaten zu ergänzen.

Alle haben jedoch eine Strategie gemeinsam: der notwendige Stundensatz muss erreicht werden. Alle Zuzahlerleistungen, die die Behandler nicht notwendigerweise selbst durchführen müssen, werden konsequent an das Team delegiert.

Volles Vertrauen in die Kompetenz des Teams

Eine stimmige Strategie nützt nichts, wenn sie nicht vom Team mitgetragen und umgesetzt wird. Die praxisinterne Kommunikation muss genauso funk­tionieren wie die qualifizierte Patientenberatung. Gelingt dies nicht, steigt der Beratungsaufwand des Behandlers überproportional an, die Auswirkungen auf seinen Stundensatz lassen sich erahnen. Erfolgreiche Praxen wissen das und investieren viel in die Qualifikation ihrer Mitarbeiter. Neben der fachlichen Weiterqualifikation ist die Assistenz vor allem kommunikativ geschult und mittels geeigneter Visualisierungshilfen in der Lage, zu verschiedensten Themen kompetente Patientenberatung im Vorfeld einer Behandlung durchzuführen, was die Zahnärzte ungemein entlastet.

Prophylaxeeinheiten arbeiten als Profitcenter von der Beratung über die Durchführung bis zur Abrechnung eigenverantwortlich. Erfolgreiche Praxen wissen, dass sie vertrauensvoll delegieren können, wenn das Team gut geschult ist. Das betrifft vor allem auch die Eingaben der Mitarbeiter in den PC und die Vorbereitung der Abrechnung.

Die Referenzpraxen nutzen dabei ein Corporate Design, das sich wie ein roter Faden durch Einrichtung, Kleidung und Medien zieht. Sie haben erkannt, dass Praxismarketing für eine Zahnarztpraxis genauso wichtig ist wie für andere Unternehmen auch und nutzen ihre rechtlichen Möglichkeiten konsequent. Es gibt zu allen Behandlungsschwerpunkten Broschüren sowie eine Praxisbroschüre, und ein Webauftritt ist selbstverständlich. Neben solchen Werbemaßnahmen erfolgt Praxismarketing aber vor allem im Rahmen der Patientenaufklärung, z.B. durch monatlich stattfindende Patientenvorträge zum Prophylaxekonzept. Kleine Tisch-Flipcharts, PowerPoint-Präsentationen oder Videos zu verschiedenen Behandlungen unterstützen die Beratung. Es gibt somit keine Patienten, die über das Leistungsangebot einer solchen Praxis nicht informiert sind.

Ein gelebtes QM hilft

Eine zertifizierte Praxis hat einen optimalen Workflow. Patienten erleben dies als reibungslosen Behandlungsablauf ohne lange Wartezeiten, der Zahnarzt erlebt sein Praxismanagement als effektiv und effizient. Regelmäßige Teambesprechungen sorgen für Fehler­minimierung, eine Patientenvorbesprechung pro Schicht für zusätzliche Transparenz. Behandlungsassistenz sowie Vor- und Nachbereitung sind optimal abgestimmt. Die lückenlose Do­kumentation der Patientenakte im PC schon während der Behandlung ermöglicht der Abrechnungsspezialistin zeitnah eine fehlerfreie Abrechnung oder die Vorbereitung eines HKPs. In Referenzpraxen wird auch der elektronische Terminkalender der Praxissoftware genutzt. Er lässt sich von jeder Behandlungseinheit aus einsehen und steuern. Gut laufende Praxen gibt es überall, nicht nur in Gegenden mit zahlungskräftiger Klientel. Auch auf dem „platten Land“ ist es möglich, dass sich eine Zahnarztpraxis zu einer Referenzpraxis entwickelt, von der andere lernen können. Gemeinsam ist solchen Praxen, dass sie sich auf ihre Kernkompetenzen fokussieren. Sie steuern ihre Praxis unternehmerisch und setzen für alle Bereiche, die nicht zu ihren Kernkompetenzen gehören, seien es strategische Fragen, das Kommunikationstraining oder etwa die Einführung eines QM, kompetente Berater ein, die sie in langfristig angelegter Zusammenarbeit auf ihrem Weg gewinnbringend begleiten.

Autor: Ulrich Bergmann


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