Praxismanagement 28.02.2011

Steigerung der Privatleistungen



Steigerung der Privatleistungen

Foto: © Shutterstock.com

Im Hinblick auf die gekürzten Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen und den daraus resultierenden höheren privaten Zuzahlungsanteil bei zahnärztlichen Behandlungen sollten Privatleistungen stärker in den Fokus der Praxisaktivitäten rücken. Für die Praxis bedeutet dies, dass das Zusammenspiel vieler verschiedener Faktoren reibungslos funktionieren muss. So muss beispielsweise die Möglichkeit gegeben sein, den Patienten umfassend zu informieren und zu beraten, um Privatleistungen entsprechend zu verkaufen und so das Praxisergebnis zu verbessern.

In einer vierteiligen Artikelserie wurde die Systematik einer betriebswirtschaftlichen Praxissteuerung anhand einer konkreten Praxisplanung ausführlich dargestellt. Aufbauend darauf soll der vorliegende Beitrag mithilfe von praxisnahen Szenarien aufzeigen, welche konkreten Handlungsmöglichkeiten sich für die Praxis zur Erreichung des Ziels "Steigerung der Privatleistungen" ergeben und wie Zielabweichungen entsprechend korrigiert werden können. Zunächst empfiehlt sich eine Vorgehensweise, die der Grundsystematik einer erfolgsorientierten Praxisführung entspricht (Abb. 1).


Abb. 1: Grundsystematik einer erfolgsorientierten Praxisführung.

In Bezug auf die Definition der Praxisziele kann der Praxiserfolg nicht ausschließlich an Umsatz und Gewinn festgemacht werden. Jedoch dienen gerade diese Größen in nahezu allen Praxen als erster Anhaltspunkt für die Beurteilung der aktuellen Lage. Wenn überhaupt, werden erst in zweiter Linie die Einflussfaktoren auf die betriebswirtschaftlichen Zahlen analysiert. Dies ist durchaus kritisch zu beurteilen, da diese Faktoren den Schlüssel zum Praxiserfolg darstellen und daher einer intensiven Analyse unterzogen werden sollten. Zudem sollte der Fokus nicht auf einer vergangenheitsbezogenen Betrachtung, sondern auf einer zukunftsorientierten Perspektive liegen. Der betriebswirtschaftliche Erfolg sollte somit nicht das Ergebnis, sondern das Ziel der Anstrengungen eines jeden Zahnarztes und seines Teams sein.

Gerade im Hinblick auf die Steigerung der Privatleistungen müssen die erfolgsbildenden Faktoren einer Zahnarztpraxis permanent überprüft werden. Diese lassen sich wie in Abbildung 2 schematisch darstellen.


Abb. 2: Schematische Darstellung erfolgsbildender Faktoren einer Zahnarztpraxis.

Wie empirische Studien zeigen, betrachten insbesondere selbstzahlende Patienten die Erfüllung dieser Faktoren sehr genau und reagieren kritisch, wenn ihre Erwartungen in diesen Bereichen nicht erfüllt werden. Die im Folgenden aufgezeigten Szenarien sollen verdeutlichen, dass mögliche Abweichungen vom Ziel „Steigerung der Privatleistungen“ auf die Nichtbeachtung relevanter Erfolgsfaktoren zurückzuführen sind und sollen Handlungsempfehlungen für die Zahnarztpraxis aufzeigen.


Szenario 1: Optimierung der Patientenstruktur

Beispielsweise kann die Analyse der Soll-Ist-Abweichung ergeben, dass die Patientenstrukturen in der Praxis verantwortlich dafür sind, dass die Einnahmen aus Privatleistungen nicht im gewünschten Umfang ansteigen. Eine solche Aussage kann mehrere Interpretationen zulassen. Hat die Praxis eine zu geringe Auslastung? Hat die Praxis zu wenige Patienten? Hat die Praxis die „falschen“ Patienten oder gelingt es dem Team nicht, die Patienten von den angebotenen Leistungen zu überzeugen? Benötigt die Praxis für den angestrebten Erfolg mehr Neupatienten? Hat die Praxis einen großen Patientenstamm, aber die Patienten kommen unregelmäßig oder selten zur Behandlung? Sollte dies der Fall sein, muss die Praxis ihre Patientenbindungs­maßnahmen intensivieren. Beispielsweise kann ein Recallsystem eingeführt beziehungsweise dessen Erfolg kontrolliert werden. Auch ein Patienten-Newsletter oder eine Praxiszeitung, die über die Notwendigkeit eines regelmäßigen Zahnarztbesuchs oder über für ihre Patienten interessante Neuerungen in der Praxis informieren, können hier Erfolg versprechend sein. Generell geht es darum, das Interesse und die Neugier bei den Patienten zu wecken.

Sollte die Patientenanzahl der Praxis zu gering sein, muss die Neupatientenwerbung in den Fokus rücken. Im Rahmen des Praxismarketings können z.B. Anzeigen geschaltet werden, um die Bekanntheit der Praxis zu erhöhen. In Kombination mit der Veröffentlichung von Artikeln zu zahnmedizinischen Themen und der Durchführung von Patienteninformationsveranstaltungen kann es zudem gelingen, ein individuelles Praxisimage aufzubauen. Beide Vorgehensweisen können in relativ kurzer Zeit dafür sorgen, dass die Auslastung der Praxis ansteigt und die Patienten gezielt in die Praxis kommen, mit denen sich auch die Privatleistungen ausbauen lassen.

Für den Praxisalltag sollte eine grundsätzliche Maxime immer gelten: „Im Mittelpunkt aller Betrachtungen steht der Patient.“ Ziel muss es sein, die Patienten für die Praxis und ihre Leistungen zu begeistern. Dies gelingt in Form einer persönlichen Patienten­kommunikation durch den Zahnarzt und das gesamte Team. Auch hier zeigte eine empirische Studie, dass sowohl die Person des Zahnarztes als auch das Praxisteam entscheidende Faktoren zur Steigerung der Patientenzufriedenheit darstellen. Eine als einmalig empfundene Dienstleistungsmentalität und eine noch nie erlebte Praxisatmosphäre sind oftmals der Schlüssel zum Erfolg. Sobald dies gelingt, werden Patienten gerne und entspannter in die Praxis kommen und offener für die angebotenen Leistungen sein. Begeisterte und überzeugte Patienten sind auch Multiplikatoren bei der Gewinnung neuer Patienten, da sie die Praxis weiterempfehlen.

Die Praxis kann diese Tendenzen unterstützen, indem sie aktiv eine zielgerichtete Presse- und Öffentlichkeitsarbeit betreibt. Hierzu zählt in erster Linie ein professioneller Außenauftritt der Praxis in einem einheitlichen Corporate Design, beispielsweise in Form von praxisindividuellen Informationsbroschüren, Visitenkarten, Briefpapier und einer Praxishomepage. Die Praxis wird hierdurch zunehmend eine anspruchsvollere Patientenklientel ansprechen, womit sich auch die Privatleistungen in gewünschter Weise entwickeln.

Seitenanfang


Szenario 2: Professionelles Terminmanagement

Ein weiterer Grund einer nicht ausreichenden Steigerung der Privatleistungen kann darin liegen, dass die Praxis zu viele Patienten behandelt und somit nicht genügend Zeit für die Beratung und Behandlung anspruchsvoller Selbstzahler hat. In diesem Fall ist das Terminmanagement der Ansatzpunkt für notwendige Anpassungen. Ein gut strukturiertes Terminmanagement ist die zentrale Säule einer erfolgreichen Zahnarztpraxis. Die Wartezeiten für die Patienten werden verkürzt, die Patienten- aber auch die Mitarbeiterzufriedenheit werden erhöht, der Behandlungsablauf verläuft reibungsloser. Auch der Zahnarzt wird entlastet und hat wieder Spaß an der Arbeit. Weiterhin kann ein professionelles Terminmanagement dafür sorgen, dass ausreichend Zeit für qualifizierte Beratungsgespräche mit Patienten in ruhiger und angenehmer Praxisatmosphäre zur Verfügung steht. Die erfolgreiche Beratung der Patienten bietet die Möglichkeit, diese höherwertiger zu versorgen, was wiederum zu einer höheren Zufriedenheit bei den Patienten führt und dadurch zum Erfolg der Praxis beiträgt. Schmerzfälle sollten ausschließlich in fest definierten Zeitblöcken versorgt werden, um nicht den eingeplanten Behandlungsablauf zu stören. Dies gilt ebenso für Patienten, die aufgrund ihrer verschlossenen Einstellung gegenüber dem Leistungsangebot die Entwicklung der Praxis eher hemmen.

Untersuchungen haben ergeben, dass für die meisten Patienten unvorhergesehene Wartezeiten zu großen Verärgerungen führen. Ein professionelles Terminmanagement kann somit dazu beitragen, dass der Patient die Praxis zufrieden verlässt und auch gerne wiederkommt. Anders herum betrachtet wird ein Patient, der das Gefühl hat, nicht genug wertgeschätzt zu werden, sich bald einen anderen behandelnden Arzt suchen, was sich wiederum negativ auf Ihre betriebswirtschaftliche Bilanz auswirken wird.

Ein Großteil der aktuell angebotenen zahnärztlichen Leistungen sind bereits Privatleistungen und werden von den Krankenkassen nicht mehr getragen. Deshalb bildet ein kompetentes und umfassendes Beratungsgespräch von hoher Qualität die Basis für die Steigerung von Privatleistungen. Die Bereitschaft, Ratschläge und Empfehlungen anzunehmen und dafür Geld zu investieren, bringt jedoch nur ein aufgeklärter und zufriedener Patient mit. Die Information zu einzelnen Themen des Leistungsspektrums sollte in persönlicher Form in der Praxis geschehen, kann aber durchaus durch die bereits erwähnten Praxisbroschüren, Praxisnewsletter oder Praxiszeitungen unterstützt werden. Die umfassende Integration von Privatleistungen ins therapeutische Angebot erfordert zwar ein hohes Maß an Eigeninitiative und kann durchaus mit Investitionen verbunden sein, aber diese zahlen sich in der Regel aus: zum einen als wirtschaftlicher Erfolg, zum anderen in der eigenverantwortlich gestalteten Zukunft der Praxis.

Je mehr es dem Zahnarzt gelingt, seine Patienten für hochwertige Leistungen zu begeistern, desto mehr wird er der Herausforderung gerecht, die die gesundheits­politischen Umstrukturierungen mit sich bringen und desto eher wird er sein selbst gestecktes Praxisziel erreichen.


Szenario 3: Patientenkommunikation

Zielführend bei der Vermarktung der Privatleistungen einer Zahnarztpraxis ist das Gespräch zwischen Zahnarzt und Patient beziehungsweise Team und Patient. Führen diese Gespräche aufgrund unterschiedlicher Störfaktoren (z.B. Zeitmangel, Hektik oder falsche Gesprächsführung) nicht zum gewünschten Erfolg oder finden diese Gespräche gar nicht erst statt, so wird sich die negative Auswirkung auf den Praxiserfolg spätestens beim Abgleich der Planzahlen mit den erreichten Leistungswerten zeigen.

Ein Grundprinzip der Kommunikation ist ihre Funktion, den Kommunikationspartner zu einer Reaktion, einer Antwort oder einer Handlung zu bewegen. Dies gilt ebenso für das Zahnarzt-Patient-Gespräch: Der Patient hat ein zahnmedizinisches Problem und nur geringe Vorstellungen zur Art und zum Preis der Behandlung. Der Zahnarzt seinerseits fungiert als Problemlöser, indem er bestimmte Behandlungsalternativen anbietet. Zum Ziel kommen beide Gesprächspartner nur, wenn diese Informationen ausgetauscht werden und beide gemeinsam an einer Lösung arbeiten. Nur in einem Dialog steckt also die Möglichkeit, die Wünsche des Patienten genau zu erfahren und darauf reagieren zu können. Der Zahnarzt sollte für die Gesprächsführung verantwortlich sein und das Gespräch so strukturieren, dass die wichtigsten Fragen zuerst und die Details anschließend geklärt werden. Durch strukturiertes Fragen und aktives Zuhören kann der Zahnarzt die Bedürfnisse der Patienten sehr konkret in Erfahrung bringen. Auch hier stellt sich das Ursache-Wirkung-Prinzip ein, denn der Patient wird nicht zufrieden sein, wenn sich der Zahnarzt mit pauschalen Antworten zufrieden gibt und seine Meinung oder seinen Geschmack als Maßstab anlegt. Wenn der Zahnarzt hingegen vom Patienten genau wissen möchte, worauf er besonderen Wert bei der Behandlung legt und dieser antwortet lediglich mit der Aussage „gutes Aussehen“, dann sollte eine Nachfrage vonseiten des Zahnarztes erfolgen und dieser nachfragen, was der Patient unter gutem Aussehen konkret versteht. Legt der Patient beispielsweise Wert auf beste Qualität, dann sollte eruiert werden, wie sein finanzieller Rahmen aussieht und ob sich diese beiden Dinge in Einklang bringen lassen.

Am Ende des Gespräches sollte immer ein konkreter Abschluss stehen. Der Zahnarzt sollte hier versuchen, eine Zusage für die bevorstehende Behandlung vom Patienten zu bekommen, ohne ihn zu bedrängen. Beide Seiten sind zufrieden, wenn sowohl Patient als auch der Zahnarzt ein gutes Gefühl haben und gleichermaßen von der Behandlung profitieren. Um dies zu erreichen, sollte auf jeden Patienten persönlich eingegangen werden und im Gespräch eine Lösung für die anstehende Behandlung gefunden werden.

Unterstützung erhält der Zahnarzt hierbei von seinem Team, das in die Kommunikation mit den Patienten eingebunden werden muss. Durch die Übernahme von Beratungsgesprächen durch eine qualifizierte Praxismitarbeiterin zu speziellen Leistungen kann eine Entlastung des Zahnarztes erreicht werden. Wenn Zahnarzt und Team künftig diese Grundregeln der Patientenkommunikation beachten, werden sie Beratungsgespräche erfolgreicher führen, den Anteil der Privatleistungen deutlich steigern und so zum betriebswirtschaftlichen Praxiserfolg entscheidend beitragen.


Szenario 4: Erhöhung der Mitarbeitermotivation

Häufig sind die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse auch das Resultat eines Einzelkämpferdaseins des Zahnarztes, der ohne wirkliche Unterstützung seines Teams agieren muss. In diesem Fall kann eine gezielte Mitarbeiterführung und -motivation dazu führen, dass sich das Praxisklima verbessert und die neue positive Atmosphäre sich auf den Umgang mit den Patienten übertragen lässt. Am Ende dieses Veränderungs­prozesses zeigen sich die erzielten Erfolge auch in den betriebswirtschaftlichen Werten der Praxis. Jeder motivierte Mitarbeiter, der die Kommunikation zwischen Zahnarzt und Patienten aktiv unterstützt, hat einen erheblichen Anteil sowohl am betriebswirt­schaftlichen wie auch am zwischenmenschlichen Praxiserfolg. Durch Einbeziehung der Mitarbeiterinnen in Entscheidungen, durch aktive Mitarbeiterführung, durch eine Verbesserung der Praxisorganisation und insbesondere durch die Einführung eines gelebten Qualitätsmanagements in der Praxis, kann die Mitarbeitermotivation in der Praxis forciert werden. Denn letztlich gilt, dass nur ein motivierter Mitarbeiter ein guter Mitarbeiter ist. Dieser kann die Erwartungen des Patienten erfüllen oder im idealen Fall sogar übertreffen.

Fehlende Motivation wird man den Mitarbeiterinnen, mangelnden Service den Patienten – und nicht zuletzt dem betriebswirtschaftlichen Ergebnis der Praxis – anmerken. Es müssen nicht gleich plakatgroße Smileys an den Wänden hängen, um die Mitarbeiterinnen daran zu erinnern, zu lächeln. Es genügt vollauf, den Patienten ernst und wichtig zu nehmen, indem sie ihn herzlich und mit Namen begrüßen, sich ehrlich für sein Wohlbefinden interessieren, auf seine Wünsche eingehen, Servicebereitschaft signalisieren und diese auch leben. Nichts stößt den sich ohnehin schon unbehaglich fühlenden Patienten mehr ab, als unbeachtet am Tresen zu stehen, während die Mitarbeiterin dahinter in Ruhe ihre Diskussionen mit der besten Freundin über den gestrigen Abend zu Ende führt. In solchen Situationen führen regelmäßige Teammeetings, Zielvereinbarungen mit den Angestellten sowie persönliche Vieraugengespräche sehr schnell dazu, dass sich die Einstellung der Mitarbeiterinnen und somit die Praxissituation verbessern lassen.

Der Zahnarzt sollte in regelmäßigen Teammeetings die Optimierungspotenziale der Praxis gezielt ansprechen und gemeinsam mit dem Team Lösungen entwickeln. Die Akzeptanz der verabschiedeten Regelungen wird deutlich höher sein als bei vorgegebenen Anweisungen. Das Team sollte sowohl für den Erfolg verantwortlich, als auch in Form von Bonussystemen oder erfolgsabhängigen Gehaltsbestandteilen daran beteiligt sein. Im Rahmen der Vieraugengespräche sollten die Mitarbeiterinnen eine Rückmeldung zu ihrem Leistungsstand sowie Lob und konstruktive Kritik erhalten. Außerdem sollten die Potenziale zur persönlichen Weiterentwicklung aufgezeigt und persönliche Entwicklungsvereinbarungen im Hinblick auf den angestrebten Praxiserfolg getroffen werden. Der Zahnarzt agiert somit als Coach und macht sein Team fit für den gemeinsamen Erfolg.


Agieren statt reagieren

Eine Änderung der Sichtweise hin zu einer betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise lohnt sich für den Zahnarzt in jedem Fall. Durch diese aktive Praxissteuerung im Hinblick auf den Ausbau der Privatleistungen kann der Zahnarzt jederzeit Einfluss auf seinen Praxiserfolg nehmen und muss sich nicht damit zufrieden geben, was als Ergebnis ohne steuernde Eingriffe am Jahresende herauskommt.

Eine Checkliste zu diesem Thema kann bei den Autoren angefordert werden!


Autoren: Prof. Dr. Bettina Fischer, Dipl.-Kfm. Thomas Fischer, Dipl.-Betriebswirt (FH) Detlev Westerfeld

Seitenanfang


Mehr News aus Praxismanagement

ePaper