Praxismanagement 26.04.2016
Zahnzusatzversicherung: Enttäuschung vermeiden
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Viele Praxen machen die Erfahrung, dass Patienten von der avisierten Leistungserstattung ihrer Zahnzusatzversicherung enttäuscht sind. Diese Enttäuschung kann sich auch gegen die Praxis richten, beispielsweise, wenn die Versicherung die Höhe der Material- und Laborkosten beanstandet und die Praxis mehr oder weniger direkt als überteuert darstellt. Doch wenn eine Praxis das Themenfeld Zahnzusatzversicherung für sich gut löst, kann sie vermehrt mit der Umsetzung hochwertiger Heil- und Kostenpläne rechnen.
Um die Risiken im Zusammenhang mit Zusatzversicherungen zu minimieren, müssen sie identifiziert und die Gründe ihrer Entstehung verstanden werden. Dies wird natürlich nur relevant, wenn Sie auch bereit sind mehr zu tun, als nur auf Vergleichsportale oder -tabellen im Internet zu verweisen. Haben Sie sich entschieden rein passiv zu agieren, werden Sie die Versicherungsstruktur in Ihrer Praxis leider kaum beeinflussen können.
Keine Gesundheitsfragen
Für den Patienten klingt das erst einmal gut: Die Versicherung stellt keine unbequemen Gesundheitsfragen. Der Antrag ist schnell ausgefüllt und in aller Regel auch schnell genehmigt – denn zu prüfen gibt es quasi nichts. Meist stimmt auch der Preis. Doch Versicherungstarife ohne Gesundheitsfragen können beim Einreichen des Heil- und Kostenplans zu schweren Enttäuschungen führen.
Häufig werden im Bedingungswerk dieser Tarife genau die Risiken vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, welche üblicherweise mittels der Gesundheitsfragen abgeklopft werden. Wenn also nicht nach fehlenden Zäh-nen gefragt wird, ist davon auszugehen, dass diese auch nicht mitversichert sind. Leider macht sich kaum ein Interessent die Mühe und liest das häufig umfangreiche Kleingedruckte des Versicherungstarifs.1
Komplexe Gesundheitsfragen
Am anderen Ende der Skala stehen Tarife mit umfassenden Gesundheitsfragen. Die Problematik hier: Oft kennt der Patient seinen eigenen Zahnzustand nicht gut genug, um die Fragen korrekt zu beantworten. Wenn sich hier Fehler einschleichen und die Versicherungsgesellschaft bei der Prüfung des ersten umfangreichen Heil- und Kostenplans die Angaben mit der Patientenakte abgleicht, kann der Versicherungsschutz aufgrund falsch beantworteter Gesundheitsfragen gestrichen werden.
100 % Regelversorgung
Im Normalfall wird ein Patient diese Begrifflichkeit „100 % Regelversorgung“ nicht richtig deuten können. Woher sollte er wissen, dass Behandlungen schnell von den hier gesetzten Standards abweichen und in einer „gleichartigen Versorgung“ münden. Die Unkenntnis des Patienten wird so gerade in Kombination mit einer Vorliebe für preiswerte Tarife schnell zu Enttäuschungen führen.
Tarife vor 2007
Etwas ältere, vor 2007 abgeschlossene Zahnzusatztarife werden in aller Regel nur für den Zahnersatz, nicht aber für den Zahnerhalt leisten. Viele Patienten wähnen sich gut versichert, unwissend in Bezug auf die stark eingegrenzte Leistungsabdeckung ihres älteren Tarifs. In aller Regel lohnt sich in diesen Fällen der Blick auf das Preis-Leistungs-Verhältnis unter Berücksichtigung des Zahnzustands und der Behandlungsperspektive des Patienten.
Angeratene Behandlungen
Patienten interessieren sich gerne dann für Zusatzversicherungen, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen und eine kostenintensive Behandlung bereits angeraten ist. Eine Behandlung gilt spätestens dann als angeraten, wenn der Patient diesbezüglich aufgeklärt wurde. Als schriftliche Dokumentation gilt die Patientenakte.
Spezifische Leistungsausschlüsse
In vielen Tarifen werden Leistungen für den Laien nur schwer nachvollziehbar verklausuliert. Beispielsweise, wenn nur implantatgetragener Zahnersatz (Suprakonstruktion) versichert ist, nicht das Implantat selbst. Wenn augmentative Leistungen bedingungsgemäß ausgeschlossen sind. Wenn funk- tionsanalytische und -therapeutische Maßnahmen nicht mitversichert sind. Die Aufzählungen könnten fortgesetzt werden.
Unbekannte Wartezeiten
Immer wieder werden Behandlungen begonnen, bevor die vertraglich vereinbarte Wartezeit abgelaufen ist. Häufig handelt es sich nur um wenige Wochen, die ohne Weiteres hätten überbrückt beziehungsweise abgewartet werden können. Leider entfällt in diesen Fällen die Leistungserstattung durch die Versicherung vollständig, nur geschuldet dem Unwissen des Patienten.
Erstattung bis zum Regelsatz
Der 2,3-fache Satz gilt in vielen Zahnzusatztarifen als Obergrenze für Erstattungen. Unterschwellig schwingt auch hier das Risiko mit, dass die Praxis in den Augen des Patienten plötzlich als „teuer“ dasteht. Wenn dies der Regelsatz ist – warum sollte dann darüber hinaus abgerechnet werden? An dieser Stelle ist es wissenswert, dass es durchaus Tarife gibt, die auch bis zum und über den 3,5-fachen Satz hinaus erstatten.
Risiken lassen sich minimieren
Die Liste der Unwägbarkeiten ist lang. Diese Unwägbarkeiten veranlassen viele Zahnärzte dazu, bei dem Thema Zahnzusatzversicherung abzuwinken. Effektiver lassen sich diese Risiken jedoch proaktiv minimieren. Implementieren Sie einen klaren Prozess. Fragen Sie in der Anamnese (auch für Bestandspatienten) nach dem Vorhandensein einer Zahnzusatzversicherung. Speichern Sie diese Information in Ihren Systemen.
Definieren Sie für sich selbst Anlässe, um das Thema Zahnzusatzversicherung mit einem Patienten anzusprechen. Anlässe ergeben sich aus Behandlungsperspektiven, die noch in zwei oder mehr Jahren Entfernung liegen. Existieren große Füllungen? Müssen Kronen eventuell einmal erneuert werden? Könnten Implantate zum Thema werden? Sensibilisieren Sie für die unter Umständen hohen Kosten pro Zahn und unterstreichen Sie die Notwendigkeit einer zeitnahen Absicherung (falls gewünscht).
Thematisieren Sie auch die hier genannten Fallstricke und verdeutlichen Sie so die Vorteile einer guten Beratung durch einen unabhängigen Makler. Sie selbst sind kein Versicherungsmakler, sondern Zahnarzt. Lassen Sie sich nicht zu einer Beratung verleiten, die nicht zu Ihrer Kernkompetenz zählt und nach hinten losgehen kann.
Schlussendlich sollten Sie dem interessierten Patienten einen nächsten Schritt aufzeigen. Es muss vermieden werden, dass der Großteil der Patienten nach dem Verlassen Ihrer Praxis seine guten Vorsätze in Bezug auf das Thema Zahnzusatz im Alltagstrott vergisst. Sonst führen Ihre Bemühungen zu häufig ins Leere. Sie können sich selbst der Ausgestaltung eines entsprechend wirkenden Prozesses annehmen oder das DentiSelect-Verfahren testen. Hier wirken Sie als Zahnarzt in Ihrer Kernkompetenz und erhalten die notwendigen Instrumente, um Ihren Patienten mit Ihrem Wissen beiseite stehen zu können.
1 Natürlich kann auch ein Tarif ohne Gesundheitsfragen eine gute Wahl darstellen. Dies sollte in Zusammenarbeit mit einem unabhängigen Versicherungsmakler geprüft werden.