Qualitätsmanagement 06.08.2009

Praxisstudie zur Akzeptanz des Qualitätsmanagements



Praxisstudie zur Akzeptanz des Qualitätsmanagements

Foto: © Shutterstock.com

Die an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Zahnärzte und zahnärztlichen Einrichtungen sind gesetzlich verpflichtet, bis zum Jahr 2010 ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement einzuführen und kontinuierlich weiterzuentwickeln. Eine empirische Studie der Fachhochschule Wiesbaden zeigte nun auf, dass viele Zahnärzte trotz gesetzlicher Vorgaben die Umsetzung eines geordneten Qualitätsmanagements nur sehr zögerlich vorantreiben und dem Thema eher ablehnend gegenüberstehen.

Eine von der Wiesbadener Hochschule im Januar 2008 abgeschlossene Studie zeigt, dass sich über 30% der Zahnarztpraxen mit dem Thema Qualitätsmanagement noch nicht beschäftigt haben. 51% der Praxen befinden sich nach eigenen Angaben in der Einführungsphase und circa 17% treffen die Aussage, die Einführung eines praxisinternen Qualitätsmanagementsystems bereits abgeschlossen zu haben.

Was wird unter QM verstanden?
Wie die empirische Befragung verdeutlicht, erfolgt die Verwendung des Begriffs Qualitätsmanagement sehr uneinheitlich. Die Interpretation von Qualitätsmanagement erfolgt oftmals individuell und reicht vom Anlegen eines Dokumentenordners über die Installation einer entsprechenden Software bis hin zu einer kontinuierlichen und systematischen Durchführung von Maßnahmen, mit denen eine anhaltende Qualitätssicherung und -steigerung erreicht werden kann – der Idealvorstellung des Gesetzgebers. Somit lässt sich vermuten, dass die Ergebnisse der empirischen Studie aufgrund der uneinheitlichen Interpretation des Begriffs Qualitätsmanagement an dieser Stelle deutlich zu positiv erscheinen.

Informationsmöglichkeiten
Der Aufklärungsbedarf in diesem Bereich wurde von unterschiedlichen Einrichtungen und Institutionen erkannt. So bieten beispielsweise die Kammern/KZVen umfangreiche Informationsangebote, wie Schulungen, Seminare und schriftliches Informationsmaterial.
Auch private Anbieter überfluten den Markt mit einer fast unüberschaubaren Anzahl von Publikationen und Produkten, was die ablehnende Grundhaltung und Verunsicherung vieler Zahnärzte tendenziell noch verstärkt.

Nachteile überwiegen
Nach ihrer persönlichen Meinung zur gesetzlich geforderten Einführung eines Qualitätsmanagements befragt, äußerten sich 54% der Zahnärzte negativ. Nur 33% stehen einer QM-Einführung klar positiv gegenüber. 13% äußerten sich neutral. Die Abwägung von Vor- und Nachteilen aus Sicht der Befragten ergab das in Tabelle 1 aufgezeigte Bild.

Vorteile/Chancen Anteil der Befragten Nachteile/Risiken Anteil der Befragten
Verbesserung der Dokumentation 35% Bürokratischer Aufwand 45%
Standardisierung der Abläufe 29% Zeitlicher Aufwand der Einführung 26%
Kostenersparnis 24% Höhere Kosten 21%
Imagesteigerung 12% Gesetzliche Sanktionen 19%
Verbesserte Transparenz 8% Überlastung des Personals 19%
Patientengewinnung 5% Probleme bei der Einführung 13%

Tab. 1: Vor- und Nachteile einer QM-Einführung im Vergleich (Mehrfachnennungen möglich).

Messbare Qualitätsverbesserung
Nach konkreten Auswirkungen einer QM-Einführung auf den praxisindividuellen Qualitätsstandard befragt, sehen die Ärzte durchaus positive Facetten. So erhoffen sich circa 28% eine Verbesserung der Arbeitsprozesse beziehungsweise der Praxisorganisation. 11% sehen eine positive Auswirkung auf die Patientenzufriedenheit, 9% hoffen auf eine gesteigerte Mitarbei-terzufriedenheit durch klar festgelegte Strukturen und Verantwortlichkeiten. Erwartungen in Bezug auf eine Verbesserung im Bereich Diagnose beziehungsweise Behandlungsprozesse äußern lediglich 7% der befragten Ärzte.

Unterstützungsbedarf
Obwohl 79% der befragten Probanden sich selbst in der Lage sehen, ein Qualitätsmanagementsystem einzuführen und kontinuierlich weiterzuentwickeln, melden sie gleichzeitig Unterstützungsbedarf in mehreren Bereichen an. So benötigen 23% die Fachkompetenz von externen Beratern bzw. Instituten bei der Softwareumsetzung, jeweils 12% wünschen eine Hilfestellung im Bereich Praxismanagement bzw. Verwaltung und Hygienevorschriften. In Bezug auf Personalfragen sehen sich 10% und in puncto Patientenpflege 7% auf externe Unterstützung angewiesen.

Insbesondere der EDV-Bereich scheint daher gegenwärtig im Mittelpunkt des Interesses zu stehen. Hier gaben 43% der Ärzte an, aus Kostengründen vorwiegend auf die bestehenden QM-Systeme der Kammern (z.B. LZK, KZBV bzw. KZVen) zurückzugreifen. Hierbei nehmen sie auch die Nachteile einer nur eingeschränkten Individualisierung in Kauf. Die insgesamt 14% der Nutzer von QM-Systemen privater Anbieter betonen hingegen gerade die Möglichkeiten einer praxisindividuellen Systemanpassung. 6% der Befragten haben sogar gemeinsam mit IT-Partnerunternehmen eigene QM-Systeme entwickelt, welche genau auf die Belange der eigenen Praxis zugeschnitten sind.

Akzeptanz bleibt fraglich
Nach dem künftigen Umgang mit der Verordnung zur QM-Einführung befragt, bleiben die Zahnärzte zurückhaltend. Der Hauptgrund zur Beschäftigung mit dem QM-Thema ist die Vorgabe des Gesetzgebers. Zwar sehen die Probanden durchaus Vorteile im Qualitätsmanagement, die derzeit jedoch nicht konkret greifbar und messbar sind. Daher treiben die meisten Ärzte das Thema nur voran, da sie gesetzliche Sanktionen fürchten. Eine momentan noch freiwillige Zertifizierung streben demnach nur 18% der Praxen an. Lediglich 2% haben sich einem solchen Audit durch eine externe Zertifizierungsstelle bereits gestellt.

Fazit
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Inhalt und Vorzüge eines systematischen Qualitätsmanagements bei der befragten Zahnärzteschaft noch nicht in ausreichendem Maße präsent sind. Die Ärzte sind sich des eng gesteckten Zeitrahmens durchaus bewusst und knapp 84% beurteilen den Zeitrahmen der Umsetzung auch als realistisch. Dennoch bleiben die Anstrengungen hinsichtlich einer tatsächlichen QM-Einführung eher verhalten. Auch ist den meisten befragten Ärzten nicht wirklich bewusst, dass es sich bei QM nicht um ein einmaliges Projekt, sondern um einen kontinuierlichen, dynamischen und praxisindividuellen Prozess handelt. Die derzeit herrschende Informationsüberflutung zum Thema Qualitätsmanagement vermag zur Begriffsklärung ebenso wenig beizutragen wie sie Anreize vermittelt, sich mit dem Thema zielgerichtet auseinanderzusetzen. Hierbei ist kritisch zu bemerken, dass nahezu alle Informationsquellen sich dem Thema Qualitätsmanagement von einer rein operativen Seite her nähern und eher unverbunden einzelne QM-Bestandteile nebeneinander auflisten. Die strategische Bedeutung eines umfassenden Qua-litätsmanagements für die wirtschaftliche Steuerung von Praxen in Form von Praxiszielen und daran orientierten Praxisstrategien bleibt jedoch vielfach unberücksichtigt.

Seitenanfang


Mehr News aus Qualitätsmanagement

ePaper