Recht 21.02.2011

Anspruch auf professionelle Reinigung von Implantaten?

Anspruch auf professionelle Reinigung von Implantaten?

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Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz (Urt. vom 27.05.2010, Az.: L 5 KR 39/09) hatte zu entscheiden, ob bei Vorliegen der Voraussetzung einer Ausnahmeindikation für die Versorgung mit Zahnimplantaten auch ein Anspruch des Versicherten auf eine professionelle Implantatreinigung besteht, wenn diese notwendig ist.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin hatte bei einem Verkehrsunfall Verletzungen im Gesichtsbereich erlitten, wodurch eine Versorgung mit je vier Implantaten im Ober- und Unterkiefer notwendig wurde, um einen entsprechenden Zahnersatz daran zu befestigen. Die Klägerin beantragte in der Folgezeit die Übernahme der Kosten einer professionellen Reinigung der Implantate.

Das LSG verweist darauf, dass die zahnärztliche Behandlung die Tätigkeit des Zahnarztes umfasst, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Nach § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V gehören implantologische Leistungen nicht zur zahnärztlichen Behandlung, es sei denn, es liege eine vom Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegte Ausnahmeindikation für besonders schwere Fälle vor, in denen Krankenkassen diese Leistung einschließlich der Suprakonstruktion als Sachleistung im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung übernehmen. Die beantragte Reinigung der Implantate stelle ebenfalls eine implantologische Leistung dar, da sie eine Folgemaßnahme der durchgeführten implantologischen Versorgung sei.

Der Umfang der Leistungspflicht im Zusammenhang mit einer implantologischen Behandlung, welche die Anforderung einer Ausnahmeindikation erfülle, ergebe sich aus § 28 Abs. 2 Satz 1 SGB V, so das LSG. In der Behandlungsrichtlinie sei zwar nur das Entfernen harter verkalkter Beläge, nicht aber das Entfernen sonstiger Beläge angeführt. Ein Leistungsanspruch ergebe sich aber auch dann, wenn nur eine Reinigung weicher Beläge im Implantatbereich notwendig sei und zu diesem Zweck die Implantate von einem Zahnarzt abgeschraubt werden müssen. Der Behandlungsrichtlinie komme hinsichtlich des Umfangs der Behandlung bei implantologischen Leistungen und gegebener Ausnahmeindikation kein Ausschließlichkeitscharakter zu. Eine derartige Funktion sei ihr vom Gesetz lediglich im Rahmen der Festlegung der Ausnahmeindikation eingeräumt, nicht aber darüber hinaus.

Auch wenn das Entfernen weicher Zahnbeläge weder in der Behandlungsrichtlinie noch im BEMA erfasst sei, beruhe dieses ersichtlich darauf, dass ein Tätigwerden des Zahnarztes zum Entfernen weicher Zahnbeläge in aller Regel nicht notwendig sei, weil der Patient dieses selbst durch Zahnreinigung sicherstellen könne.

Wie sich aber aus dem gerichtlichen Sachverständigengutachten ergebe, sei dies bei der Klägerin im Implantatbereich nicht möglich. Ohne die professionelle Reinigung müsse mit einem größeren Kieferdefekt gerechnet werden, der eine Neuimplantation sehr viel komplizierter oder sogar unmöglich machen würde. Unabhängig davon ergebe sich die Zweckmäßigkeit der professionellen Reinigung bereits aus der ansonsten drohenden Entzündungsgefahr mit nachteiliger Auswirkung auf den gesamten Organismus, so das LSG Rheinland-Pfalz.

Die professionelle Implantatreinigung weicher und ggf. auch harter Beläge sei daher im Falle der Klägerin notwendig und zwar auch bei optimaler eigener Zahnpflege durch die Klägerin. Da es keine mögliche und kostengünstigere Alternative gebe, sei diese Art der Behandlung auch zweckmäßig im Sinne des § 28 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Nach Ansicht des LSG hat die Klägerin daher einen Anspruch auf eine professionelle Implantatreinigung als Sachleistung.

Das LSG hat die Revision zum Bundessozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen.

Autorin: Kerstin Lutz, Sindelfingen


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