Recht 05.09.2025
Praxisübernahme und warum das Team der Schlüssel zum Erfolg ist
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Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist die Übernahme des bestehenden Personals kein Nachteil – sondern eine echte Chance. Wer auf eingearbeitete, loyale Mitarbeitende zählen kann, sichert Stabilität, Qualität und Kontinuität.
Rechtlicher Rahmen: Arbeitsverhältnisse gehen automatisch über
Mit dem Übergang einer Praxis durch Rechtsgeschäft gehen sämtliche Arbeitsverhältnisse automatisch auf die neue Inhaberin oder den neuen Inhaber über (§ 613a BGB). Neue Verträge sind nicht erforderlich – und rechtlich nicht vorgesehen.
Was übernommen wird:
- Arbeitszeit, Gehalt, Urlaubstage
- Sonderzahlungen, Gratifikationen, Erfolgsprämien
- flexible Arbeitszeitregelungen oder mündlich gelebte betriebliche Übung
- ruhende Arbeitsverhältnisse, z. B. während Elternzeit
Daher gilt: Wer eine Praxis übernimmt, übernimmt das Team – mit allen vertraglichen Rechten und Pflichten.
Kündigungen wegen der Übernahme sind nicht zulässig
Eine Kündigung, die ausschließlich aufgrund der Praxisübernahme erfolgt, ist nach § 613a Abs. 4 BGB unzulässig. Das betrifft sowohl die abgebende als auch die übernehmende Seite.
Kündigungen aus anderen Gründen – etwa bei fehlender Eignung (personenbedingt), gravierendem Fehlverhalten oder betrieblicher Notwendigkeit – sind grundsätzlich möglich. Ob das Kündigungsschutzgesetz zur Anwendung kommt, hängt von der Größe des Betriebs (mehr als zehn Vollzeitäquivalente) und der Beschäftigungsdauer (mindestens sechs Monate) ab. In diesen Fällen gelten strengere Voraussetzungen, etwa zur Sozialauswahl.

Informationspflicht vor dem Übergang
Vor dem Inhaberwechsel müssen alle Mitarbeitenden schriftlich informiert werden (§ 613a Abs. 5 BGB). Die Unterrichtung muss folgende Inhalte enthalten:
- Zeitpunkt oder geplanter Zeitpunkt des Übergangs
- Grund für den Wechsel
- rechtliche, wirtschaftliche und soziale Folgen
- geplante Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Personal
Idealerweise erfolgt die Kommunikation gemeinsam – das stärkt Vertrauen und erleichtert den Übergang in eine neue Leitungssituation.
Vertragsänderungen: Nur im Einvernehmen oder mit Änderungskündigung
Wer nach der Übernahme einzelne Arbeitsbedingungen anpassen möchte – zum Beispiel Gehaltsstruktur oder Arbeitszeiten – hat zwei Möglichkeiten:
- Änderungsvertrag: nur mit Zustimmung der betroffenen Person möglich
- Änderungskündigung: rechtlich zulässig, aber nur bei sozialer Rechtfertigung und unter Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen
Gerade bei langjährig Beschäftigten mit guter Bindung zur Praxis ist ein behutsames Vorgehen empfehlenswert – sowohl aus rechtlicher als auch aus unternehmerischer Sicht.
Das Team ist kein Risiko – sondern ein Erfolgsfaktor
Der Mangel an qualifiziertem nicht-medizinischem Fachpersonal macht eines klar: Ein eingespieltes Team ist nicht selbstverständlich – sondern ein Wettbewerbsvorteil.
Ob Assistenz, Verwaltung oder Labor – wer loyale Mitarbeitende übernimmt, profitiert von Erfahrung, Patientenbindung und funktionierenden Abläufen. Häufig sind diese Fachkräfte seit vielen Jahren im Einsatz, kennen die Strukturen der Praxis und genießen Vertrauen bei den Patienten.
Nicht die Frage „Muss ich das Team übernehmen?“ ist entscheidend – sondern „Wie kann ich das Potenzial dieses Teams für die Zukunft sichern?“
Praktische Checkliste für eine erfolgreiche Übernahme
- Sämtliche Arbeitsverträge und Zusatzvereinbarungen vor Kauf prüfen
- Personalkosten realistisch kalkulieren
- Informationspflicht frist- und formgerecht erfüllen
- Geplante Änderungen frühzeitig, transparent und wertschätzend kommunizieren
- Fachanwaltliche Beratung bei arbeitsrechtlichen Zweifeln einholen