Recht 28.05.2025
Kick-off für die Praxisübernahme: So gelingt der Start
share
Dass der Schritt in die Selbstständigkeit wohl durchdacht sein will, lässt sich dabei nicht leugnen. Doch mit der richtigen Vorbereitung und kompetenten Beratern an Ihrer Seite lassen sich alle Herausforderungen erfolgreich meistern.
Praxisübernahme oder Neugründung?
Was gilt es, zu berücksichtigen? Zunächst sollte man sich überlegen, ob man eine bereits bestehende Praxis übernehmen möchte oder ob eher eine Neugründung vorschwebt.
Insbesondere für Zahnärzte und Kieferorthopäden kommt eine Neugründung durchaus infrage. Sobald auch gesetzlich versicherte Patienten behandelt werden sollen, benötigt man einen sogenannten Kassensitz. Wenn dann die Begriffe Zulassung oder Versorgungsauftrag kursieren, sollte man sich nicht verunsichern lassen: Alle Begriffe meinen ein und dasselbe.
Natürlich steht es jedem Existenzgründer frei, anstatt eine Praxis neu zu gründen, eine Praxis zu übernehmen. Wenn es sich um eine Praxis mit mehreren Zahnärzten handelt, ist es klärenswert, ob ein Einstieg möglich ist. Vielleicht will sich auch ein Kollege vergrößern? Zu den im Zuge der Übernahme benötigten Unterlagen gehören nicht nur Mietvertrag, Arbeitsverträge und sonstige laufende Verträge, sondern auch die wichtigsten vom Steuerberater erstellten Unterlagen. Das sind die letzten drei Jahresabschlüsse und die aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung ebenso wie das Anlageverzeichnis, aus dem ersehen werden kann, welche Gerätschaften sich in der Praxis befinden und welchen Wert diese haben. Sollte sich der Inhaber der Praxis noch sträuben, die Unterlagen herauszugeben, kann ihm eine Verschwiegenheitserklärung angeboten werden. Dann dürfen zwar die eigenen Berater über das informiert werden, was aus den Unterlagen hervorgeht, aber ansonsten niemand. Danach müssen die Unterlagen ausgewertet werden.
Dafür braucht es gute Berater an der Seite: einen Steuerberater, einen Rechtsanwalt und einen Banker. Hilfreich wäre es, wenn alle drei Spezialisten sich mit Heilberufen, im besten Falle konkret in dem Bereich Kieferorthopädie, auskennen. Denn bei Zahnärzten gibt es einige Besonderheiten, die geläufig sein sollten, wenn man einem durchstartenden jungen Zahnmediziner den Weg weisen will. Weil man im besten Fall nur einmal eine Praxis übernimmt und es dabei wichtig ist, sich gegen alle Risiken abzusichern, helfen Profis an der Seite. Sie weisen auf Fallstricke in bestehenden Verträgen hin, die übernommen werden sollen, klären über realistische Kaufpreisvorstellungen auf und nennen essenzielle Regelungen des Kaufvertrages die jeden Existenzgründer in eine komfortable Situation versetzen.
Im Rahmen der Praxisübernahme stellt sich immer wieder die Frage, welche Verträge von der Altpraxis übernommen werden müssen. Natürlich möchte man einiges anders angehen als der Vorgänger und der Praxis eine eigene Note geben. Und gleichzeitig soll vieles so belassen werden, wie bisher. Bekanntlich erledigt sich die Arbeit in einer Praxis nicht von allein. Dafür benötigt man Personal. Am besten Personal, das sich bereits mit den Gepflogenheiten der Praxis auskennt, die Organisation übernimmt und gut mit Patienten umgehen kann. Gutes Fachpersonal ist heutzutage aber schwierig zu finden. Im besten Fall lassen sich Stellenausschreibungen gleichwohl vermeiden, weil das Gesetz den sogenannten Betriebsübergang vorsieht.

Pflichten aus bestehenden Arbeitsverträgen
Unter einem Betriebsübergang versteht sich die Übernahme des bisherigen Personals des Vorgängers. In § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist die Verpflichtung verankert, dass die Rechte und Pflichten aus Arbeitsverträgen zum Zeitpunkt des Inhaberwechsels auf den Nachfolger übergehen. Wird eine Zahnarztpraxis verkauft, so tritt der Käufer in alle Rechte und Pflichten der bestehenden Arbeitsverhältnisse ein. Der Inhalt der Arbeitsverhältnisse und die bisherigen Lohnansprüche sowie etwaige Sonderzahlungen bleiben gleich, und die Dauer der Betriebszugehörigkeit wird fortgesetzt. Es ändert sich nur der Arbeitgeber. Es besteht also eine Verpflichtung, das Personal zu übernehmen und zu entlohnen, außer, das Personal widerspricht dieser Übernahme. Der Verkauf berechtigt auch nicht zu Kündigungen oder Anpassungen der Arbeitsverträge durch den Altinhaber. Bis auf die Person des Arbeitgebers bleibt alles beim Alten. Aber natürlich keine Regel ohne Ausnahme: Angestellte Zahnärzte dürfen gesetzlich versicherte Patienten nur dann behandeln, wenn ihre jeweilige Anstellung vorab genehmigt wird. Solche Genehmigungen spricht der Zulassungsausschuss bei der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung aus. Dieses Gremium berücksichtigt allerdings nicht automatisch den Betriebsübergang. Das bedeutet, dass es trotz des ansonsten reibungslosen Betriebsübergangs dennoch vor Aufnahme der Tätigkeit einer Genehmigung für die Beschäftigung von angestellten Kieferorthopäden für die Behandlung von gesetzlich versicherten Patienten bedarf. Die Anstellungsgenehmigung beim Zulassungsausschuss sollte frühzeitig beantragt werden, und zwar auch dann, wenn die angestellten Kieferorthopäden mit der Übernahme ihrer Arbeitsverhältnisse auf den Nachfolger einverstanden sind und der Vorgänger bereits eine Genehmigung über ihre Anstellung in der Vergangenheit durch den Zulassungsausschuss erhalten hat. Für nichtzahnärztliches Personal gilt dies nicht, dieses kann ohne weitere Genehmigung direkt für den Nachfolger tätig werden. Sollte sich ein Arbeitnehmer mit dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Nachfolger nicht einverstanden erklären, kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses schriftlich widersprochen werden. Sollte ein Widerspruch erklärt werden, dann kann der Vorgänger das Arbeitsverhältnis kündigen. Für die so entstandene Personallücke kann eine neue Person gesucht und eingestellt werden. Insgesamt ist die Regelung des Betriebsübergangs in Zeiten knappen Fachpersonals ein echter Gewinn. Sie erspart zeitaufwendige Bewerbungsgespräche, Einarbeitungen und lässt von den Erfahrungen des eingearbeiteten Personals profitieren. Gleichzeitig kann sich der Übernehmer auf einen routinierten Praxisablauf verlassen.
Übernahme des Mietvertrages
Jedenfalls, solange es sich bei der übernommenen Praxis um eine Einzelpraxis handelt, gehen die übrigen Verträge nicht so einfach auf den Nachfolger über wie die Arbeitsverträge.
Abschluss und Vollzug eines Praxiskaufvertrages hängen zwingend vom Eintritt des Käufers in den Mietvertrag ab, denn ohne Standortsicherheit wird eine Zahnarztpraxis weder von dem potenziellen Erwerber übernommen noch von einem Kreditinstitut finanziert.
Im Falle der Übernahme einer Zahnarztpraxis in Form der Einzelpraxis ist dafür Sorge zu tragen, dass der übernehmende Kieferorthopäde auch Mieter der Räumlichkeiten der Praxis wird. Grundsätzlich ist hierfür ein Nachtrag zu dem bestehenden Mietvertrag der Praxis sinnvoll, wobei auch der Abschluss eines neuen Mietvertrages infrage kommt, in dem dann über die Konditionen des Mietverhältnisses neu verhandelt wird.
In dem Nachtrag vereinbaren der Vermieter, der abgebende und der übernehmende Zahnarzt, dass ab einem bestimmten Datum nicht mehr der ursprüngliche Mieter, sondern der Praxiskäufer an dessen Stelle in den Mietvertrag eintritt. Dieser Nachtrag ist von allen drei Parteien zu unterschreiben. Er ist formal zum Hauptmietvertrag gültig, wobei hierauf zu achten ist, dass in dem Nachtrag eindeutig Bezug genommen wird auf den Mietvertrag und etwa bereits bestehende Nachträge und insofern eine Art einheitliches Dokument entsteht. Fehler, die an dieser Stelle gemacht werden, z.B. durch mündliche Vereinbarungen oder das Vergessen von in der Vergangenheit bereits abgeschlossenen Nachträgen, können schnell dazu führen, dass aus einem langlaufenden Mietvertrag plötzlich ein unbefristeter Mietvertrag werden kann, der mit einer kurzen Frist aufkündbar ist. Der Gesetzgeber sieht nämlich vor, dass Mietverträge, die länger als ein Jahr laufen, schriftlich zu vereinbaren sind. Hierbei ist dann darauf zu achten, dass insbesondere bei der Anfertigung des Nachtrages für den eintretenden Zahnarzt eben diese Schriftform gewahrt ist.
Natürlich sollte vor Abschluss des Nachtrages ein genauer Blick auf den Mietvertrag geworfen werden, um mögliche Änderungen gleich einzuarbeiten. Wichtigster Punkt hierbei ist die Laufzeit bzw. die damit noch verbleibende fest vereinbarte Zeit, in der der Mietvertrag gelten soll. Überdies ist zu ermitteln, ob und wie der Mietvertrag durch den Mieter, d.h. den übernehmenden Kieferorthopäden, verlängert und fortgeführt werden kann. Üblicherweise gibt es hier zwei Möglichkeiten, wie eine solche Verlängerung in der Praxis aussehen kann. Die eine Möglichkeit sind sog. Optionen bzw. Optionsrechte, d.h. der Mieter kann durch schriftliche Ausübung des Optionsrechtes gegenüber dem Vermieter einseitig den Mietvertrag um die vereinbarte weitere Laufzeit verlängern. Der Vermieter kann diese Option nicht ablehnen; das Mietverhältnis wird dann fortgeführt.Die zweite Möglichkeit stellen sog. Verlängerungsklauseln dar. Diese Variante der Verlängerung eines Mietverhältnisses ist aus dem Bereich Handy-Verträge bekannt. Wenn man den Vertrag nicht aktiv kündigt, verlängert er sich automatisch um eine weitere Laufzeit, meistens eine Zeit zwischen einem und fünf Jahren. Zu beachten ist bei dieser Variante allerdings, dass der Mieter die Kündigung aussprechen muss, wenn sich der Vertrag nicht mehr verlängern soll.
Zu guter Letzt sollte im Mietvertrag eine spezielle Nachfolgeregelung getroffen werden, die zusichert, dass der Mietvertrag im Falle des Praxisverkaufs auf den Nachfolger übergeben werden kann und dass auch die Hinzunahme weiterer Mieter, z.B. bei Gründung einer Berufsausübungsgemeinschaft, möglich ist.
Dieser Artikel ist in der KN Kieferorthopädie Nachrichten erschienen.