Recht 28.02.2011

Wettbewerbsverstoß wegen vermeintlich irreführender Eintragung im Branchenbuch



Wettbewerbsverstoß wegen vermeintlich irreführender Eintragung im Branchenbuch

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Mit Datum vom 7. Januar 2008 entschied die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster unter dem Aktenzeichen 25 O 170/07, dass die Einträge eines Zahnarztes in den Telefonbüchern "Das Örtliche" und "Gelbe Seiten" in den Rubriken "Plastische und Ästhetische Chirurgie" sowie "Plastische Chirurgie" nicht irreführend und damit nicht als Verstoß gegen § 5 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu werten sind.
Der Beklagte ist als approbierter Arzt und Zahnarzt sowie als Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie tätig. Gleichfalls ist er aufgrund einer entsprechenden Zusatzqualifikation zur Durchführung plastischer Operationen berechtigt. In den Telefonbüchern "Das Örtliche" und "Gelbe Seiten" ist der Beklagte im Rahmen einer Ärzte-Übersicht in den Rubriken "Plastische Chirurgie" bzw. "Plastische und Ästhetische Chirurgie" eingetragen. Dabei hat er in dem Verzeichnis "Das Örtliche" sein Praxisschild abgedruckt, das unter anderem die Angaben "Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie" sowie "Plastische Operationen" enthielt.

Der Kläger ist ein gerichtsbekannter eingetragener Verein zur Förderung des lauteren Geschäftsverkehrs. Dieser vertrat die Ansicht, die Einträge des Beklagten in den Telefonbüchern „Das Örtliche“ und „Gelbe Seiten“ in den genannten Rubriken seien irreführend im Sinne des § 5 UWG. Gleichzeitig würde ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 27 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe vorliegen.
Der klagende Verein behauptete, aufgrund der Inserate in den einschlägigen Rubriken erwarte der Verbraucher Fachärzte für plastische bzw. plastische und ästhetische Chirurgie. Sie würden in ihrer Erwartung enttäuscht, wenn sie erfahren würden, dass der Beklagte Arzt nicht Facharzt für plastische Chirurgie sei.
Der vom Kläger behauptete Gesetzesverstoß des § 5 UWG beinhaltet ein Verbot für unlautere Handlungen, die gegenüber Mitbewerbern und Verbrauchern irreführend sind. Die Vorschrift des § 27 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe will gewährleisten, dass Patienten durch sachgerechte und angemessene Informationen ärztlicherseits unterrichtet werden, und unterscheidet zwischen erlaubter Information und berufswidriger Werbung.

Das Landgericht Münster hat jedenfalls zugunsten des Zahnarztes entschieden und sein Verhalten nicht als irreführend im Sinne des § 5 UWG eingestuft, da nach Auffassung der Kammer der Beklagte dem Rechtsverkehr keinen unrichtigen Eindruck vermittelt hat. Der klagende Verein konnte damit keinen Unterlassungsanspruch hinsichtlich der von ihm beanstandeten Eintragungen in den genannten Telefonbüchern erreichen.
Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die angesprochenen Verbraucherkreise bei Anzeigen in diesen Bereichen nicht erwarten, dass in der jeweiligen Sparte ausschließlich Fachärzte eingetragen sind. Es würde sich lediglich um eine Kategorisierung der verschiedenen medizinischen Tätigkeitsfelder handeln. Dies würde zum einen daraus deutlich, dass auch Bereiche aufgeführt werden, in denen es keine Facharztqualifikationen gibt, wie beispielsweise "Hausärzte" oder "Reisemedizin". Darüber hinaus ließe der Umstand, dass in einigen Kategorien Inserierende ihre Facharztqualifikation angeben, andere hierzu jedoch schweigen, darauf schließen, dass die Rubriken sowohl Ärzte mit als auch ohne Facharzttitel erfassen sollen.

Der verklagte Arzt enttäuschte jedenfalls mit seinem Inserat unter "Plastische Chirurgie" bzw. "Plastische und Ästhetische Chirurgie" die Verkehrserwartungen nicht. Er ist aufgrund der erworbenen Zusatzqualifikation zur Vornahme von plastischen Operationen berechtigt. Dieses Tätigkeitsfeld wird von den genannten Rubriken erfasst. Der Beklagte wird also auf diese Bereiche in den Branchenverzeichnissen verwiesen, wenn er einem Interessentenkreis sein Leistungsspektrum mitteilen und im Fall der Anzeige "Das Örtliche" auf seine Zusatzqualifikation "Plastische Operationen" aufmerksam machen will.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) zu dem Begriff "Irreführung" ist darunter allgemein das durch aktives Tun oder Unterlassen – etwa wegen Verschweigens relevanter Tatsachen – verursachte Hervorrufen einer falschen, der Wirklichkeit nicht entsprechenden Vorstellung zu verstehen, die für die Beurteilung des angepriesenen Werbeobjekts relevant sein kann.
Irreführend sind folglich Werbeangaben, die beim Publikum eine Divergenz zwischen Bedeutungsvorstellung und Wirklichkeit auslösen können. Diesbezüglich genügt es, dass ein nicht völlig unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise der Irreführung ausgesetzt werden, wobei im Fall der Publikumswerbung das Leitbild des durchschnittlich informierten und aufgeklärten Verbrauchers heranzuziehen ist. Nicht erforderlich ist hingegen, dass es wirklich zur Irreführung kommt, denn die reine Geeignetheit einer Werbemaßnahme zur Irreführung reicht aus. Damit können auch sachlich richtige Aussagen oder nur unvollständig gehaltene Angaben irreführend sein, soweit sie zumindest falsch verstanden werden könnten.2

Diese Voraussetzungen, die der BGH nicht nur bei Anwendung des § 5 UWG aufgestellt hat, welche in dem hier zu entscheidenden Sachverhalt gerade nicht vorlagen, prüft der BGH gleichfalls bei dem Begriff der Irreführung im Rahmen der Anwendung der Vorschrift des § 3 des Gesetztes über Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens (HWG). Sinn und Zweck dieses Gesetzes ist es jedoch, den Schutz der privaten und öffentlichen Gesundheit vor unlauterer Werbung von Werbeobjekten, d.h. der Arzneimittel und Medizinprodukte, zu schützen. Der Anwendungsbereich des HWG ist dann eingeschränkt, wenn es sich nicht um produktbezogene (Arzneimittel oder Medizinprodukte) Aussagen handelt. Die allgemeine Unternehmenswerbung, die ohne Bezugnahme auf bestimmte Präparate nur für das Ansehen und die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens oder wie im zu entscheidenden Sachverhalt über das Leistungsspektrum eines Einzelnen wirbt, unterliegt nicht den Vorschriften des Heilmittelwerberechts. Einschlägig sind dann die Vorschriften der allgemeinen Lauterkeitsregeln des UWG oder etwaige berufsrechtliche Bestimmungen.

1 Vgl. ständige Rechtsprechung zu § 3 UWG a.F. (§ 5 UWG n.F.) BGHZ 13, 244, 253
2 Vgl. BGHZ a.a.O.



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