Recht 21.02.2011
„Zahnarztpraxis Ltd.“: Keine Eintragung in das Handelsregister
Das Oberlandesgericht München bestätigt in einem Beschluss vom 01.07.2010 (Az.: 31 Wx 088/10), dass eine deutsche Zweigniederlassung einer Private Limited Company britischen Rechts (Ltd.) mit dem Namen „Zahnarztpraxis Ltd.“ nicht in das Handelsregister eingetragen werden kann. Das zuständige Registergericht hatte zuvor die Eintragung der Zweigniederlassung in das Handelsregister hauptsächlich mit der Begründung abgelehnt, der Name „Zahnarztpraxis Ltd.“ sei unzulässig. Dieser Sichtweise schloss sich das OLG München an.
Hintergrund: „Private Limited Company“ und „Firma“
Die Private Limited Company (Ltd.) ist eine Gesellschaftsform nach britischem Gesellschafts-recht. Sie ist ihrer Konstruktion nach mit der seit dem 01.11.2008 im deutschen Gesellschaftsrecht als Reaktion auf die Beliebtheit der Ltd. neu eingeführten „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ bzw. „UG (haftungsbeschränkt)“ mit einem Mindeststammkapital von 1 Euro vergleichbar. Das Mindest-Nominalkapital der Ltd. liegt bei 1 Pfund (GmbH dagegen mindestens 25.000 Euro). Die Präsenz der Ltd. in Deutschland geht zurück auf die Urteile des EuGH in den Fällen Centros (09.03.1999, Az.: C-212/97), Überseering (05.11.2002, Az.: C 208/00) und Inspire Art (30.09.2003, Az.: C 167/01). Danach können innerhalb der EU unter bestimmten Voraussetzungen auch Gesellschaftsrechtsformen anderer EU-Mitgliedsländer eingesetzt werden. Im Bereich der Heilberufe allerdings ist die Rechtsform einer juristischen Person – wie der Ltd. – in Deutschland je nach Landesrecht überhaupt nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.
Unter „Firma“ versteht das deutsche Handels-recht anders als der Sprachgebrauch lediglich den Namen, unter dem ein handelsgewerbliches Unternehmen (= Kaufmann) seine Geschäfte betreibt und unter dem es klagen und verklagt werden kann, also im allgemeinen Sprachgebrauch den Firmennamen. Die Eintragung von gewerblichen Unternehmen in das öffentliche, von den Gerichten elektronisch geführte Handelsregister unter ihrem Firmennamen und mit der zutreffenden Angabe ihrer wichtigsten Rechtsverhältnisse dient der Offenlegung ihrer Zugehörigkeit oder ggf. Nicht-Zugehörigkeit zum Handelsstand (Publizität) sowie dem Verkehrsschutz. Es ist Aufgabe des Registergerichts, die förmlichen und materiellen Voraussetzungen für die Eintragung zu prüfen.
Der Fall
Der vorliegende Fall betrifft die Eintragung der Münchener Zweigniederlassung einer im Handelsregister von Cardiff mit dem Firmennamen „Zahnarztpraxis Ltd“ eingetragenen Gesellschaft. Das AG München als zuständiges Registergericht hatte die Eintragung abgelehnt (Beschluss vom 22.03.2010, Az.: 31 AR 8023/09). Die Gesellschaft trug im Beschwerdeverfahren vor, sie betreibe ein Büro in München mit zwei Angestellten. Unternehmensgegenstand sei die Erbringung von Serviceleistungen gegenüber zahnmedizinischen Berufen, insbesondere Organisation, Abrechnung und Verwaltung.
Die Entscheidung
Das OLG München wies die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Münchens zurück. Es wendet auf die Eintragung der Zweigniederlassung deutsches Recht an und folgt damit der einschlägigen BGH-Rechtsprechung (vgl. BGH, 07.05.2007, Az.: II ZB 7/06). Für die Zulässigkeit des Firmennamens seien deshalb die Bestimmungen des § 18 HGB zur Unterscheidbarkeit einzelner Firmen und zum Schutz des Rechtsverkehrs vor Irreführung entscheidend. Bloße Branchen- und Gattungsbezeichnungen wie hier „Zahnarztpraxis“ erfüllten die erforderliche Individualisierungsfunktion der Firma nicht und widersprächen gleichzeitig dem Freihaltebedürfnis des Rechtsverkehrs. „Zahnarztpraxis“ sei eine schlichte Gattungsangabe, der sowohl die Eignung zur Kennzeichnung als auch die Unterscheidungskraft fehle. Im Hinblick auf den Grundsatz der Firmenwahrheit erwecke die Firma „Zahnarztpraxis Ltd.“ den Eindruck, eine Zahnarztpraxis zu betreiben, während sie tatsächlich nur Dienstleistungen für Zahnarztpraxen anbiete. Darin liege eine Irreführung über wesentliche geschäftliche Verhältnisse. Die Irreführung werde nicht durch den Rechtsformzusatz „Ltd.“ beseitigt, da dieser Zusatz über die tatsächliche Tätigkeit der Zweigniederlassung nicht das Geringste aussage und deshalb nicht geeignet sei, die Täuschung zu beseitigen. Es dränge sich hier für denjenigen, dem die für Heilberufe geltenden Einschränkungen bei der Wahl der Rechtsform bekannt seien, allenfalls die Annahme auf, es werde möglicherweise unter Umgehung der gesetzlichen Vorschriften eine Zahnarztpraxis betrieben. Im Übrigen könne diese rechtliche Kenntnis bei den angesprochenen Verkehrskreisen nicht vorausgesetzt werden, weil die rechtlichen Regelungen für die Ausübung von Heilberufen in den einzelnen Landesgesetzen unterschiedlich ausgestaltet seien.
Die Umsetzung der handelsrechtlichen Bestimmungen zur Individualisierungsfunktion und zur Firmenwahrheit rechtfertigen nach Auffassung des OLG München einen Eingriff in die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43, 48 EGV. Denn der Schutz des Rechtsverkehrs vor Täuschung und Missbrauch sowie das Interesse anderer Unternehmensgründer an der Freihaltung von Allgemeinbegriffen stellten zwingende Gründe des Allgemeininteresses dar. Die Entscheidung des OLG München folgt damit der Linie des BGH (vgl. BGH, 07.05.2007, Az.: II ZB 7/06). In Ausgestaltung der genannten EuGH-Rechtsprechung rechtfertigt der BGH Eingriffe in die Niederlassungsfreiheit u.a. mit dem Schutz der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit und der Lauterkeit des Handelsverkehrs.
Autorin: Dr. Susanne Listl, Sindelfingen, Rechtsanwältin und Ärztin