Qualitätsmanagement 13.12.2011

Ein Jahr QM – was nun?



Ein Jahr QM – was nun?

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Mit Ablauf des Jahres 2010 endete die Frist für die vollständige Einführung eines QM-Systems in Zahnarztpraxen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legte hierbei sowohl den Zeitplan als auch die Anforderungen für das einzuführende QM-System fest. Somit arbeitet ein Großteil der Kolleginnen und Kollegen spätestens seit Jahresbeginn mit einem umfassenden Qualitätsmanagementsystem. Doch was hat sich seitdem verbessert?

 

Die „Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über grundsätzliche Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement in der vertragszahnärztlichen Versorgung“ (§ 1) beschreibt folgende Ziele: „… Qualitätsmanagement muss für Praxisleitung und Praxismitarbeiter sowie für die Patienten nützlich, hilfreich und unbürokratisch sein. Zusätzlich soll Qualitätsmanagement dazu beitragen, die Zufriedenheit der am Prozess Beteiligten, insbesondere der Patienten zu erhöhen.“

Die Bayerische Landeszahnärztekammer führte hierzu durch das Referat Qualitätsmanagement eine Befragung durch, an der sich knapp 2.000 Zahnarztpraxen beteiligten. Auf die Frage nach Verbesserungen seit der Einführung von QM gaben gut zwei Drittel an, dass sie Erfolge und Verbesserungen sehen oder bereits von diesen profitieren. Dennoch sehen gut 30 Prozent keine Verbesserungen durch die Einführung eines QM-Systems (Grafik 1).

 

 

Vorteile durch Arbeiten mit einem QM-System

In verschiedenen Studien zu den Stärken eines QM-Systems wird sehr häufig eine verbesserte Organisation im Bereich der Regelung von Zuständigkeiten genannt. Nachteile sehen viele immer wieder in einem gewissen Bürokratismus. Über die unterschiedlichen Studien und Befragungen wurde regelmäßig berichtet, zum Beispiel unter https://www.zwp-online.info/de/zwpnews/wirtschaft-und-recht/qualitaetsmanagement/ studie-zertifizierte-praxen-sind-von-qm-ueberzeugt (z.B. ZWP 12/2009  „Studie zeigt Vorteile von Qualitätsmanagement auf“) (Grafik 2).

QM steht auf zwei Säulen

Erfolgreich umgesetzte QM-Systeme stehen auf zwei Hauptsäulen. Eine davon regelt administrative Bereiche wie Ablauforganisation, Zuständigkeitsregelungen und Prozessmanagement. Diese „technische“ Säule bedient sich typischer QM-Elemente wie Checklisten, Anforderungskatalogen oder Arbeitsanweisungen. In vielen Praxen wird dieser Teil von QM verbreitet eingesetzt, ist gut bekannt und wird oft als nützlich bewertet.

Die zweite „philosophische“ Säule dagegen führt ein „Stiefmütterchen-Dasein“. Gemeint ist hier der Teil von QM, der die Qualitätspolitik, das Mitarbeitermanagement, -engagement und die strategische Ausrichtung der Praxis regelt. Elemente wie Leitbild, Praxisphilosophie, Visionen und Zielsetzungen sind dieser Säule zuzuordnen. Oft wird dieser Themenbereich als abstrakt und nicht realitätsbezogen eingeordnet.

Grund für die nach wie vor durchaus vorhandene ablehnende Haltung zu QM liegt sicher nicht zuletzt in einem einseitigen Verständnis der Idee eines QM-Systems bzw. in der Unterrepräsentanz der „philosophischen“ Säule. Die Ausrichtung organisatorischer Regelungen auf strategische Ziele ergibt in vielen Situationen Sinn. Ohne den Bezug auf das zu erzielende Ergebnis werden Checklisten, Prozessbeschreibungen etc. teilweise als einschränkend, behindernd oder sinnlos empfunden (Grafik 3).

Viele Praxen nahmen die gesetzliche Regelung zur Einführung eines QM-Systems zum Anlass, hauptsächlich mit dem technischen Anteil zu arbeiten. Dadurch wurden teils deutliche Fortschritte in der Organisationsstruktur realisiert. Die „philosophische“ Säule des QM-Systems bietet nun die Chance, zusammen mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die strategische Ausrichtung der Praxis zu determinieren. Die gemeinsame Festlegung eines Leitbildes durch die gesamte Belegschaft schafft häufig ein besseres Betriebsklima. Viele berichten von einer Eigendynamik, die solch ein Projekt auslösen kann. Gemeinsame Ziele werden vereinbart und das eigene Engagement von jedem Teammitglied teils auch kritisch selbstreflektiert. Dies kann der Schlüssel für die Lösung festgefahrener Situationen und Störungen im Alltag sein. Einstellungen werden überdacht und gemeinsame Nenner gesucht. Untersuchungen zum Engagement von Mitarbeitern, wie sie zum Beispiel jährlich von Gallup durchgeführt werden, zeigen die praktische Relevanz dieser Fragen (Grafik 4). Als Ursache für mangelndes Mitarbeiterengagement wird mangelnde Anerkennung für gute Leistung und zu wenig Beteiligung an Entscheidungen genannt.

Durch das gemeinsame Festlegen von Praxiszielen auf unterschiedlichen Ebenen und für alle Abteilungen und Arbeitsprozesse kann diesem Problemfeld idealtypisch entgegengetreten werden. Praxen, die dies bereits umsetzen, berichten in überwältigender Mehrheit von einer Verbesserung der Zufriedenheit, nicht nur der Mitarbeiter, sondern auch der Praxisleitung. Ziele können in Form eines Praxisleitbildes festgelegt werden, ebenso als Jahresziele – auch für die einzelnen Funktionsbereiche und Abteilungen (Grafik 5).
 
Fazit

Nach nunmehr einem knappen Jahr verpflichtendem Arbeiten mit einem QM-System sollte das praxisinterne QM-System einer Eigenüberprüfung unterzogen werden:

– Profitieren wir von dem Potenzial der organisatorischen Verbesserung durch sinnvolle Regelungen und Verantwortungsverteilung?
– Sind alle Mitarbeiter an der Ausgestaltung und Überarbeitung der QM-Regelungen beteiligt?
– Wird der philosophische Anteil von QM konsequent implementiert, weiterentwickelt oder umgesetzt?

Dies ist ein Auszug von Fragenstellungen, die den Status quo des praxiseigenen QM-Systems im Sinne einer Bestandsaufnahme erfassen sollen. Defizite in diesem Bereich stellen ein großes Potenzial für die Praxis dar und sollten nicht zu Frustrationen führen, stattdessen kann noch deutlicher vom Betreiben eines QM-Systems profitiert werden. Nebenbei wird so eine weitere Anforderung des Gemeinsamen Bundesausschusses erfüllt: die konsequente Weiterentwicklung des praxisinternen QM-Systems.

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